"Get - Der Prozess der Viviane Amsalem"

Scheidungsdrama einer israelischen Frau

Shlomi und Ronit Elkabetz bei den Golden Globes 2015.
Shlomi und Ronit Elkabetz bei den Golden Globes 2015. © EPA / Paul Buck
Von Hannelore Heider · 14.01.2015
Sich als Frau in Israel scheiden lassen? Wie schwierig das ist, zeigen Ronit und Shlomi Elkabetz in ihrem Film "Get - Der Prozess der Vivane Amsalem". Der Film hat die israelische Gesellschaft in Aufruhr versetzt: Für den israelischen Filmpreis ist er in zehn Kategorien nominiert.
Die Regisseurin Ronit Elkabetz und ihr Bruder Shlomi haben das Scheidungsdrama einer israelischen Frau als ein stilistisch konsequent inszeniertes Gerichtsdrama mit höchster emotionaler Wirkung auf den Zuschauer inszeniert.
Ronit stand dabei als Hauptdarstellerin auch vor der Kamera, was auf einen hohen Grad an Identifikation mit einem Opfer spricht. Denn das ist Viviane (Ronit Elkabetz), die vor einem Rabbinergericht die Scheidung von ihrem Ehemann Elisha (Simon Abkarian) begehrt. Fünf Jahre lang wird sie immer wieder in dem kleinen Gerichtssaal sitzen, wo ihr Ehemann starrsinnig die Scheidung ablehnt und die Rabbiner in nicht öffentlicher Verhandlung mit Zeugenaussagen von Freunden, Nachbarn und Verwandten alles andere als engagiert nach einem Grund suchen, dem Begehren der Frau stattzugeben.
Das ist aber nur möglich, wenn dem Mann eine Vernachlässigung ehelicher Pflichten nachgewiesen wird. Aber Elisha ist im Sinne der Tora ein vorbildlicher Ehemann und damit kann Viviane, die das eheliche Heim bereits verlassen hat, nur verborgen bei Verwandten leben und nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen.
Alltag für scheidungswillige Frauen in Israel
Was wie ein unglaublicher Fall von Menschenrechtsverletzung aussieht, ist Alltag für scheidungswillige Frauen in Israel. In diesem modernen und vorgeblich demokratischen Land gibt es kein staatliches Ehe- und Familienrecht. Für Frauen, die ihre Freiheit begehren, weil sie wie Vivane ihren Mann nicht mehr lieben, gibt es nur den "Gang nach Canossa" vor ein Rabbinergericht. Fünf Jahre lang hat ihn die Filmheldin gehen müssen und die Kamera ist im Gerichtssaal immer dabei. Sie nimmt dabei die Position des Sprechenden ein, der Richter, der Zeugen, des verklagten Ehemannes. Er später kommt Viviane ins Bild, am Anfang scheint sie nicht einmal anwesend zu sein, denn um sie, um ihre Rechte und Wünsche geht es gar nicht.
Der Film lebt von Blicken und Gesten, er spiegelt auf engstem Raum differenziert gesellschaftliche Konventionen und lässt uns beklemmend die Demütigung eines Menschen erleben, der kein Recht hat - einfach, weil es sich um eine Frau handelt. Ronit Elkabetz' Viviane aber kämpft und bestimmt damit immer mehr das Filmgeschehen, das so absurd ist, dass es trotz aller Tragik auch immer wieder komisch erscheint. "Get" wurde auf dem Jerusalem Film Festival zum besten Spielfilm gekürt und erhielt den Zuschauerpreis. Für den israelischen Filmpreis ist er in zehn Kategorien nominiert.
"Get - Der Prozess der Viviane Amsalem"
BRD, Frankreich, Israel 2014
Regie und Drehbuch: Ronit Elkabetz, Shlomi Elkabetz
Darsteller: Ronit Elkabetz (Viviane), Simon Abkarian (Elisha), Eli Gorstein (vors. Richter,Rabbi), Menashe Noy (Carmel)
116 Minuten, ohne Altersbeschränkung
Mehr zum Thema