Gottes Wort in Menschenhand

Vom Ringen um die Übersetzung der "Heiligen Schrift"

Eine Radierung aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Reformator Martin Luther bei seinem Thesenanschlag an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg im Jahr 1517.
Eine Radierung aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Reformator Martin Luther bei seinem Thesenanschlag an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg im Jahr 1517. © imago / Leemage
30.10.2016
Luther war nicht der Erste. So viel steht fest. Aber mit seiner Bibel-Übersetzung war er für Deutschland und die protestantische Kirche der Bedeutendste. Auch wenn Luther in den kommenden Monaten ordentlich geehrt wird: Seine Übersetzung bedarf heute durchaus der Korrektur.
Alle christlichen Kirchen begründen sich auf die Bibel. Allerdings: Fast keine Kirche kann diese als heilig betrachteten Schriften im Original lesen. Deswegen sind Übersetzungen mehr als nur eine technische Notwendigkeit; sie prägen, was in einer Kirche geglaubt wird und dies ganz besonders in Deutschland: Zur evangelischen Kirche in Deutschland gehört im Kern eine Erzählung vom Übersetzen.

Der Reformator Martin Luther war im Jahr 1521/22 zum unfreiwilligen Exil auf die Wartburg gezwungen und übersetzte in dieser Zeit das Neue Testament. Die Lutherbibel gilt als eines der Gründungsdokumente des Protestantismus und als Meilenstein auf dem Weg zur deutschen Sprache. Und für viele ist sie noch heute der Maßstab dafür, wie Bibel und damit auch Gottes Wort klingen soll.

Kein Monopol der Bibelübersetzung

Allerdings war Luther nicht der erste Übersetzer und die Protestanten haben da kein Monopol. Seit es die Bibel gibt, wird um ihre Übersetzung gestritten. Es begann zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt mit der Septuaginta, dem griechischen Alten Testament. Auch diese Übersetzung wirkt weiter bis heute, zum Beispiel bei der Diskussion um die Jungfrauengeburt Jesu.
Im kommenden Jahr feiert die Evangelische Kirche 500 Jahre Reformation. Zum Auftakt stellt sie am Vorabend des Reformationstages eine neu durchgesehene Version der Lutherbibel vor.
Vielleicht ist ein nur ein Zufall, aber auch die katholische Kirche hat gerade ihre grundlegende Bibelübersetzung, die sogenannte Einheitsübersetzung, überarbeitet. Und vor zehn Jahren wurde mit der "Bibel in gerechter Sprache" eine Übersetzung vorgestellt, die die Vorurteile ausmerzen wollte, die über Jahrhunderte von Übersetzern an die originalen Bibeltexte angelagert wurden.
Die Feiern und die Veröffentlichungen nun sind gute Anlässe, um grundsätzlich übers Übersetzen nachzudenken und ganz speziell darüber, welche Herausforderungen heilige Texte an ihre Übersetzer stellen.


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