Größte Reform ihrer Geschichte?

Von Rolf Clement, Deutschlandfunk · 26.10.2010
Noch sind es nur Vorschläge, wie sie schon viele gemacht worden, und das, was die Schlagzeilen macht, ist nicht einmal neu oder originell: Dass im Verteidigungsministerium zu viele Köche an der täglichen Gulaschkanone stehen, haben zahlreiche Minister leidvoll erfahren.
Die Idee, dass das ganze Ministerium nach Berlin ziehen könnte, steht in fast jedem Bericht über eine Reform des Ministeriums. Und dass man viele Stellen schon dadurch aus dem Ministerium herausfiltern kann, dass man die Inspekteure der Teilstreitkräfte mit ihren Stäben aus dem Ministerium ausgliedert, haben auch vor der Weise-Kommission schon einige laut gedacht. Dagegen opponieren im Besonderen die Betroffenen, die damit den direkten Zugang zu den politischen Gestaltungsgremien im Ministerium und im Parlament verlieren, also letztlich an Einfluss einbüßen.

Darum aber geht es ja gerade: Es soll straffer werden, führbarer, klarer in den Zuständigkeiten, damit als Führungsinstrument effektiver. Dem dient auch, dass sowohl im zivilen wie im militärischen Bereich ganze Leitungsebenen herausgenommen werden sollen. Das macht schon Sinn. "Vom Einsatz her denken" war der Auftrag, den Minister zu Guttenberg der Kommission mit auf den Weg gegeben hat. Dieser Auftrag liegt nahe, birgt aber auch eine Gefahr, der die Kommission offensichtlich ein wenig erlegen ist:

Die Ausrichtung der Bundeswehr auf Szenarios wie das in Afghanistan liegt für einen Politiker sehr nahe. Zum einen beschäftigt ihn dieser Einsatz Tag für Tag, ob er will oder nicht. Zum anderen sind andere Missionen, sollten sie auf die Bundeswehr zukommen, mutmaßlich jenseits der Amtszeit des gegenwärtigen Ministers, der dieses Amt als Durchgangsstation für höhere Weihen in Berlin oder München sieht. Insofern sollte bei der Umsetzung dieses Strukturberichts in einigen Punkten breiter agieren, das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr auch für Mission unterhalb, auch oberhalb der Afghanistan-Intensität im Auge behalten.

Ein Aspekt, der in der bisherigen Diskussion so gut wie nicht debattiert wurde, ist die Ebene unterhalb des Ministeriums. Und da geht die Kommission sehr konsequent den richtigen Weg der letzten Reformschritte weiter: Da sollen Führungselemente der einzelnen Teilstreitkräfte durch aufgabenorientierte Kompetenzzentren – Aufklärung, Logistik, Controlling z. B. – ersetzt werden, die dann für die ganze Bundeswehr agieren. Und dieser Grundgedanke zieht sich auch durch die Rüstungsplanung.

Also: Die Weise-Kommission hat heute einen Felsbrocken in den See geworfen, der wird Wellen schlagen, und die Rahmenbedingungen, dass dieser Bericht ein anderes Schicksal als seine vielen Vorgänger erfahren wird, sind recht gut. Nur: Jetzt wirken Interessen, sachliche wie persönliche, auf die Umsetzer ein, und da muss man Reformkurs halten. Ob das gelingt, was als größte Reform der Bundeswehr in die Geschichte eingehen soll, wissen wir erst im nächsten Jahr. Das Spiel beginnt jetzt erst.
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