Gedenkmarsch für Boris Nemzow

Symbol für Hoffnung und Optimismus

Tausende Anhänger der Opposition versammln sich in Moskau zu einem Gedenkmarsch für Boris Nemzow.
Tausende Anhänger der Opposition versammln sich in Moskau zu einem Gedenkmarsch für Boris Nemzow. © AFP PHOTO/KIRILL KUDRYAVTSEV
Von Gesine Dornblüth · 27.02.2016
In Moskau erinnerten tausende Demonstranten an die Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow vor einem Jahr. Sie wollten ein Zeichen für Veränderungen in Russland setzen, derweil der Mord immer noch nicht aufgeklärt ist.
Schweigend zogen die Menschen im Gedenken an Boris Nemzow durch das Zentrum von Moskau. Viele hatten Blumen dabei und Fotos des getöteten Oppositionspolitikers. Auf einem Transparent an der Spitze des Trauerzuges stand: "Für die Wahrheit ermordet."
"Wenn in einem Land ein solcher Mord möglich ist, ist das eine Schande für die Regierung. Unser Land geht den Bach runter. Vielleicht sind wir bald am Boden, dann geht es wenigstens wieder bergauf."
... so die Rentnerin Lilija Orlowa.
Boris Nemzow war vor einem Jahr kurz vor Mitternacht in nur 200 Meter Entfernung vom Kreml hinterrücks erschossen worden. Er war in den 90er Jahren stellvertretender Premierminister Russlands. Als Wladimir Putin vor mehr als 15 Jahren an die Macht kam, begann sein politischer Abstieg. Zuletzt saß Nemzow in einem Regionalparlament. Für viele Russen verkörperte er politischen Anstand, denn er machte immer weiter, organisierte friedliche Proteste, kritisierte Korruption in höchsten Regierungskreisen, prangerte die Aggression Russlands gegen die Ukraine an. Die Managerin Xenia Ivanova nahm gemeinsam mit Freunden an dem Trauermarsch teil.
"Er war ein Symbol. Dafür, dass man optimistisch bleiben kann, selbst in so einer Situation wie heute. Sie sind zwar nicht wahrscheinlich, aber ich hoffe immer noch auf Veränderungen in Russland. Wir müssen heute ein Signal setzten und zeigen, dass es durchaus noch sehr viele Menschen gibt, die mit der Regierung nicht einverstanden sind."

Viele Russen sind passiv

Unabhängige Beobachter zählten 22.000 Teilnehmer, die Polizei sprach von 7.500. Es war die größte Veranstaltung der Opposition seit dem Trauermarsch für Boris Nemzow vor einem Jahr. Die Bevölkerung ist passiv, viele haben sich ins Private zurückgezogen.
In den vergangenen Monaten haben mehrere Oppositionelle und regierungskritische Journalisten Todesdrohungen erhalten, vor allem aus der russischen Nordkaukasusrepublik Tschetschenien. Dorthin führen auch die Spuren im Nemzow-Mord.
Wenige Tage nach der Tat wurden fünf Tatverdächtige aus Tschetschenien festgenommen. Sie haben zum Teil gestanden. Die Hintermänner sind hingegen auf freiem Fuß. Ein Mann ist zur Fahndung ausgeschrieben, ein Chauffeur. Er soll den Mord nach Ansicht der Ermittler in Auftrag gegeben haben.

Deckt Kadyrow die Hintermänner?

Journalisten und Vertraute Nemzows haben eigene Untersuchungen angestellt. Sie vermuten, dass die wahren Drahtzieher viel höher angesiedelt sind, dass der Chef der Republik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, die Hintermänner deckt, ja dass er sogar selbst an dem Verbrechen beteiligt ist. Ilja Jaschin von der Partei Parnas, deren Co-Vorsitzender Boris Nemzow war:
"Die Leute, die Nemzow umgebracht haben, sind mit dem Umfeld Kadyrows verbunden. Ich habe große Zweifel, dass sie handeln konnten, ohne das mit Ramsan Kadyrow abzustimmen."
Wenn die Auftraggeber ungestraft blieben, würden die politischen Morde in Russland weitergehen, so Oppositionspolitiker Jaschin.
Der Tschetschene Kadyrow meldete sich heute in einem Interview zu Wort. Er sagte, Boris Nemzow habe ihn nicht gestört, er sei unter seinem Niveau gewesen.
Im Anschluss an den Gedenkmarsch legten viele Teilnehmer am Tatort in Kremlnähe Blumen nieder. Die Polizei war präsent. Es blieb friedlich.
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