"Grime"

Mit einer Extra-Portion Talent

Luftaufnahme von Toronto
Sehr musikalisch und wichtig für Tre Missions musikalische Entwicklung: Das kanadische Toronto. © picture alliance / zb / Thomas Uhlemann
Von Martin Risel · 14.08.2014
Von fragil und filigran bis bombastisch und ultraschnell: Auf seinem Debutalbum beweist der junge Musiker Tre Mission eine beeindruckende Spannbreite seines musikalischen Könnens. "Stigmata" klingt voller Seele und voller Abwechslung. Das liegt stark an Tre Mission - aber nicht nur.
Okay, an so manch fiepende Grime-Produktion der letzten Jahre erinnert auch diese Nummer, aber wir werden gleich hören: Dieser junge Mann kann auch anders. Im vergangenen Jahr hat er nämlich über Blogs und Spezialmagazine hinaus großen Respekt geerntet für sein erstes Mixtape "Malmaison". Auch darauf waren schon mehr Facetten zu hören als das bisherige Grime-Genre in Großbritannien zu bieten hatte in den vergangenen 10 Jahren. Und jetzt also das Debutalbum erschienen – wie Tre Mission da nicht ohne Stolz betont - bei Big Dada Recordings, dem Hip-Hop-Ableger des britischen Kult-Labels Ninja Tune, seit Jahren ein Markenzeichen für die frischesten Beats weit und breit.
Und schon der Titeltrack mit der betörenden kanadischen Sängerin Thes lässt die fiependen Töne dahinschmelzen wie Sahne-Eis in sengender Sonne.
"Als ich den Song im Studio produzieren wollte, hatte ich nur die Strophen. Mein Studiotechniker stellte mir Thes vor – ich hatte schon was von ihr gehört – und ich fragte sie, ob sie die ergänzen wollte. Kaum ne halbe Stunde später verließ sie das Studio und ich hatte den rough mix, den ich mir auf dem Weg nach Hause angehört habe. Wahnsinn! Sie kam und hat's sofort so hingekriegt."
Two Step, Dubstep, Hip Hop, Dancehall und elektronischer Neo-Soul
Glück muss man haben – und die richtigen Leute um sich herum. Und davon hat Tre Mission gleich so viele auf seinem Debut versammelt, dass er keine Konkurrenz mehr fürchten muss: Die britischen Grime-Brüder JME und Skepta sowie ihren Landsmann, den Genre-Übervater Wiley, dazu die kanadischen HipHop-Helden K-OS und Saukrates sowie ein paar weibliche Soulstimmen.
Und schon dadurch klingt "Stigmata" voller Seele, voller Abwechslung, voller Stile: 13 Tracks zwischen Two Step und Dubstep, Hip Hop, Dancehall und elektronischem Neo-Soul. Das sagt Ihnen alles nichts? Nennen wir es kurz: Grime.
Fragil und filigran kann Tre Missions Sound daherkommen, dann wieder mit bombastischen Beats und ultraschnellen Raps. Sein Erzählstil ist sehr persönlich und humanistisch geprägt. Und als wär's nicht genug des Talents, hat der 22-Jährige auch noch die meisten Tracks selbst produziert.
"Die meisten Leute wissen gar nicht, dass ich die Beats bastle. Davon bin ich besessen, seit ich elf bin."
Geboren und aufgewachsen ist er in Toronto als Sohn einer Mutter aus Trinidad und eines Vaters aus Jamaika. Also: Bob Marley wurde zur wichtigsten musikalischen Identifikationsfigur seines Lebens, auch wenn Tre Mission in seiner Jugend vor allem HipHop aufgesogen hat. Und nun mit seinem bahnbrechenden Debut etwas wirklich Neues geschaffen hat zwischen britischem Grime-Ursprung, nordamerikanischem Rap und den karibischen Einflüssen aus seinen eigenen Familien-Wurzeln.
"Toronto ist eine sehr musikalische Stadt"
Ein Neu-Entwurf von zeitgemäßem elektronischen Soul – als sei es das normalste der Welt oder logische Folge einer entsprechenden Szene in seiner Heimat.
"Jeder denkt, weil ich als Grime-Musiker aus Toronto komme, da muss es eine tolle neue Szene geben, wie zum Beispiel in Birmingham. In Wahrheit: Toronto ist eine sehr musikalische Stadt. Aber die Leute lieben viele verschiedene Sachen. Es gibt Events und Partys für Deephouse und Dubstep und Grime. Und dort gibt es Leute, von denen weißt du gar nicht, was sie hauptsächlich hören, die sind einfach Musik-Enthusiasten."
Einer der größten davon ist dieser junge Mann mit der Extra-Portion Talent. Sein Name: Tre Mission.