Graphic Novel "Der schielende Hund"

Humorvolle Verbeugung vor der Kunst

Besucher des Louvre in Paris machen Fotos der Mona Lisa von Leonardo da Vinci .
Besucher des Louvre in Paris machen Fotos der Mona Lisa von Leonardo da Vinci . © picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst
Von Eva Hepper · 25.06.2015
In Zusammenarbeit mit dem Louvre hat Étienne Davodeaus eine witzige Geschichte über den Umgang mit Kunst geschrieben. Seine mit zahlreichen Details aus dem Louvre gespickten Zeichnungen zeigen vor allem: Kunst hat mit Liebe zu tun.
"Die Nike von Samothrake" – große Kunst. Die "Mona Lisa" – natürlich. "Das Floß der Medusa" – auch ein bedeutendes Werk. "Der schielende Hund". Äh, der schielende Hund? Noch nie gehört.
Tatsächlich gehören die erst genannten Werke zu den berühmtesten Kunstobjekten weltweit. Jährlich locken sie Millionen Besucher in den Pariser Louvre. "Der schielende Hund" vermag das nicht, denn er ist ein fiktives Gemälde. Erdacht von dem französischen Zeichner Étienne Davodeau, steht es stellvertretend für die unzähligen Werke passionierter Sonntags- und Hobbymaler, deren Kunst niemals Eingang findet in ein Museum.
Warum eigentlich nicht?, fragt Davodeau in seiner neuen Graphic Novel und versucht zu ergründen, was große Kunst auszeichnet.
Verstaubtes Bild
Die Hauptfigur Fabien arbeitet als Aufsicht im Louvre. Wenig Aufregung, wenig Abwechslung. Der gemächliche Alltag ändert sich jedoch schlagartig, als Fabien die Familie seiner Freundin kennenlernt und – er ist ja schließlich vom Fach – das Bild des Urgroßvaters begutachten soll, das seit Jahrzehnten auf dem Dachboden verstaubt: den schielenden Hund.
Fabien hat nicht das Wissen und vor allem nicht die Traute zum klaren Urteil und attestiert hilflos ein "gewisses Geschick in der Technik." Von da an steckt er in der Klemme, denn nun erwartet die zukünftige Verwandtschaft, dass er sich beim Louvre für das Werk verwendet.
Rettung naht in Gestalt des Kunstliebhabers und Louvre-Dauerkartenbesitzers André Balouchi. Begeistert von der Idee, einen Unbekannten in das weltberühmte Museum zu schmuggeln, heckt er einen verwegenen Plan aus.
Liebe zum Detail
Étienne Davodeau erzählt seine Geschichte in feinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen. Mit Liebe zum Detail porträtiert er sowohl sämtliche Charaktere als auch die Säle des Louvre und dessen berühmteste Werke. Von Seite zu Seite werden sie zu den eigentlichen Protagonisten. Wenn Balouchi Fabien seine Lieblingsstücke zeigt und dabei seine Leidenschaft für Schönheit und Wahrhaftigkeit zum Ausdruck bringt, gelingen Davodeau seine besten Szenen.
Ohne großes Pathos wird hier deutlich, dass Kunst mit Liebe zu tun hat und mit dem Leben. Fabien wird den nackten Rücken seiner Freundin nach Balouchis Führung mit anderen Augen sehen.
Werben für die Kunst
So überzeugend Davodeaus Werben für die Kunst ist, so komisch sind seine mit leichter Hand hingeworfenen Skizzen des Museumsalltags. So muss Fabien beispielsweise – direkt unter dem riesigen Hinweisschild stehend – immer wieder erklären, wo die Mona Lisa hängt, Besucher davon abhalten, Skulpturen für Selfies zu umarmen und auch das Ablecken von Werken verhindern.
Da die Graphic Novel in Zusammenarbeit mit dem Louvre entstanden ist, dürften die meisten dieser Episoden, so skurril sie anmuten, nicht nur Fantasie sein.
Und der schielende Hund? Ist er nun große Kunst? Nein. Aber er wird mit Balouchis Versuch, ihn im Louvre unterzubringen, Teil eines besonderen Gesamtkunstwerks. Eine originelle Graphic Novel, die völlig zu Recht mit dem PENG!-Comicpreis 2015 als bester europäischer Comic ausgezeichnet wurde.
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