Grausames Relikt des Mittelalters

Von Monika Köpcke · 13.02.2012
Die Treibjagd mit Hunden auf Füchse und Hasen hatte eine lange Tradition in Großbritannien. Doch seit 2005 ist sie in England und Wales verboten. In Schottland entschied das Parlament schon vor zehn Jahren, diese Art der Jagd zu verbieten.
Es geht hoch her auf Edinburghs Straßen an diesem 13. Februar 2002: Rund um das schottische Parlamentsgebäude machen aufgebrachte Demonstranten lautstark ihrer Empörung Luft. Verzweifelt, wie dieser Reporter meint, denn im Grunde wissen die Protestierer, dass die Würfel längst gefallen sind:

"It was a primitive confrontation fueled by desperate anger. The pro hunting people know that after centuries a ban is almost to come."

Nach über sechs Stunden erhitzter Debatte fällen die Abgeordneten ihren Beschluss: Mit einer Mehrheit von 83 zu 36 Stimmen bei fünf Enthaltungen verabschiedet die Regierungskoalition aus Labour und Liberaldemokraten mit der "Protection of Wild Mammals Bill" das Verbot der Treibjagd auf Füchse und Hasen.

Bis zu 40 Hunde gehören zu einer Jagdmeute. Haben sie die Fährte eines Fuchses oder eines Hasen aufgenommen, stürmen sie los, dirigiert von den Ruf- und Hornsignalen des Jagdführers. Die Jagdgesellschaft, festlich gekleidet in schwarzer Hose und leuchtend roter Jacke, folgt den Hunden hoch zu Ross kreuz und quer über Farmgelände. Eine Stunde und länger kann die Verfolgungsjagd dauern – haben die Hunde ihr Opfer erwischt, wird es innerhalb von Sekunden in Stücke zerrissen.

"Chassing around with a pack of hounds after foxes, is just barbaric and it belongs in a mediavale period." – "I think it’s cruel, I think it’s cruel, I think the foxes should be shot." – "Disgusting, it’s only disgusting, it’s not human in my eyes."

Ein grausames Relikt aus mittelalterlichen Zeiten, abstoßend und unmenschlich: So bewertet auch die Mehrheit der schottischen Bevölkerung die Treibjagd mit Hunden. Das Thema spaltet die Gesellschaft wie kaum ein anderes, die Konfrontationslinie verläuft zwischen Stadt und Land. Schon länger fühlt man sich auf dem Lande von der Politik nicht ernst genommen und hält das Verbot der Treibjagd für den symbolischen Ausdruck einer zunehmenden Entfremdung:

"The government wants to stop foxhunting, because they don’t understand it and they don’t want to understand it. I don’t think they want to understand the countryside at all."

Die Regierung wolle die Fuchsjagd verbieten, weil sie die Landbevölkerung nicht verstehe, und sie wolle sie auch gar nicht verstehen. Davon ist dieser Vertreter der Countryside Alliance, der größten Jägervereinigung, überzeugt. Den Städtern seien die Füchse doch egal und das Verbot der Treibjagd eher Ausdruck eines Klassenkampfes:

"I don’t think most people in the towns really care with the foxes, it doesn’t matter to them, and it never will. I think, it’s a class war."

Tatsächlich sehen die meisten Städter in der Treibjagd mit Hunden ein Relikt mittelalterlicher Adelsprivilegien, die nun den reichen Grundbesitzern auf dem Lande vorbehalten bleiben. Doch tatsächlich kann bei einer Jagd auch mitmachen, wer sich kein Pferd leisten kann. Ob zu Fuß, auf dem Fahrrad oder mit dem Auto: Es gibt mehrere Möglichkeiten, der Hundemeute zu folgen. Egal ob Mann, Frau, Kind, Erwachsener, arm oder reich – dabei sein darf jeder. Wo die Tierschützer nur einen grausamen Blutsport sehen, fühlen sich die Jagdfreunde um ein Bürgerrecht betrogen: "The law is a bloody ass!"

Auch mit dem gesetzlich verordneten Ende der Hetzjagd können Fuchs und Hase in Schottland nicht aufatmen. Wer das Verbot bricht, dem drohen zwar sechs Monate Haft und bis zu 5000 Pfund Geldstrafe. Doch die Jäger haben im Text schnell Hintertürchen zu weiteren Jagdpartien ausgemacht: Das Gesetz bestraft ausdrücklich denjenigen, der "bewusst" Hunde auf die Tiere hetzt. Seitdem stellen die Hunde künstlich gelegten Spuren nach. Sollten sie dabei allerdings der Kontrolle der Jagdführer entwischen, weil sie von einer echten Spur abgelenkt und umgeleitet werden, nun, dann ist das eben Pech für Fuchs und Hase. Ein bedauerlicher "Unfall", aber bestimmt keine bewusste Absicht.