Geißler fordert neue Regeln für Managergehälter

Heiner Geißler im Gespräch mit Hanns Ostermann · 11.08.2009
Das Attac-Mitglied Heiner Geißler hat sich für eine Neuregelung der Managergehälter ausgesprochen. Der ehemalige CDU-Generalsekretär sagte, Manager sollten überwiegend feste Gehälter bekommen und nicht durch Aktienoptionen entlohnt werden.
Hanns Ostermann: Es sollte eine neue Architektur der Finanzmärkte entstehen. Das kündigten jedenfalls die Staats- und Regierungschefs nach ihrem Gipfel in London Anfang April an. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sogar von einem fast historischen Kompromiss, der gelungen sei. Doch ist wirklich schon Schluss mit den spekulativen Exzessen, die die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds bringen? Wenn man liest, dass große Banken wieder vor allem mit Wertpapiergeschäften Gewinne machen, dürften Zweifel angebracht sein. Und wenn man dann auch noch durch Steuergelder am Leben erhaltene Banken wie die City Group hohe Bonuszahlungen ausschütten, dann finden das viele schlichtweg nur noch unverschämt.
Nun treffen sich die Staats- und Regierungschefs Ende September in Pittsburgh, aber ist das Zeitfenster für eine Reform des Weltfinanzsystems nicht schon längst wieder geschlossen? – Darüber möchte ich mit Heiner Geißler sprechen. Der frühere CDU-Generalsekretär ist auch Mitglied bei Attac. Guten Morgen, Herr Geißler.

Heiner Geißler: Guten Morgen!

Ostermann: Es waren ja teilweise hehre Ziele, die in London formuliert wurden. Hat man die Zeit bis heute genutzt, oder blieb es bei den Ankündigungen?

Geißler: Es ist weitgehend bei den Ankündigungen geblieben. Es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel ist in Deutschland die Frage der Offshore Center, also der Steueroasen, gesetzlich geregelt worden. Geschäfte mit diesen Steueroasen sind kontrolliert und müssen kontrolliert werden, das muss auch international weiter durchgesetzt werden. Aber andere Vorschläge des G20-Gipfels sind noch nicht realisiert und je länger es dauert, bis diese Vorschläge nun wirklich konkrete Formen annehmen, umso schwieriger wird die Sache werden.

Ostermann: Herr Geißler, was kritisieren Sie da besonders, dass die Kontrolle und Transparenz der Finanzpolitik fehlt, oder was ist es?

Geißler: Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die ergriffen werden sollten und worüber man sich im Wesentlichen auch einig war, dass zum Beispiel für die Finanzprodukte bestimmte Vorschriften erlassen werden, also sozusagen ein TÜV errichtet wird für die Einführung neuer Finanzprodukte, dass die Banken, die solche Finanzprodukte auf den Markt bringen, mit einem relativ hohen eigenen Kapital dafür haften müssen, dass die Hedgefonds und Private-Equitiy-Banken wenn nicht abgeschafft, so doch weitgehend unter staatliche Kontrolle gestellt werden. Von der Einführung einer Börsenumsatzsteuer, einer weltweiten Börsenumsatzsteuer sind wir nach wie vor sehr weit entfernt. In Deutschland ist eine solche Steuer beschlossen worden, aber im nationalen Rahmen macht sie ja gar keinen Sinn. Das war der Vorschlag der SPD. Die CDU hat auch eine Börsenumsatzsteuer vorgeschlagen, aber nur im internationalen Rahmen. Das ist die richtige Lösung, aber natürlich schwer durchzusetzen, solange zum Beispiel die Engländer und die Amerikaner nicht mitmachen.

Ostermann: Sie stellen damit Deutschland ein relativ gutes Zeugnis aus, kritisieren aber vor allem England und die USA. Bremsen die vor allem?

Geißler: Das war schon immer das Problem, vor allem die Engländer, weil sie natürlich in London einen außerordentlich großen Finanzplatz haben, den größten neben New York, und man darf nicht vergessen, dass das gesamte Bruttosozialprodukt der Briten zu einem großen Umfang nämlich aus diesen Finanzdienstleistungen besteht, und unser Bruttosozialprodukt wird erwirtschaftet durch den Verkauf von Autos und Maschinen. In England wird das Bruttosozialprodukt erwirtschaftet durch den Verkauf von Finanzprodukten und deswegen hat natürlich auch die englische Regierung, die ja davon auch Steuern bekommt, nicht ein so großes Interesse an einer Regulierung dieser Märkte als die Deutschen.

Ostermann: Und welche Möglichkeiten hat Barack Obama in den USA, wo sich republikanische Kongressabgeordnete gegen strengere Kontrollen für Rating-Agenturen aussprechen?

Geißler: Ja, gut, er muss halt dafür sorgen, dass er mit seinen Mehrheiten, die er ja hat, im Kongress sich eben durchsetzt. Die Vorschläge, die er gemacht hat, und zwar schon vor geraumer Zeit, vor Monaten, sind ja in Ordnung. Die hat er teilweise in Amerika ja auch durchgesetzt.

Ostermann: Ich habe das negative Beispiel der City Group schon genannt, wo es wieder hohe Bonuszahlungen gibt. Würden Sie so weit gehen und sagen, die Finanzwelt hat ihre Lektionen nicht gelernt?

Geißler: Das kann man auf jeden Fall sagen und das ist natürlich auch psychologisch von schwerwiegender Bedeutung, denn angesichts der Auswirkungen dieser gerade von diesen Leuten verursachten Bankenkrise auf die reale Wirtschaft, auch auf die Arbeitsplätze, auf unsere Arbeitsplätze, können das ja die normalen Menschen, die arbeiten und ihr Geld hart verdienen müssen, als Hohn empfinden, wenn Leute, die offensichtlich Misserfolge gehabt haben, dafür auch noch in Millionenhöhe belohnt werden. Deswegen müsste nach meiner Auffassung eben auch die Frage der Entschädigung oder der Bezahlung der Manager wirklich neu geregelt werden. Da sind ja Vorschläge gemacht worden, die sind auch umgesetzt worden, aber sie sind nach meiner Auffassung nach wie vor eben nicht ausreichend. Manager sollten im Wesentlichen feste Gehälter bekommen und nicht entlohnt werden durch Aktienoptionen, denn wenn die Aktienoption zu einem großen Bestandteil der Entschädigung wird, dann verwandeln sich die Manager von Unternehmern in Spekulanten, weil sie ja dann ein Interesse daran haben, dass die Kurse steigen, dass der Börsenwert nach oben geht. Dagegen kann man auch nichts einwenden, aber der Unternehmer muss vor allem langfristig denken und er kann vor allem Investitionen und unternehmerische Entscheidungen vernünftigerweise ja nicht von quartalsmäßigen Ergebnissen abhängig machen. Diese Abhängigkeit der Manager vom Börsenwert, von kurzfristigen quartalsmäßigen Ergebnissen, diese Abhängigkeiten müssen beseitigt werden.

Ostermann: Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Herr Geißler, danke für das Gespräch heute Früh und Ihnen einen schönen Tag.

Geißler: Das wünsche ich Ihnen auch.

Ostermann: Danke schön!