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Groß Lüsewitz bei Rostock
Fünf Jahre Haft nach Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft

Zwei Männer warfen im Oktober 2014 zwei Brandsätze auf ein Haus, in dem 38 Flüchtlinge schliefen - nun hat das Landgericht Rostock die Täter wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung zu je fünf Jahren Haft verurteilt.

07.03.2016
    Die beiden Angeklagten bei Prozessbeginn am 4. Februar 2016
    Die beiden Angeklagten bei Prozessbeginn am 4. Februar 2016 (dpa / picture-alliance / Bernd Wüstneck)
    Die Täter im Alter von 25 und 26 Jahren hatten vor dem Landgericht Rostock gestanden, in der Nacht zum 12. Oktober 2014 zwei Brandsätze auf das Haus in Groß Lüsewitz, einem Ortsteil von Sanitz im Landkreis Rostock, geworfen zu haben. In dem Haus schliefen 38 Flüchtlinge, darunter 18 Kinder. Die Brandsätze richteten jedoch keinen Schaden an. Das Urteil war nach einer Absprache unter den Prozessbeteiligten zustandegekommen.
    Sichtbare Reue senkte das Strafmaß
    Der Vorsitzende Richter sagte, dass die beiden Männer wegen ihrer ausländerfeindlichen Gesinnung und aus "ideologischer Verblendung" die Unterkunft mit zwei selbstgebauten Molotow-Cocktails angegriffen hätten.
    Das Gericht sah bei der Tat drei Mordmerkmale erfüllt: Die Männer hätten wegen des Anschlags zur Nachtzeit heimtückisch gehandelt, wegen der Molotow-Cocktails mit gemeingefährlichen Mitteln und wegen Ausländerfeindlichkeit aus niederen Beweggründen. Sie seien trotz starken Alkoholkonsums voll steuerungsfähig gewesen. Sie hätten den Tod vieler Menschen, die zum Tatzeitpunkt schliefen, billigend in Kauf genommen.
    Der Richter hob das umfassende Geständnis der Angeklagten hervor. Zu Gunsten der Täter sei bei der Strafzumessung auch die sichtbare Reue und ihr Bitte um Entschuldigung bei den Hausbewohnern bewertet worden. Ohne ein Geständnis wäre eine Haftstrafe von mehr als zehn Jahren möglich gewesen.
    Das Leben der Bewohner war den Angeklagten egal
    Das Gebäude war zur Tatzeit vollständig eingerüstet. Einer der Brandsätze zerschellte laut Anklage an dem Baugerüst und setzte ein Kunststofffenster in Brand. Die zweite Brandflasche fiel auf eine Wiese vor dem Gebäude. Ein Sachverständiger sprach davon, dass es womöglich lichterloh gebrannt hätte, wäre ein Brandsatz ins Hausinnere geraten. Die Angeklagten hätten von einem "glücklichen Ausgang" ihres Angriffs nicht ausgehen können, urteilte das Gericht. Ihnen sei das Leben der Bewohner egal gewesen.
    Der Berliner Rechtsanwalt Peer Stolle begrüßte als Vertreter eines Geschädigten das Urteil. Das Gericht habe ausländerfeindliche und rassistische Motive festgestellt, sagte er. Obwohl die Rechtsprechung eindeutig sei, gebe es immer noch Staatsanwaltschaften, die bei solchen Taten nur wegen versuchter schwerer Brandstiftung ermittelten. Das galt beispielsweise in Altena im Sauerland, wo erst eine höhere Instanz von einem Mordversuch ausging und Haftbefehl erließ.
    Ein Urteil im Fall eines Brandanschlags auf eine Flüchtlingsunterkunft im niedersächsischen Salzhemmendorf steht noch aus. Die beiden beschuldigten Männer und eine Frau, die die beiden zum Tatort gefahren hatte, haben im Februar gestanden, die Staatsanwaltschaft forderte nun Haftstrafen zwischen zwei und acht Jahren für die drei Angeklagten.
    (nch/tgs)