Griechenland-Krise

Rettung? Welche Rettung?!

Marodes Bauwerk unter strahlend blauem Himmel: Blick auf die Ruine des Tempels des Poseidon am Kap Sounion
Marodes Bauwerk unter strahlend blauem Himmel: Blick auf die Ruine des Tempels des Poseidon am Kap Sounion © picture-alliance / dpa
Von Annette Riedel · 13.07.2015
Das bankrotte Griechenland und seine Geldgeber haben sich geeinigt. Doch gerettet ist das Land noch lange nicht, kommentiert Annette Riedel. Ohne eine funktionierende Verwaltung sowie ein funktionierendes Justiz- und Bankenwesen könne sich das Mittelmeerland nicht erholen.
Die Kuh ist vom Eis – nach erheblichem Ziehen und Schieben. Mit Griechenland kann, jedenfalls aus Sicht der Staats- und Regierungschefs aller 19 Euroländer, ein
neues, ein drittes Milliarden-Hilfspaket verhandelt werden. Es ist also erst einmal nicht der unmittelbarere Verlust eines Mitglieds der Wirtschafts- und Währungsunion zu gewärtigen. DieseKuh ist vom Eis. Dummerweise wartet auf dem Eis noch eine veritable Herde weiterer 'Kühe'.
Zum einen steht vor dem Beginn von Verhandlungen der Parlamentsvorbehalt der Griechen und dann der Volksvertretungen in diversen anderen Euro-Ländern. Einige Abgeordnete werden unter den nächtlich verabredeten Bedingungen nur mit erheblichem Murren zustimmen – wenn überhaupt. Das griechische Parlament wird die 'Kröte' zu schlucken haben, dass es sich nun zu Reformen und Sparmaßnahmen bekennen und sie umsetzen soll, gegen die sich vor allem die Regierungsparteien über Monate mit Händen und Füßen gewehrt haben.
Und jetzt heißt es, mit Vollgas auf Umkehrschub zu gehen. An dieser 'Kröte' wird sich manch ein griechischer Volksvertreter verschlucken. Da die Opposition im Boot ist, könnte es trotzdem mit der Mehrheit klappen. Ob die Tsipras-Regierung das aber politisch länger überlebt, ob es nicht einiges Stühle rücken oder über kurz oder lang Neuwahlen geben wird, sei dahin gestellt.
Schlucken und Würgen
Aber auch in anderen Euro-Ländern wird es heftiges Schlucken oder gar Würgen geben, wenn es um die Erteilung eines Verhandlungsmandats geht. In all denjenigen Ländern, wo man das Gefühl hat, dass es selbst unter vergleichsweise harten Bedingungen nicht genug gerechtfertigt ist, Griechenland in den kommenden Jahren erneut billiges Geld im Umfang von bis zu 86 Milliarden zu genehmigen.
Zum anderen, braucht Griechenland dringend, besser gestern als morgen Geld, zur Überbrückung, um an der akuten Finanznot nicht bankrott zu gehen, bevor die ersten Gelder aus dem neuen Hilfspaket fließen können. Zwar sind die Aussichten mit dem Konsens, dass und unter welchen Umständen über neue Hilfsmilliarden verhandelt werden kann, jetzt erheblich günstiger, da kurzfristig einen Weg zu finden. Aber vom Eis ist diese Kuh noch nicht.
Die bei weitem dickste und sperrigste jedoch ist die Implementierung von echten, im Wortsinne Struktur-Reformen in Griechenland. Man kann über die Weisheit der einen oder anderen Maßnahme, die dem Land jetzt verordnet wird, streiten. Es ist den Gipfel-Vereinbarungen aber anzumerken, dass auch die Kreditgeber einige Lektionen zu lernen hatten und nunmehr begriffen zu haben scheinen: Sparen allein genügt nicht. Nicht einmal im Doppelpack mit Investitionsspritzen. Es gilt nicht weniger, als in Griechenland einen funktionierenden Staat, eine funktionierende Verwaltung, ein funktionierendes Justiz- und Bankenwesen, einen atmenden Produktmarkt aufzubauen. Gelingt alles das nicht, würde auch ein viertes, fünftes, sechstes Hilfspaket Griechenland nicht nachhaltig auf die Beine helfen. Gerettet ist Griechenland noch lange nicht.
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