Gewitzte Politsatire

Vorgestellt von Anke Leweke · 06.02.2008
Mit "Der Krieg des Charlie Wilson" liefert Regisseur Mike Nichols eine wunderbare Politsatire ab, die auf einem authentischen Fall beruht: Anfang der 80er versucht der Parlamentshinterbänkler Charlie Wilson, mehr Geld für die Widerstandskämpfer in Afghanistan zu bekommen. Ihm zur Seite stehen ein abtrünniger CIA-Agent und eine reiche Südstaaten-Dame. "Märzmelodie" hingegen ist der gescheiterte Versuch, Musical-Elemente in einem Unterhaltungsfilm unterzubringen.
"Der Krieg des Charlie Wilson"
USA 2007. Regie: Mike Nichols. Darsteller: Tom Hanks, Julia Roberts, Philip Seymour Hoffman u.a. Länge: 102 min.

Vor mehreren Jahrzehnten hat Regie-Veteran Mike Nichols mit "Catch 22" eine großartige Vietnam-Satire abgeliefert, in seinem neuen Film geht es um das von der Sowjetunion besetzte Afghanistan und um den Kongress-Abgeordneten Charlie Wilson, gespielt von Tom Hanks. Wilson liebt Koks und schöne Frauen, aber er ist auch eingefleischter Demokrat und die Russen in Afghanistan sind ihm ein Dorn im Auge. Doch die US-Regierung sieht nur 5 Millionen Dollar für geheime Aktionen vor. Mithilfe der reichen Südstaatlerin Joanne Hering (Julia Roberts mit blonder Perücke) und dem cholerischen CIA-Agenten (Philip Seymour Hoffman) wird Wilson diese Summe im Verlauf einiger Jahre auf eine Milliarde hochtreiben.

Der wahnwitzige Komplott des Trio Infernals liefert den Hintergrund für Fragen, die auch heute durchaus aktuell sind. Was nützt eine militärische Einmischung, wenn man die Bedingungen im Land nicht ändert? Wen unterstützt die USA überhaupt? Und in welche Kultur greift sie ein?

Auch wenn man den Film sein simples bzw. reaktionäres Russenbild vorwerfen kann, funktioniert er bestens als bitterböse Satire. Rasante Dialoge (Hanks und Roberts liefern sich einen wunderbaren Schlagabtausch nach dem nächsten) und schöne Situationskomik (etwa wenn Seymour Hofmann ohne eine Miene zu verziehen ein Büro in seine Einzelteile zerlegt). Letztlich lässt sich der Film nicht einordnen. "Der Krieg des Charlie Wilson" ist so grotesk und kurios wie die Politik, von der er erzählt

P.S. Übrigens beruht der Film auf wahren Tatsachen.


"Märzmelodie"
Deutschland 2007. Regie: Martin Walz. Darsteller: Alexandra Neldel, Jan Hendrik Stahlberg, Gode Benedix, Inga Busch, Gedeon Burkhard, Jana Pallaske u.a. Länge: 96 min.

Ein Film, dessen Figuren mitten im Dialog einen Schlager singen. Helden, die plötzlich mit den Stimmen populärer Chanson- und Liedinterpreten trällern. Das kommt einen bekannt vor, das klingt nach Alain Resnais' Film "Das Leben ist ein Chanson".

Jetzt hat Martin Walz für "Märzmelodie" das Verfahren kopiert. Man trifft auf mehr oder weniger gescheiterte Großstadtexistenzen im Alter zwischen dreißig und vierzig Jahren. Man trifft auf mehr oder weniger große Probleme: Misslungene Schauspielerkarriere, frustrierender Job im Call-Center, Kinderstress, Geldprobleme, Überforderung am Arbeitsplatz und Einsamkeit. Und wenn gar nichts mehr geht, dann wird gesungen. Mitten auf der Strasse oder am Arbeitsplatz.

Aber während sich die Chansons bei Resnais auf tröstliche Weise der Gefühlszustände und Sorgen ihrer Helden annahmen, knallt die Musik in "Märzmelodie" in die Szenen hinein wie ein Fremdkörper. Dass sich das Musical-Verfahren nicht einfach vom französischen auf einen deutschen Film übertragen lässt, mag auch daran liegen, dass die von Resnais verwendeten Chansons in Frankreich quer durch die Generationen populär sind. Was sich von den Songs von Bernd Apitz, Petra Pascal, Rio Reiser und Klaus Lage nicht unbedingt sagen lässt.

Ein weiterer Grund für das Scheitern von "Märzmelodie" liegt im inszenatorischen Unvermögen des Regisseurs Martin Walz. Um Dialog und Lied überzeugend aufeinander treffen zu lassen, bedarf es einer gewissen Künstlichkeit, einer gekonnt inszenierten Boulevardtonlage. Vielleicht sollte man nur kopieren, wenn man den Geist der Vorlage verstanden hat.
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