Grumbeere

Beliebte Knolle aus der Pfalz

Frisch geerntete Kartoffeln
Die Pfälzer lieben ihre Grumbeere. © picture alliance / dpa - Philipp Schulze
Von Anke Petermann · 15.04.2015
Die Kartoffel heißt in der Pfalz Grumbeere, was so viel wie "Grundbirne" bedeutet. Sie wird auf Festen, Märkten und in Liedern gefeiert - und ist im Frühjahr auch überregional von Bedeutung.
Hartmut Magin zieht die Plane vom Hänger, in Kunststoffkistchen darauf die vorgekeimten Pflanzkartoffeln aus einer Lagerhalle in der Nachbarschaft. Der Kartoffelbauer aus Mutterstadt in der Vorderpfalz mustert die Knollen kritisch:
"Die Keime sind ausreichend lang, die Kartoffel möchte jetzt schon kleine Seitenwurzel bilden, und das ist dann auch ein Signal, dass man sagt: Jetzt ist Pflanztermin, sonst verkeimt die Kartoffel in der Kiste, sie macht eine Wurzelschicht in der Kiste, das ist eine mechanische Belastung, wenn man die beim Pflanzen wieder zerreißen muss. Da beschädigt man schon wieder das Wurzelwachstum. Alles, was Beschädigungen sind, sind später Eintrittspforten für Bakterien, die im Boden schon sind."
200.000 Tonnen Kartoffeln werden jährlich geerntet
Hartmut Magin lässt in seinem Betrieb 200 Tonnen Pflanzkartoffeln in Kistenregalen vorkeimen. Insgesamt werden in der Pfalz 200.000 Tonnen Kartoffeln jährlich geerntet. Dennoch zählt für den Landwirt jede einzelne Grumbeere. Seit den ersten sonnigen Tagen im März wird gepflanzt, zunächst auf den leichten sandigen Böden, die schneller abtrocknen. Als erstes sind die schnell wachsenden, fest kochenden Sorten wie Berber und Derby, an der Reihe. Sie halten niedrige Temperaturen aus. Dann kommen die langsamer wachsenden, mehlig kochenden dran wie Miranda. Mit einem rotierenden schwarzen Band hinten bewegt sich die Kartoffellegemaschine übers Feld.
"Das ist so ein Becherband, nennt man das, das grüne sind die Becher an dem Gummiband. Das greift vorn die Kartoffel."
... und legt sie wie ein Ei in den Eierbecher, erklärt Georg Riede.
"Es soll auf jedem Becher eine Kartoffel liegen."
Kartoffelbauer Hartmut Magin auf seinem Feld.
Kartoffelbauer Hartmut Magin auf seinem Feld.© EZG "Pfälzer Grumbeere"
Wenn nicht, greift einer der vier Männer ein, die hinten auf der Maschine mitfahren. Kartoffelbauer Georg Riede ist Vorsitzender der Pfälzischen Erzeugergemeinschaft mit 300 Grumbeer-Betrieben. Er deutet auf das schwarze Becherband:
"Es läuft dann oben rum, und die Kartoffel läuft dann vorne runter, wie im Kanal, wird unten 'freigelassen', fällt dann in den Boden. Vorn eine Schar, wo die Furche zieht, die Kartoffel fällt dann in den Boden, wird dann hinten von Scheiben zugedeckt und dann liegt die geschützt im Damm drin."
Einem kleinen Erdwall. Ein Fungizid, also Pilzvernichtungsmittel, wird auf die Knollen gesprüht. Insektenvernichtungsmittel als Granulat und Dünger werden in den Boden eingearbeitet. Beim Wettlauf um die früheste Frühkartoffel darf aus Sicht der Landwirte nichts schiefgehen. Gegen Spätfröste rollen Kartoffelbauern wie Hartmut Magin Plastik übers Kartoffelfeld. Die halbe Vorderpfalz verschwindet unter weißem Kunststoff, so jedenfalls der Eindruck von den Autobahnen um Ludwigshafen aus.
"Also, von unserem Betrieb wird ein Drittel der Anbaufläche mit Folie oder mit Vlies abgedeckt."
Chance der Grumbeere auf dem deutschen Markt
Bei Spätfrösten wird außerdem beregnet. Das Wasser erstarrt auf der Folie zu Eis und gibt dabei so viel Energie ab, dass die Kartoffeln bis zu fünf Grad minus geschützt sind. Insgesamt ein riesiger Aufwand, um den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen. Er startet im März mit dem ersten Pflanzen und erreicht den Höhepunkt mit der ersten Frühkartoffel-Ernte Mitte Mai. Je früher die Grumbeeren auf den Markt kommen, desto größer der Vorsprung der klimatisch begünstigten Vorderpfalz vor anderen, größeren Anbaugebieten, zum Beispiel in Niedersachsen. Für drei Wochen im Jahr hat die Pfälzer Grumbeere die Chance, die einzige deutsche Kartoffel im Markt zu sein. Für die Landwirte bergen diese drei Wochen die Aussicht auf ein überregionales Geschäft mit guten Preisen. Und die Hoffnung, dass die Verbraucher die Pfälzer Grumbeere den Kartoffeln aus den wärmeren Importländern Ägypten, Zypern und Spanien vorziehen.
"Damit schalte ich diese Vibrationskiste ein. So, jetzt ist er auf 'Gerade' gestellt."
Hartmut Kegel zieht mit dem Traktor die Legemaschine übers Feld, GPS-gesteuert, um bloß keinen Millimeter Anbaufläche zu verschenken.
"Wir sind teuer in der Produktion, das sehen Sie, was hier abgeht, und deshalb müssen wir früh sein, um mit den ausländischen Importkartoffeln im Preis mitzumachen. Wenn dann die große Ernte kommt, normalerweise gehen dann die Preise zurück, und da sollen wir schon einen Großteil der Ernte geerntet haben. Eine Frühkartoffel ist normalerweise – Ende Juli ist die Ernte fertig."

Pflanzeinsatz auf dem Feld von Kartoffelbauer Hartmut Magin.
Pflanzeinsatz auf dem Feld von Kartoffelbauer Hartmut Magin.© EZG "Pfälzer Grumbeere"
Ab 10. August wird aus der Früh- die Speisekartoffel, so hat es der Gesetzgeber festgelegt. Und aus der Grumbeere, die vorher unter anderem in die Benelux-Länder und nach Skandinavien ausgeführt wurde, wird wieder eine regionale Knolle für die Pfalz und Umgebung. Die späten Sorten sind stärkehaltiger und schmecken vollmundiger, gehaltvoller, räumen die Landwirte ein. Aber wer Kellerkartoffeln satt hat, brennt auf Früh-Grumbeeren. Was die auszeichnet, weiß Hartmut Magin:
"Als Kartoffel ist sie schon ganz ausgebildet. Aber man erntet sie, wenn Laub noch grün ist. Und damit ist die Schale an der Knolle selbst noch nicht ganz fest. Und damit kann man sie auch beim Kochen einfach mit einer leichten Bürste abbürsten und kann sie dann ungeschält so essen – die Kartoffel."
Die Kultknolle für alle, die zu faul zum Kartoffelschälen sind.
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