Glosse

Meine Währungsreform

DDR-Geld
DDR-Geld im DDR Museum in Burg im Februar 2012. © picture alliance / dpa / Foto: Bernd Settnik
Von Klaus Pokatzky · 01.07.2015
Ihm habe die Währungsreform bloß geschadet, meint Klaus Pokatzky. Der Blick unseres Autors kommt aus dem Westen, aus West-Berlin. Als Westler war er mit 25 Deutsche Mark West, eingetauscht in 25 Ostmark, ein wohlhabender Mann in Ost-Berlin.
Mir hat die Währungsreform nix gebracht, mir hat die Währungsreform nur geschadet. Ich bin ein Währungsreformverlierer. Dabei fing alles so gut an. Heiligabend 1989 fiel der Zwangsumtausch weg. Der hatte für mich bei meinen Besuchen in Ostberlin immer Zwang zu Bildung, Zwang zum Komasaufen und Zwang zum Überfressen bedeutet.
Am Bahnhof Friedrichstraße 25 Deutsche Mark West in 25 Märkchen Ost umgetauscht, erst mal den grandiosen Buchladen im Bahnhof aufgesucht und für lächerliche Preise deutsche Klassiker aus dem Aufbau Verlag gekauft, anschließend in den drei Schwulenbars an der Schönhauser Allee im Prenzlauer Berg Bier für 49 Ostpfenniglein getrunken und fette Knackwürste verspeist, die auch nicht viel teurer waren, aber noch tagelang im Magen lagen.
Nach Heiligabend brachen goldene Zeiten an: kein Zwang mehr, alles auf freiwilliger Basis. Für eine stramme Westmark gab es in der Sparkasse sieben leichte Ostmärklein. So viele Bücher konnte ich gar nicht in meine Wohnung in Kreuzberg schleppen, ein paar hundert Meter vom Checkpoint Charlie gelegen; und direkt hinter der Grenze war der HO-Laden, wo es riesige Gläser mit Honig für ein einziges Ostmärklein gab, also schlappe 15 Westpfennige.
Schwarzmarkt mit Ostprodukten brach ein
Dann kam der 1. Juli 1990 und alles war vorbei. Die Angolaner und Mosambikaner auf den Bahnsteigen im Bahnhof Zoo, die mit ganzen Bergen von Elektrogeräten, Stereoanlagen und Fernsehern auf die S-Bahn Richtung Friedrichstraße warteten, wo sie als glückliche Privilegierte mit dauerndem Aus- und Einreiserecht einen florierenden Schwarzmarkt mit Ostprodukten betrieben – sie waren weg: tempi socialismi passati. Im HO hatten sie über Nacht die günstigen Ostwaren raus- und Westprodukte eingeräumt, winzige Honiggläser kosteten jetzt gleich drei starke Mark; von den Buchpreisen und den Bierkosten ganz zu schweigen.
Die Ostler wollten aber Gottseidank nicht mehr zum Bier und zur Knackwurst eingeladen werden – die Ostler waren jetzt nämlich reich; jedenfalls die, die genau wussten, wie sie den Währungsumtausch optimieren: vorwärts immer, rückwärts nimmer. Bis zu 4.000 DDR-Märklein durften sie in stramme D-Mark umtauschen. Nehmen wir nur die Türsteher an den Bars, die die Westgäste immer an der Warteschlange vorbeigewunken hatten und dafür mindestens zwei Mark Trinkgeld kassierten.
Die hatten nun ein kleines Vermögen, das konnten sie erst mal eins zu sieben in DDR-Währung umtauschen und sich dann reichlich Leute suchen, die gar keine 4.000 DDR-Märklein hatten, ihr Kontingent also aus Eigenmitteln nicht ausschöpften, aber nun im Auftrag der Geld-Schwarzmarkt-Dealer deren Geld in Westmark umtauschten. Da konnten Leute Zehntausende D-Mark in wenigen Tagen abzocken. Das gleiche haben natürlich DDR-ler gemacht, die sich vor dem Mauerfall in den Westen abgesetzt hatten und nun ihre Brüder und Schwestern, Nichten und Neffen im Osten als Gelddruckmaschine verwandten. Beim Streit um die angemessene Beteiligung der Ost-Verwandtschaft sollen ganze Familien zerbrochen sein. Wenigstens das ist mir erspart geblieben.
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