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Das Webportal "Lebendiges Museum Online"
Das Webportal "Lebendiges Museum Online" © Screenshot
Von Christiane Habermalz · 17.09.2014
Videos, Zeitzeugenberichte, Dokumente: Das Webportal der nationalen Geschichtsmuseen mit dem Spitznamen "Lemo" macht deutsche Vergangenheit lebendig. Soeben wurde es gründlich überarbeitet.
Video - Flüchtlingskinder: "Ich heiße Dorothea Gasch aus Zilz in Oberschlesien …"
Deutsche Flüchtlingskinder 1945 in der Defa-Wochenschau, auf der Suche nach ihren Eltern. Das Video ist für jedermann anklickbar bei Lemo, dem Online-Portal zur deutschen Geschichte. Geschichte kann staubtrocken sein, als Schulfach allemal. Oder anschaulich und manchmal auch berührend. "Lebendiges Museum Online“ heißt Lemo übersetzt. Seit 1998 gibt es Lemo schon, doch jetzt wurde es gründlich überarbeitet, vom Staub der Jahre befreit, und an die Bedürfnisse von Tablet- und Smartphone-Usern angepasst. Damit sollen nicht nur, aber vor allem Jugendliche erreicht werden, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Präsentation im Berliner Tränenpalast heute betonte:
"Wenn Lemo umgekehrt den Effekt hat, dass man sich nicht drauf beschränkt, in der digitalen Welt unterwegs zu sein, sondern auch mal vor Ort sich anzugucken, worum es geht, dann erlebt man natürlich, dass Museen weit mehr sind als nur die Summe ihrer Ausstellungsobjekte. Hier werden unsere Erinnerungen, aber auch unsere Werte und damit letztendlich auch die Identität als Deutsche jetzt im 21. Jahrhundert sichtbar."
Von der Märzrevolution bis in die heutige Zeit
Das neue Portal bietet geschichtliche Inhalte – von der Märzrevolution bis in die heutige Zeit – einerseits als Zeitstrahl, andererseits über Querschnittsthemen an. Der Besucher kann sich also chronologisch durch die Epochen surfen, sich einzelne Kapitel herausgreifen oder gezielt suchen, was ihn interessiert. Geschichte wird erfahrbar wie im Museum – über kurze Texte, Zeitzeugenberichte und Videos, aber auch über Originaldokumente und Objekte aus den Beständen der Museen, die hier online abrufbar sind und teilweise im 360-Grad-Fokus von allen Seiten betrachtet werden können wie in einer Vitrine – sei es eine Gasmaske aus dem Weltkrieg oder das Originaltrikot von Jürgen Sparwasser, in dem der Fußballspieler 1974 bei der Weltmeisterschaft gegen die Bundesrepublik das legendäre Tor für die DDR schoss. Begleitet wurde der Lemo-Relaunch von Studierenden des neuen Studiengangs "Public History" an der Freien Universität Berlin.
"Also unsere Gruppe hat zum Thema Jugendkulturen zum Beispiel gearbeitet, das wird dann auch innerhalb der nächsten Monate hochgeladen, da haben wir dann so Themen bearbeitet wie Sexualität, Musik, Konsum und staatliche Beeinflussung der Jugend und sind dann durch die ganze Geschichte gegangen und haben die Inhalte so versucht zu formulieren, dass sie auch für Jugendliche ansprechend sind."
... sagt Studentin Maike Dreckmann. Und: Der alte Auftritt sei graphisch einfach unattraktiv gewesen:
"Also alleine die Schriftgröße, die Farben, das Design, also alles entsprach überhaupt nicht mehr dem, was wir als Digital Natives gewohnt sind, muss man sagen, und jetzt ist es ganz anders, so dass man jetzt den Inhalt noch mehr glaubt, weil das Aussehen modern ist und mehr der Gegenwart entspricht."
Nicht alle haben Geschichte als Lieblingsfach
Inhalt follows Design – das ist das Diktat der Online-Welt. Nicht leicht zu schlucken für einen Historiker. Doch das ist die Herausforderung, der sich jeder Wissenschaftler heute stellen müsse, erläutert Alexander Koch, Direktor des Deutschen Historischen Museums:
"Die sinnliche und damit visuelle Erfahrbarkeit von kulturellen Angeboten ist ein Gebot der Stunde, das nicht neu ist, und deshalb müssen wir als Vertreter von Kultureinrichtungen immer den Balanceakt wagen zwischen Form und Inhalt."
Zwei Schulklassen sind zur Präsentation des neuen Lemo geladen worden, Neuntklässler des Caspar-David-Friedrich-Gymnasiums in Marzahn-Hellersdorf. Nicht alle haben Geschichte zu ihrem Lieblingsfach erkoren. Einige dösen vor sich hin und werden nur kurz aufmerksam, als das Wort "Spiel" fällt – bei der Präsentation des Portals werden auch ein paar spielerische Anwendungen vorgeführt.
Doch bei anderen kommt Lemo durchaus an.
Schüler: "Also mir gefällt Geschichte teilweise. Manche Themen interessieren mich, andere auch wieder nicht. Aber ich würde die Website auch nutzen. Denn es ist wirklich auch sehr modern, also ich würde auch manchmal reingucken, auch nicht zur Schule. Das ist schon sehr cool gemacht."
Schülerin: "Also ich find es ganz interessant mit den Zeitzeugen, weil man die dann auch angucken kann, wie die das alles erzählt haben, was die alles erlebt haben. Das ist ganz interessant."
Mit ihren eigenen Eltern, erzählt ihre Freundin, die daneben steht, habe sie sich noch nie über die DDR unterhalten – beide sind dort aufgewachsen. Aber das will sie jetzt nachholen, sagt sie. Naja, vielleicht. Eins aber überzeugt die Schülerinnen und Schüler alle: Anders als Wikipedia oder Google darf Lemo als Quelle angegeben werden: Zitieren ausdrücklich erlaubt.