Gitarrist Les Paul

Ein Wegbereiter der Rock-Musik

US-Gitarrist Les Paul, gestorben 12.08.2009
US-Gitarrist Les Paul © picture alliance / dpa /
Von Martin Tschechne · 09.06.2015
Les Paul war ein Star der 50er-Jahre. Vor allem aber ein Erfinder, dessen Ideen die populäre Musik bis heute prägen: das Mehrspur-Verfahren bei der Produktion. Und eine Gitarre, deren Sound Fußballstadien zum Beben bringt. Am 9. Juni 1915 wurde der Amerikaner geboren.
"We're going to begin today by learning the tricks of a rather spacial trade: that of two of America's most fabulous music makers."
Alistair Cooke war ein Journalist, der staunen konnte - und der es verstand, sein Publikum damit anzustecken, wenn er in seiner amerikanischen Fernseh-Show "Omnibus" Menschen vorstellte wie die Sängerin Mary Ford und ihren Ehemann, den Gitarristen, Arrangeur und vor allem: den Erfinder Les Paul.
15 Millionen Schallplatten, so teilte der staunende Moderator seinem Publikum mit, hätten Les Paul und Mary Ford verkauft, seit sie drei Jahre zuvor, 1950, damit begonnen hatten, ihre eigene Musik zu produzieren. Bis dahin hatte der am 9. Juni 1915 in Waukesha / Winsconsin geborene Lester William Polsfuss in Country- und Jazz-Formationen gespielt, in Big Bands unter anderem mit Nat King Cole und Bing Crosby. Er galt als wahrer Zauberer auf seinem Instrument, als witziger Entertainer - der aber zu Hause, in seiner Werkstatt unermüdlich daran tüftelte, wie die Musik die Möglichkeiten nutzen kann, die Medien wie Schallplatte, Rundfunk oder Fernsehen ihr gerade neu eröffneten.
Mehrspur-Aufnahmetechnik entwickelt
Ins Fernseh-Studio brachte er statt einer Band ein ganzes Arsenal von Geräten mit: Zwei riesige Tonbandmaschinen und ein Mischpult, mit denen er seine Gitarre oder den Gesang von Mary Ford einzeln aufnahm, wieder abspielte, eine zweite, dritte, vierte Stimme darüber legte - und am Ende aus einem singenden und Gitarre spielenden Ehepaar ein ganzes Orchester mischte. Der Moderator staunte. Und Les Paul erwiderte: Wieso? Geht doch alles ganz einfach!
"We turn the tape machines on (...). And we play the first part on the guitar. It's the rhythm part (spielt) / Now you put your ear-phones on and you play another part to it, is that right? / That's right (spielt). Got it?"
"Es gibt doch da eine Rhythmusgitarre, die so'n bisschen im Stil von Django Reinhard fast gespielt ist, so dub-chick, dub-chick, dub-chick, dub..., und die kann man erstaunlich gut hören. Man hört aber, dass da drüber viele Generationen Überspieltes sind, viele Generationen Gitarrenspuren, Gesangsspuren (...). Das heißt, er wusste schon bei der ersten Aufnahme: Wenn ich diese Gitarre spiele, dann muss ich die so und so klingen lassen. Die klingt nämlich sehr hell da. Und wenn man das unter dem Aspekt sich anhört, dann ist das ein Meisterwerk."
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Ein Mann spielt auf einer elektrischen Gitarre, einer Gibson Les Paul© dpa / Oliver Berg
Für Peter Weihe, Professor im Popkurs der Hamburger Musikhochschule, ist die von Les Paul entwickelte Mehrspur-Aufnahmetechnik so etwas wie die Geschäftsgrundlage seiner Arbeit als Studiomusiker. Wenn nämlich die Helden der Hit-Paraden ein paar starke Akzente auf der Gitarre brauchen - dann muss Weihe nicht mal sein Haus verlassen. Sein Studio liegt gleich neben dem Wohnzimmer. Wie ja auch Les Paul seine glitzernden Läufe zu Hause einspielte, mal auf dem Sofa, mal am Esstisch. Während Mary Ford, so will es die Fama, ihren mehrstimmigen Gesang gern beim Abwasch in der Küche trällerte.
Schwungvoll, tanzbar, unwiderstehlich modern
Der Sound begeisterte: schwungvoll, tanzbar, unwiderstehlich modern. Doch der Erfolg forderte seinen Preis. Das Paar trennte sich; eine neue Musik kam auf - und ausgerechnet Les Paul war es, der das Instrument dazu entwickelt hatte: Eine Gitarre mit massivem Holz-Korpus, deren elektromagnetische Tonabnehmer auch bei größter Lautstärke keine unerwünschten Nebengeräusche mehr erzeugten. Damit ließen sich Stadien füllen, und Musiker wie Eric Clapton, die Stones und Led Zeppelin übernahmen die Bühne. Die swingende Musik des Erfinders wurde übertönt, aber das Gitarren-Modell Les Paul gibt bis heute - hunderttausendfach verbreitet - in der Rock-Musik den Ton an.
Die Amerikaner zeigen sich dankbar. Stellten den Wegbereiter einer ganzen Musik-Epoche neben Henry Ford und Thomas Edison in die nationale Ruhmeshalle der Erfinder. Und wenn der greise Musiker bis kurz vor seinem Tod 2009 auf die Bühne eines kleinen Jazz Clubs am Broadway trat, dann begrüßte er sein Publikum gern mit der trockenen Feststellung: Ich muss Sie enttäuschen, aber ich bin keine Gitarre.
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