Guttenberg als Witzfigur

Von Michael Meyer · 11.03.2013
Franz Ferdinand von Donnersberg ist schön, er hat Geld und einen Adelstitel. Was soll er tun, um etwas Schwung in seinen Alltag zu bringen? Richtig - er geht in die Politik! Mit dem Film "Der Minister" ist dem Sender SAT.1 eine Satire über die Guttenberg-Affäre geglückt.
"Ich trage mich mit dem Gedanken, ein 'Zoon politikon' zu werden - ein politischer Mensch!"
"Er wird für den Bundestag kandidieren."

Franz Ferdinand von Donnersberg, gespielt von Kai Schumann, ein Schönling mit ebenso schöner Gattin, beschließt also, in die Politik zu gehen. Was soll er auch schon besseres machen? Geld hat er schon, einen Adelstitel - da bringt Politik doch ein wenig Schwung ins langweilige Leben. Donnersberg kandidiert für den Bundestag - und gewinnt dank seines Talents zum Reden und seines scheinbar unendlichen Charismas ein Mandat. Einen politischen Standpunkt hat er nicht - aber den weiß er umso überzeugender zu vertreten. Wenig später versucht er, im hektischen Berlin die Kanzlerin auf sich aufmerksam zu machen:

"Frau Bundeskanzlerin…"
"Ich bin sicher, Sie schon irgendwo gesehen zu haben, aber ich schaue nachmittags so selten Fernsehen."
"MdB Franz Freiherr von und zu Donnersberg, meine Frau Viktoria Freiherrin von Donnersberg, geborene Gräfin Homburg Wittelsbach."
"Reizend - und so viele Titel! Ich habe leider nur einen Doktor…"
"Tja, Herr Freiherr - da müssen Sie ja nur noch Ihren Doktor machen, dann wird sich die Kanzlerin auch ihren Namen merken!"
"Glauben Sie?"

Donnersberg wurstelt sich durch die Politik - fast immer kenntnisfrei
Und so wird die Idee eines Doktortitels geboren. Die wahre Geschichte ist bekannt: Auch wenn niemals geklärt wurde, ob der richtige Guttenberg nun einen Ghostwriter hatte - im Film von Uwe Janson wird genau das behauptet: Ein alter Klassenkamerad von "Donni", wie Guttenberg im Film genannt wird, kümmert sich nicht nur um die richtige PR-Strategie für den Weg nach oben, die richtigen Bilder, Sätze, Intrigen, sondern schreibt ihm auch seine Doktorarbeit. Der Erfolg bleibt nicht aus. Die Kanzlerin entscheidet sich für ihn als Wirtschaftsminister:

"Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise seit der Nachkriegszeit, da kannst du mir irgendeinen schicken, der bei drei nicht auf den Bäumen ist, denn der wird sowieso verheizt."
"Aber ein bisschen Wirtschaftskompetenz sollte er schon haben, findest du nicht?"
"Unsinn. In meinem Kabinett, da ist eine Sonderschullehrerin fürs Gesundheitsressort zuständig, ein Englischlehrer für die Umwelt, ein Soziologe für die Finanzen und eine Radiotechnikerin für die Landwirtschaft!"
"Da kannst du ja dann die Ilse nehmen. Und wenn dann der Franz-Josef für die Anette…"
"Mein Gott, Horst! Eine große Koalition, die ist vielleicht so beweglich wie ein Stachelschwein beim Liebesakt!"
"Gut Angela!"

Der Film "Der Minister" besticht durch seine präzise Beobachtungsgabe und analysiert mit den Mitteln der Satire die politischen Mechanismen: Es kommt nicht immer darauf an, dass man Ahnung hat, sondern darauf, dass man so tun kann, als ob man im Bilde ist. Kai Schumann spielt den Minister Donnersberg mit genau der richtigen Mischung aus Überheblichkeit, Selbstvertrauen und glatt überspielten Zweifeln an der eigenen Kompetenz:

"Gibt es irgendetwas, das ich nicht weiß?"
"Ich weiß nicht, was Sie nicht wissen. Es könnte, glaube ich, beinahe alles sein."
"Minister sollten nie mehr wissen, als sie wissen müssen, da können sie keinem was erzählen. So wie Geheimagenten, immerhin könnten sie entführt und gefoltert werden."
"Ich weiß, dass Sie glauben, Sie verstünden, was Sie denken, was ich gesagt habe. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie begreifen, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich Ihnen mittteilen werde."
"Und was bitte soll das heißen?"
"Sie sind entlassen, wegen Unterschlagung von Informationen! Meine Herren!"

Inhaltlich arbeitet sich "Der Minister" brav an den realen Ereignissen ab: Opel-Rettung, Kundus-Affäre, Plagiatsskandal. Alles so, wie es sich mehr oder weniger wirklich ereignet hat. Donnersberg alias Guttenberg wurstelt sich durch die politische Agenda - fast immer völlig kenntnisfrei, dabei aber bereit, alles auf eine Karte zu setzen. Bei der Opel-Rettung droht er schon mal mit Rücktritt. Das eigentlich Traurige ist, dass es sich ja wirklich so oder so ähnlich zugetragen hat. Das Bundeskabinett – eben auch nur eine Ansammlung menschlicher Abgründe – "La Comédie humaine" im Kanzleramt.

Allein Katharina Thalbach als Angela Murkel ist sehenswert
Die Leistung des Films besteht in seinen witzigen Dialogen und den meist treffsicheren Pointen, auch das Timing stimmt. Zwar versteigt sich die Drehbuchautorin auch mal in Übertreibungen – etwa wenn sie andeutet, Frank-Walter Steinmeier habe nur aus Wahlkampfgründen seiner Frau eine Niere gespendet – doch derlei Humor-Fehltritte sind zum Glück selten. Allein Katharina Thalbach als Angela Murkel – über die albern-kuriosen Namen muss man gnädig hinwegsehen – lohnt bereits, um sich den Film anzusehen. Thalbach erzählt, dass sie Bedenken gehabt habe, die noch amtierende Bundeskanzlerin zu spielen:

"Ich hörte ja also, eine Satire und mit bekannten Politikern, natürlich unter anderem Namen - aber doch, da dachte ich: Das liegt mir fern, irgendeinen Klamauk nur zu machen und war dann sehr überrascht über das tolle Drehbuch von der Dorothee Schön. Ich fand, sie hat eine freundliche Zärtlichkeit gehabt, wie sie mit der Bundeskanzlerin umgegangen ist, und danach hatte ich dann Lust, es zu machen."

Ein Glücksfall – ohne Thalbach wäre "Der Minister" nur halb so sehenswert.

Aber nicht nur die Kanzlerin, auch die Medien, sprich: die BILD-Zeitung, bekommen im Film ihr Fett weg. Es geht immer um Quote, Auflage und das beste Bild. Keine neue, aber immer noch gültige Erkenntnis. Am Schluss erhält der Chefredakteur des "Blitzkuriers", wie das Boulevardblatt im Film heißt, auf seinem Handy eine Nachricht vom Bundespräsidenten: "Na, was der wohl will?", fragt der Chef süffisant-ironisch – doch das ist eine andere Geschichte, vielleicht Stoff für eine weitere Komödie.

"Der Minister" auf SAT.1 – eine Satire, die zwar nicht an Helmut Dietls "Schtonk" heranreicht, jedoch durchaus ähnliche Qualitäten hat. Das ist umso mehr eine Leistung, als das die realen Ereignisse noch nicht so lange her sind. Guttenberg alias Donnersberg – die Geschichte eines Aufstiegs, der doch nur eine Episode blieb. Guttenberg selbst blieb übrigens der Filmpremiere vor einer Woche in Berlin fern - so viel Ironiefähigkeit über die eigene Person wäre dann doch wohl etwas viel verlangt gewesen. Schade nur, dass Filme wie "Der Minister", der übrigens von Produzent Nico Hofmann realisiert wurde, im Privatfernsehen eher die Ausnahme, denn die Regel sind.

"Der Minister" läuft am Dienstag, den 12. März 2013, um 20:15 Uhr auf SAT.1.

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