Glamour, Drogen und Sex

Von Jörg Taszman · 28.08.2013
Ein Liverpooler aus kleinen Verhältnissen steigt auf zum Luxus-Playboy des "Swinging London". Regisseur Michael Winterbottom hat das Biopic mit opulenten Bildern und viel Nacktheit in Szene gesetzt - ohne den Sex-Unternehmer Paul Raymond moralisch zu verurteilen.
Mit einem Biopic über den britischen Nachtclubbesitzer, Softpornoverleger, und Frauenhelden Paul Raymond beweist Regisseur Michael Winterbottom ("Road to Guantanamo", "9 Songs", "In this World") einmal mehr seine Vielseitigkeit. Hauptdarsteller Steve Coogan schafft es mit einer Mischung aus Arroganz, britischem Understatement und einem Schuss Größenwahn dieser schillernden Figur der 60er-, 70er- und 80er-Jahre Komplexität zu verschaffen.

Die Saga um einen Liverpooler aus bescheidenen Verhältnissen, der es im "Swinging London" auch als Immobilienbesitzer zum zeitweise reichsten Mann in Großbritannien bringt, vermag ebenso gekonnt zu unterhalten, wie eine Lebenseinstellung zu hinterfragen, die heute fast exotisch erscheint.

Prototyp des Egomanen
Paul Raymond wird zum Prototyp eines männlichen Egomanen, der nur für den Erfolg, den Glamour, Drogen und Sex lebt und zu einer tieferen Bindung zu seinen Frauen und Kindern nicht fähig ist. Als seine labile Tochter Debbie versucht, in Daddys Fußstapfen zu treten, kommt es für Paul Raymond auch zu einem persönlichen Drama.

Michael Winterbottom ist kein Moralist. Er verurteilt Raymond nicht, er findet opulente Bilder für einen luxuriösen Lebensstil, der im krassen Gegensatz zur vergleichsweise prüden und politisch korrekten Gegenwart steht. So wurde der Film, der einfach nur viel Nacktheit zeigt, in Großbritannien erst ab 18 Jahren freigegeben. Der Vorwurf, Winterbottom habe keinen Standpunkt, ist oberflächlich. Die Leidtragenden dieses schillernden Playboys waren seine Kinder, auch das macht diese komplexe und sehenswerte Zeitreise deutlich.

The Look of Love
Großbritannien 2013 - Regie: Michael Winterbottom, Darsteller: Steve Coogan, Anna Friel, Imogen Poots, Tamsin Egerton, Stephen Fry, Simon Bird - 101 Minuten
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