Gefährlicher Trip

Von Johannes Metzler · 20.07.2011
Jedes Jahr brechen Tausende Kinder in El Salvador, Honduras oder Nicaragua auf, um ohne Papiere in die USA zu reisen - alleine. Sie betteln, fahren Bus und verstecken sich, um es irgendwie zu schaffen auf der Suche nach besseren Perspektiven. Aber die lange Reise ist gefährlich, und die meisten kommen nie am Ziel an.
Esmeralda hat eine lange Reise hinter sich. Das Mädchen mit den dunklen Haaren und dem selbstbewussten Lächeln ist weit weg von zuhause. Rund 3000 Kilometer Reise liegen hinter ihr, sie kommt aus Guatemala. Allein hat sie es bis an die Nordgrenze Mexikos geschafft, aber dort war Schluss - kurz vor dem Ziel.

"Sie haben mich mit Handschellen abgeführt und ich stand mit gespreizten Beinen da. Eine Frau hat mich durchsucht und mich grob gepackt. Sie zog mir die Hose runter, und als ich sagte, "was machen Sie mit mir", sagte sie: "sei still, hier werden wir dich schon zähmen"."

Für andere Kinder und Jugendliche endet die Reise mit weit schlimmeren Erlebnissen. Vor allem Mädchen sind in großer Gefahr. Schlepper vergewaltigen sie in der Wüste, in der Einsamkeit des Grenzgebiets sind sie den Verbrechern schutzlos ausgeliefert.

Und auch Entführungen häufen sich. Die Gründe, um allein aufzubrechen, sind vielfältig. Manche fliehen vor Hunger oder Gewalt, andere suchen ihre Eltern. Es gibt Väter, die in die USA ausgewandert sind und ihr Kind nur von Fotos kennen. Es sind fast immer traurige Geschichten, die die Kinder erzählen, zum Beispiel ein Junge aus Honduras:

""Mein einziger Ausweg war in die USA zu gehen, aber ich kam leider nie an. Diese Reise ist echt hart, man muss viel mitmachen. Drei Tage lang habe ich nichts gegessen. Ich bin mit wenig Geld losgefahren und das nahmen mir die Polizisten gleich an der Grenze ab."

Es gibt keine Statistiken darüber, wie viele Minderjährige nachts heimlich die Grenzen Mittelamerikas passieren. Jorge García von der Flüchtlingsorganisation Caminos Posibles hat aber einen Anhaltspunkt: Mexiko schickt jedes Jahr rund 6000 bis 7000 Kinder und Jugendliche per Bus zurück in ihre Heimatländer - es sind nur die, die die Beamten erwischt haben. Und auch mexikanische Kinder versuchen, die Grenze zu den USA zu überwinden. Jorge García lernte in einer Notunterkunft einen Zehnjährigen kennen, der es fast geschafft hätte:

"Er hat sich vielleicht gar nicht vorstellen können, dass er drei oder vier Tage brauchen würde, nur um die Grenze zu erreichen. Dass er sterben könnte im Grenzgebiet. Denn die Flüchtlinge müssen durch die Wüste laufen bei Temperaturen von 50 Grad am Tag und Frost in der Nacht. Aber der Junge hat mir gesagt, er sei doch der älteste Sohn in der Familie. Er wollte seiner Mama helfen und seinen kleinen Geschwistern, damit die was zu essen haben."

Arbeiten in den USA - das Ziel vieler Erwachsener ist längst auch ein Traum der Kinder geworden. Es ist ein mächtiger Traum - von einem glücklicheren Leben ohne Hunger und Armut.