Gargarins Flug um die Welt

Von Bernd Schuh · 12.04.2011
Auch im Wettlauf um den ersten Menschen im Weltraum behielten die Sowjets die Nase vorn. Am 12. April 1961 umkreiste Juri Gagarin als erster Mensch in einer Raumkapsel die Erde.
Wäre es ein feuriger biblischer Wagen gewesen, der den ersten Menschen ins All beförderte, hätten sich 20 Millionen Pferde ins Geschirr legen müssen, um diesen Wagen zu ziehen. So viele PS brachte die Wostok-Rakete auf die Startrampe, die am 12. April 1961 den ersten Menschen ins All brachte.

"Hier ist Moskau, hier ist Moskau. Es senden alle Rundfunkstationen der Sowjetunion..."
"... des ersten Raumfahrers der Welt, Juri Alexejewitsch Gagarin, von Bord des sowjetischen Raumschiff-Sputniks Wostok."

1961 war Gagarins Flug eine Sensation. Wieder einmal hatten die Sowjets die Nase vorn. Schon dreieinhalb Jahre zuvor war die westliche Welt durch Sputnik I, den ersten künstlichen Erdsatelliten geschockt worden.

"Am 4. Oktober 1957 ging das Lied von Sputnik I um die Welt."

Im Kampf der Ideologien zwischen Ost und West, zwischen Sozialismus und Kapitalismus, spielte der Wettlauf um die Vorherrschaft im All eine herausragende Rolle. Mit Raketen konnte man nicht nur Menschen ins All befördern, sondern auch militärische Satelliten und Atombomben transportieren.

In den Annalen der Internationalen Luftfahrtföderation FAI sucht man Juri Gagarins ersten Weltraumflug allerdings vergebens. Deren Rekordliste beginnt erst mit dem 5. Mai 1961. An diesem Tag erreichte Alan Shepard auf einem Parabelflug in einem Mercury-Satelliten eine Flughöhe von 187 Kilometern – genug um ihn als ersten Amerikaner im All zu feiern. Gagarin hatte zwar in seiner Raumkapsel einmal die Erde umrundet und dabei eine maximale Flughöhe von 320 Kilometern erreicht. Um jedoch in die Rekordliste der FAI zu kommen, hätte er in seiner Kapsel landen müssen. Er aber betätigte beim Rücksturz zur Erde, wie vorgesehen, bereits in sieben Kilometer Höhe den Schleudersitz und ging per Fallschirm nieder.
Solch' unerfreuliche Details wurden in der sowjetischen Propaganda jahrelang unterschlagen.

Der Wettstreit um die Eroberung des Weltraums hielt an. Die Mondlandung von Apollo 11 im Jahr 1969 brachte die Amerikaner deutlich in Führung. Und lenkte einmal mehr von den militärischen Wurzeln und Zielen der Raumfahrtanstrengungen ab.

"Ich denke, wir hätten keine Menschen im Weltall ohne die militärischen Programme, weil die sündhaft teuer sind",

sagt der Techniksoziologe Johannes Weyer.

"Das Apolloprogramm ist ja im Grunde ein Folgeprogramm dieses militärischen Wettrüstens. Es ist im ja Grunde der Versuch, die Russen zu schlagen, ohne mit ihnen Krieg zu führen."

Jenseits aller politischen Dimensionen ist der Menschheit mit Gagarin ein Schritt gelungen, dessen Symbolkraft fortdauert.

"Das ist so eine mythisch romantische Hoffnung, sich von dieser Erde erheben zu können, dem Alltag fliehen zu können; dass manche Leute da glänzende Augen bekommen, kann ich verstehen, ich selbst würde nie ins Weltall fliegen wollen, dazu bin ich zu risikoscheu."

Einer von 20, die bisher oben waren, hat bei Start, Landung oder während des Fluges sein Leben verloren - eine wenig ermutigende Quote.

Juri Alexejewitsch Gagarin, der gerade 27 Jahre zählte, als ihm die Premiere im Kosmos gelang, wurde in den Jahren nach seinem Flug als sozialistischer Held herumgereicht und mit Orden überhäuft. In einer Raumkapsel ist er nie mehr geflogen, obwohl er gerne wollte. Endlich wieder fliegen durfte der Luftwaffenmajor Gagarin nur die russischen Jagdflugzeuge vom Typ MiG-15. Ein Testflug am 18. März 1968 war sein letzter. Warum er und sein Kopilot die Kontrolle über die Maschine verloren, ist letztlich ungeklärt. Juri Gagarin wurde nur 34 Jahre alt.