Geldanlagen

"Der Sparer zahlt die Zeche für die Finanzkrise"

Ein Archivfoto zeigt, wie sich das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main im Eurozeichen-Kunstwerk des Künstlers Otmar Hoerl spiegelt.
"So richtig positive Erfahrungen hat noch niemand mit so etwas gemacht", sagt Stefan Wolff zu den geplanten Negativzinsen. © dpa picture alliance / Mauritz Antin
Moderation: Gabi Wuttke · 05.06.2014
Dass die EZB beim Einlagenzins erstmals negative Zinsen verordnen will, hat eigentlich nur psychologische Effekte, sagt Börsen-Korrespondent Stefan Wolff. Zugleich bedeutet es, dass "Sparer Monat für Monat Geld verlieren".
Gabi Wuttke: Wenn die Spatzen es richtig von den Dächern pfeifen, dann steht uns heute ein einschneidender Tag bevor. Weil die Europäische Zentralbank den Banken der Euroländern erstmals negative Zinsen verordnet. Wieso, mit welchen Risiken und was heißt das und eine mögliche Senkung des Leitzinses für uns Verbraucher? Börsen-Korrespondent Stefan Wolff ist aus Frankfurt zugeschaltet. Herr Wolff, was sind negative Zinsen?
Stefan Wolff: Nun, es geht dabei um einen der drei Leitzinsen, das ist der sogenannte Einlagenzins. Und Banken, die Geld mit sich herumschleppen, was sie nicht brauchen, parken ihr Geld über Nacht zum Beispiel bei der Europäischen Zentralbank. Bisher haben sie dafür Zinsen, wenn auch Mini-Zinsen, kassiert. Und dieser Einlagenzins könnte nun ins negative drehen, das heißt die Banken müssten für die Dienstleistung, das sie Geld dort parken, Parkgebühren bezahlen, Strafzinsen.
Ziel der EZB ist es, dass das Geld eben nicht bei der EZB liegt, sondern in Form von Krediten in die Wirtschaft fließt. Ob das ganze aufgeht, ist natürlich die große Frage, denn Banken haben auch andere Möglichkeiten, ihre überschüssige Liquidität, so nennt man das Geld, was sie gerade nicht verliehen haben, unterzubringen. Es gibt ja den sogenannten Inter-Bankenhandel, das heißt die Banken können sich das Geld auch untereinander über Nacht oder für einen längeren Zeitraum leihen. Und da gibt es noch Zinsen, wenn auch sehr wenig.
Strauchelnden Ländern soll geholfen werden
Wuttke: Was die EZB entscheidet, betrifft ja den ganzen Euro-Raum. Aber, diese Negativ-Zinsen, sind sie denn wirklich für die ganze Euro-Zone nötig? Wem soll damit vor allem geholfen werden?
Wolff: Nun, es soll vor allen Dingen den Ländern oder Volkswirtschaften der Länder geholfen werden, die Probleme haben, Südeuropa, also Spanien, Italien, auch Frankreich hat ja inzwischen Probleme, die Wirtschaft am Laufen zu halten und die Kreditvergabe ist in diesen Ländern sehr stark ins Stocken geraten.
Und die EZB möchte gerne die Banken mit viel Geld versorgen. Deshalb sind die Leitzinsen insgesamt niedrig, das heißt, die Banken können sich für wenig Geld Geld leihen. Und das ganze soll die Kreditvergabe ankurbeln, weil die Unternehmen im Moment wenig investieren und diese wenigen Investitionen, die da getätigt werden, diese fehlenden Investitionen, die lasten natürlich auf der Wirtschaft.
Wuttke: Und sind das vor allen Dingen Unternehmen in den immer noch trudelnden Euro-Ländern? Oder ist die deutsche Wirtschaft auch mickerig mit Krediten?
Wolff: Die deutsche Wirtschaft ist relativ zurückhaltend, was Investitionen anbelangt, aber die Produktion läuft in Deutschland derzeit auf Hochtouren. Sie können von Unternehmen hören, die großen Maschinen bei Maschinenbauern kaufen wollen, dass sie lange Wartezeiten haben. Also, theoretisch könnte das eine oder andere Unternehmen sicherlich Geld in die Hand nehmen und in neue Produktionsstätten investieren. Die Nachfrage ist auf alle Fälle da. Und, die Kreditvergabe läuft eigentlich hierzulande relativ gut.
"Vor allen Dingen psychologische Effekte"
Wuttke: Gibt es denn schon anderswo Erfahrungen mit Negativ-Zinsen?
Wolff: Dänemark hat mal negative Zinsen eingeführt. Da sollte auch die Wirtschaft angekurbelt werden. Der Erfolg war aber nicht so messbar, das heißt das sind eigentlich vor allen Dingen psychologische Effekte, die die Europäische Zentralbank erzielt. So richtig positive Erfahrungen hat noch niemand mit so etwas gemacht.
Wuttke: Es heißt ja auch, der Leitzins dürfte von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent fallen. Von Sparzinsen für unsereinen mit dem Sparstrumpf kann also wirklich keine Rede mehr sein?
Wolff: Na ja, die Kurve geht ja schon lange nach unten und es lohnt sich kaum noch, wirklich Geld auf konservative Art und Weise anzulegen, wenn sich die Banken Geld zu 0,15 Prozent leihen können bei der EZB oder auch jetzt für 0,25 Prozent, dann sagen sie natürlich, warum sollte ich dann meinen Sparern 1,2, 1,3 oder 1,5 Prozent zahlen? Ich bekomme mein Geld ja günstiger. Von daher ist der Sparer momentan in einer sehr ungünstigen Situation und das wird sich natürlich durch die Leitzinsänderungen nicht verbessern. Eher verschlechtern.
Wuttke: Für Banken, die ihre Bad-Banks ordentlich abgewickelt haben, klingt das ein bisschen wie Leckerland.
"Geschäfte der Banken sind nicht besser geworden"
Wolff: Auf alle Fälle, natürlich. Das ist erst einmal für die Banken, die Probleme haben, sehr positiv. Aber Sie hören ja inzwischen auch die anderen Stimmen: Der Sparkassenverband hat sich da zu Wort gemeldet, spricht von einer schrittweisen Enteignung der Sparer. Denn die Crux an der Sache ist, die Mini-Zinsen, die gezahlt werden dem Sparer, das ist das eine, die Inflation ist das andere.
Und da die Teuerungsrate zwar niedrig ist, aber höher ausfällt, als die meisten Sparbücher hergeben, bedeutet das eigentlich, dass Sparer Monat für Monat Geld verlieren und das prangern immer mehr Sparkassen an. Sie sagen, dass letztendlich darunter der Kunde leidet. Auf der anderen Seite sind natürlich bei Krediten, die da vergeben werden, zu sehr guten Konditionen die Gewinn-Margen der Banken auch gesunken. Das heißt, die Geschäfte sind auch nicht besser geworden.
Wuttke: Na, die Sparkassen haben ja nun ihr eigenes Geschäft zu verteidigen. Aber, wenn man mal auf Deutschland schaut, die gesetzlichen Renten die sinken immer weiter. Seit gestern garantieren Lebensversicherungen immer weniger. Wir hören jetzt auch von Ihnen, Sparen ist und wird ein immer größeres Zuschussgeschäft. Kann man da überhaupt noch fürs Alter irgendwie vorsorgen?
Wolff: Es ist auf alle Fälle schwer in dieser Situation und wir feiern ja in Anführungszeichen "jetzt sieben Jahre Finanzkrise". In dieser Situation, in der Geld so billig ist, ist natürlich auf der Sparerseite immer weniger zu holen. Das heißt, der Sparer zahlt im Grunde genommen die Zeche für die Finanzkrise. Das ist unbestritten. Und er hat es natürlich immer schwerer, auch nur irgendwo Rendite zu erzielen.
Sie sehen das an den Immobilienmärkten, da hat sich doch in Deutschland einiges getan, normalerweise ein Trägermarkt. Inzwischen in guten Gegenden sind die Preise ins Kraut geschossen. Das ist auch ein Zeichen dafür, das viele Anleger, viele Sparer, nach Sicherheit suchen. Immobilie ist die eine Sache, aber die hohen Preise vermurksen da natürlich auch im Endeffekt auch den Ertrag.
Wuttke: Es bleibt schwierig mit der Altersvorsorge. Besten Dank an Börsen-Korrespondent Stefan Wolff.
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