Germanwings-Absturz

Psychologe bezweifelt erweiterten Suizid des Co-Piloten

Ein Airbus 320 in Betrieb von Germanwings
Ein Airbus 320 in Betrieb von Germanwings: Welche Motive hatte der Copilot des verunglückten Fluges 4U 9525? © imago stock&people
Georg Fiedler im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 26.03.2015
War es Suizid? Über die Beweggründe des Co-Piloten der verunglückten Germanwings-Maschine wird viel spekuliert. Der Psychologe Georg Fiedler glaubt nicht an einen erweiterten Selbstmord: "Für das, was hier passiert ist, gibt es in der Forschung noch keinen Begriff."
Seit Tagen wird spekuliert: Was ist passiert, dass es zum Absturz der Germanwings-Maschine am Dienstag kommen konnte? Zuletzt überschlugen sich die Ereignisse. Von der ersten Meldung, die Tür zum Cockpit könnte verriegelt gewesen sein bis zur Information, dass nur eine Person beim Unglück im Cockpit war. Am Nachmittag bestätigte dann die französische Staatsanwaltschaft: Der Co-Pilot habe die Zerstörung des Flugzeugs bewusst eingeleitet. Der Kapitän hatte das Cockpit kurz verlassen, der Copilot ihn nicht wieder hineingelassen.
Bisher wird nur spekuliert, warum ein Mensch so etwas tun könnte. Selbstmord und erweiterter Selbstmord wurden in den Raum geworfen. Georg Fiedler vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf engagiert sich im "Nationalen Suizid-Präventionsprogramm für Deutschland" kennt sich mit den Beweggründen von Selbstmördern aus.
Bisher kein Beweis bei ähnlichen Flugabstürzen
Fiedler warnte im Deutschlandradio Kultur davor, dass in solchen Fällen zu schnell spekuliert werde. Es gebe tatsächlich Flugzeugabstürze von suizidalen Piloten, allerdings seien das in der Regel Abstürze sehr kleiner Maschinen, bei denen kaum andere Menschen zu Schaden gekommen seien. Ihm seien nur vier oder fünf Abstürze in den Luftfahrtgeschichte bekannt, bei denen ein solcher Hintergrund vermutet wurde: Der habe aber nie eindeutig bewiesen werden können.
"Ein Suizid ist immer eine sehr komplexe Angelegenheit, es wirken immer sehr viele Faktoren darauf ein", erklärte Fiedler. Es gebe nicht immer nur eine Erklärung. Weder eine Depression noch eine Psychose oder eine psychische Krankheit würden so ein Handeln erklären. "Da muss noch mehr dazu kommen." Viele Menschen seien psychisch krank, kämen jedoch nie auf die Idee, über 100 Menschen mit in den Tod zu nehmen. Eventuell könne man die Hintergründe mithilfe einer psychologischen Autopsie ermitteln.
Normalerweise sind nahe Verwandte die Opfer
Beim erweiterten Selbstmord würden Betroffene eher nahe Verwandte mit in den Tod nehmen. "Für das, was hier passiert ist, gibt es in der Forschung noch keinen Begriff", erläuterte Fiedler. Es sei schwer vorstellbar, dass jemand sin einer so hochsuizidalen Verfassung mit so einem Vorhaben, unbemerkt ins Cockpit kommen kann.
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