Geliebt oder gehasst

Von Mirko Schwanitz · 26.05.2005
NSK - das steht für "Neue Slowenische Kunst" und bezeichnet eine Künstlergruppe, die kurz nach Titos Tod nicht nur die Kulturszene in Slowenien revolutionierte. Heute sind ihre Kunstobjekte in allen wichtigen Museen dieser Welt vertreten - und lösen überall heftige Kontroversen aus. Ihren Kulminationspunkt findet die Kunst von NSK in den Bühnenshows der Band "Laibach".
Die vier Männer auf der Bühne bewegen sich roboterhaft. Sie agieren, mal in stilisierten Nazi-Uniformen, mal im Outfit amerikanischer GIs zu Texten, die an Reden dahingegangener Diktatoren erinnern.

Wo immer Laibach auftritt - die Band polarisiert das Publikum. Stimmen nach einem Konzert in New York:

"Es ist Scheiße. Es ist schlechte Kunst, einfach eine einzige Scheiße.

Es ist wirklich cool, eine der besten Shows, die ich je gesehen habe.

Ich denke es ist ganz nah am Faschismus. Aber ich bin nicht sicher, ob das ein Witz sein soll."

Kaum eine andere Band auf der Welt provoziert solche Diskussionen wie Laibach. Und während die Besucher noch zu begreifen suchen, was da vorn auf der Bühne eigentlich vor sich geht, thematisiert die Band bereits die herrschende Konfusion.

Peter Vezjak: "Ja, die haben eine Provokation gemacht. Totalitär, streng... Das ist das Spiel, die Sprache des Staates. Die provokante Kunst, das sind die Teile, die besonders wichtig sind. "

Es sind die unverwechselbaren Bühnenshows, die die Männer von Laibach weltweit zu Superstars machten. Entweder geliebt oder gehasst. Ein dazwischen gibt es nicht.

Alles begann 1984. Im Schutze der Nacht klebten sie damals in einer slowenischen Industriestadt Plakate: Ein stilisiertes Zahnrad, ein weißes Kreuz, ein Mann, der mit einem Messer auf die Augen eines anderen zielt. Polizei rückte aus, entfernte die Plakate.

Peter Vezjak: "Die Leute haben keine Ahnung. Die glauben: Aha, Kreuz - ist das erste Hilfe? Oder hat das was mit Nazis zu tun? Die wussten das nicht."

Die Symbole stammten von John Heartfield und dem russischen Avantgardisten Maleevitsch und die Plakat-Aktion war die Geburtsstunde der "Neuen Slowenischen Kunst", einer Künstlergruppe, die wie keine andere die Kunst im Jugoslawien nach Tito beeinflussen sollte.

Peter Vezjak: "Innerhalb der Gruppe arbeiten dann Leute mit verschiedenen Namen. Also Laibach beschäftigt sich mit Musik. Die Maler heißen "Irwin", die Grafiker heißen "Novi Kollektivism"."

Allein dass eine Künstlergruppe sich im damals noch sozialistischen Jugoslawien einen deutschen Namen gab, war für die Tito-Kommunisten eine ungeheure Provokation. Peter Vezjak, von Anfang an mit dabei, erinnert sich gut:

Peter Vezjak: "Die Bürgermeisterin von Laibach, die sagte, also das ist eine Schande für die Stadt Ljubljana, dass eine Gruppe den deutschen Namen Laibach trägt."

Peter Vezjak ist als Videokünstler mitverantwortlich für die Bühnenshows von Laibach. Sabotage der Realität nennt er das, was Laibach von Beginn an betrieben habe. Zunächst allein, wenig später mit Unterstützung der gesamten Gruppe "Neue Slowenische Kunst", kurz auch NSK genannt.

Peter Vezjak: "Also mit Extremismus, mit Titoismus, mit Nazismus, also allen diesen Kunstrichtungen. "

Laibach löst die Symbole autoritärer Regime aus ihrem Kontext, stellt sie in einer furiosen Show nebeneinander und demaskiert sie so als Herrschaft- und Machtinstrumente.

Laibachs Thema ist jede Form von Totalitarismus. Deshalb ist für die Band selbst die eigentliche Show nicht das, was auf, sondern vor der Bühne stattfindet. Die Konfusion des Publikums ist gewollt. Es soll über sich selbst nachdenken, darüber, was es wahrnimmt und was seine Wahrnehmung bestimmt.

Peter Vezjak: "Also, ich meine, es müssen immer Leute sein, die gegen die Macht sind. Und das bleibt NSK..."