Goethe-Schiller-Archiv in Weimar wieder eröffnet

Von Blanka Weber · 05.07.2012
Nach dreieinhalb Jahren Sanierung ist das Goethe- und Schillerarchiv in Weimar nun neu eröffnet worden. Neben einer Vergrößerung und Modernisierung hat sich das älteste Literaturarchiv des Landes vor allem gegen mögliche Katastrophenszenarien gewappnet.
"Ich bin begeistert von dem ersten Eindruck, den man hier gewinnen kann, wenn man ins Gebäude kommt, wie sich das alles harmonisch zusammenfügt, denn das ist keine ganz einfache Aufgabe."

Nichts in Weimar scheint eine ganz einfache Aufgabe zu sein. Und Harmonie gibt es auch nicht immer. Doch heute war ein besonderer Tag, auch für Kulturminister Christoph Matschie:

"9,2 Millionen Euro sind in das Bauwerk geflossen und es ist wirklich eine Gemeinschaftsarbeit von Bund und Land. Das ist eine Herausforderung, für ein kleines Land wie Thüringen zu stemmen - und deswegen geht es auch nur gemeinsam."

Formuliert Christoph Matschie und blickt zur Seite. Neben ihm sitzt Bernd Neumann, Staatsminister für Kultur und Medien. Er nickt, denn der sogenannte "Masterplan für den Kosmos Weimar" umfasst eine Liste von Aufgaben – und eine immense Investition in das nationale Kulturerbe. Der Bund wolle seiner Verantwortung gerecht werden, deshalb seien auch die laufenden Mittel für Thüringen um ein Drittel erhöht worden. Der Kosmos Weimar darf komplett 90 Millionen Euro in den nächsten Jahren kosten, sagt der Staatsminister.

"Der Bund erklärte sich bereit, 45 Millionen Euro für diesen sogenannten Masterplan zur Verfügung zu stellen."

Heute nun Schritt eins: Nach dreieinhalb Jahren Sanierung wird das älteste Literaturarchiv des Landes neu eröffnet. Es sei eine Art Wiedergeburt, formuliert es der Chef des Hauses, Direktor Bernhard Fischer:

"Das ist ein Archiv des 21.Jahrhunderts. Wir haben die Benutzerplätze fast verdoppelt, wir haben neue Magazine auf dem neuen technischen Standard, wir haben jetzt Fenster, durch die es nicht mehr zieht und, und, und. Es sind die Kleinigkeiten, die ein solches Haus tatsächlich nicht nur bewohnbar machen, sondern funktional machen. Und das ist alles hier verwirklicht."

Der große Albtraum der Mitarbeiter war bislang: Was passiert, wenn plötzlich ein Tanklastwagen aus Versehen von der anliegenden Straße abkommt und in das Gebäude bricht? Man mochte nicht an Konsequenzen denken. Jetzt sind die Handschriften endlich unterirdisch gelagert, die Wände saniert und gesichert. Albtraum 2 war nach dem Brand der Anna Amalia Bibliothek: Wie schaffen wir es künftig, ohne Wasserschäden Feuer zu löschen? Im Fall der Fälle soll das mit einem Gasgemisch geschehen, ganz ohne Wasser. Und selbst für Menschen, die noch in den Räumen wären, sei es ungefährlich, erklärt Manfred Koltes von der Klassik Stiftung die neue Variante:

"Die funktioniert nach dem Prinzip, dass Sauerstoff verdrängt wird, das Feuer nicht mehr brennen kann. Das ist dann eine Erfahrung – wie auf einem hohen Berg, wo man dann kurzatmiger wird. Wir mussten ja die Anlage auch testen, bevor wir sie übernehmen konnten."

Und sie funktioniere, fügt er hinzu.

Das Archiv zeigt sich ab heute in dezentem Glanz mit Blick über die Stadt. Es soll offen sein, auch für Menschen, die hierher kommen, um nur den Ort zu sehen. Wer hier arbeiten will, lesen und forschen möchte – kann sich im Ausnahmefall auch die wertvollen, originalen Handschriften bestellen. Die Leseräume sind hell und modern. Ein Archiv mit Bibliotheks- und Lesesaalambiente.

Die Bel Etage ist barock geschmückt, mit kühl-weißem Stuck und Schmiedekunst verziert. Dort ist derzeit eine Ausstellung von Handschriften zu sehen: "Schätze des Goethe- und Schiller-Archives". Es sind Schriftstücke von Mozart, Beethoven, Wieland, Herder, Goethe und Schiller.

Die Originale gilt es nun zu erhalten und zu pflegen, sagt Manfred Koltes. Was nicht bewahrt werde, sei verloren.

"Uns nützt keine Versicherungssumme. Der Brief, der weg ist, ist vernichtet, das Gedicht, das verloren ist, ist verloren, bleibt verloren, da hilft uns auch kein Sponsor."

Der Zugang zu den Originalen soll auf das Nötigste reduziert werden:

"Wir bieten Alternativmöglichkeiten an, ein Großteil unserer Bestände ist sicherungsverfilmt. Das heißt, Sie können mit dem Film arbeiten, wenn Sie nur den Text brauchen. Zum anderen sind wir im Zeitalter der Digitalisierung, wir haben eine große Digitalisierungswerkstatt im Haus, die alle Voraussetzungen hat, tatsächlich besser als das Original, zumindest was die Benutzung angeht, zu sein. Sie können vergrößern."

Just zur Feierstunde zogen graue Wolken auf am Himmel, doch, es mag kein Omen sein, denn die nächsten Schritte stehen an: Kommenden Montag wird verkündet, wer das neue Bauhaus-Museum nun endlich bauen darf. Das war bislang ein zähes Ringen. Und 2015 soll das Museum bezugsfertig sein. Es ist einer der nächsten Schritte im Masterplan des Kosmos Weimar.
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