Gar nicht komisch

Von Thomas Migge · 12.03.2013
Der Überraschungssieger der italienischen Wahlen, Ex-Komiker Beppe Grillo, und seine Bewegung "Fünf Sterne" wollen nicht mit den Linken koalieren. Stattdessen setzt Grillo auf Neuwahlen. Intellektuelle beschwören Grillo jedoch, sich einer pragmatischen Lösung nicht länger zu verweigern.
In einer immer angespannteren innenpolitischen Situation, ohne die Aussicht auf die Möglichkeit einer Regierungsbildung, scheiden sich die Geister von Intellektuellen, Journalisten und Künstlern an der Person des Ex-Komikers Grillo. In Italiens TV-Talkshows wird, wie hier im privaten Kanal La 7, heftig über die neue politische Bewegung 5 Sterne und ihren Guru gestritten. Aber auch in den Feuilletons der großen italienischen Tageszeitungen.

Den Fans Grillos - darunter auch Popstars wie Adriano Celentano und Eros Ramazzotti und viele Schauspieler und Theaterleute - stehen die Gegner des Ex-Komikers gegenüber: man ist sich spinnefeind.

Gegen Grillo und seine politische Bewegung sprechen sich Schriftsteller wie Dacia Marini und Paolo Giordano aus. Sie finden es ein Unding, dass Grillo in den letzten Tagen Gewalt auf den Straßen heraufbeschwörte, für den Fall, dass eine große Koalition der anderen Parteien ihn und seine Bewegung am Mitregieren hindern würde.

Düstere Aussichten für Italien, so die Initiatoren eines Appells, der seit einigen Tagen für Aufsehen sorgt. Die Verfasser dieses Appells – darunter der Starjournalist Roberto Saviano, der Filmregisseur Ferzan Ozpetek und viele andere Künstler und Intellektuelle – fordern die Linken und Grillo dazu auf, sich doch bitte irgendwie zusammenzuraufen, um das Land wieder regierbar zu machen.

Künstler wie der Dirigent Daniel Barenboim und der Regisseur Mario Martone - auch sie Unterzeichner des Appells - sind entsetzt über Grillos grob vorgetragene Reden, die dann und wann auch antisemitische Beschimpfungen enthalten – wie zum Beispiel gegen den jüdischen Starjournalisten Gad Lerner, der es sich erlaubt hatte, Grillo zu kritisieren. Wie überhaupt die meisten Journalisten Grillo und seiner Bewegung mehr als skeptisch gegenüberstehen. Das gilt auch für den bekannten Philosophen Massimo Cacciari:

"Wir befinden uns in einer schlimmen Krisensituation. Grillo will Italien aus der EU herausholen, es isolieren, er will die Parteien auflösen, die Gewerkschaften und am liebsten würde er auch Zeitungen verbieten. Wie konnte so einer nur so viele Wähler ansprechen?"

Cacciari und viele andere Intellektuelle, die den Appell unterzeichneten, sehen schwarz für ihr Land, denn, so der Philosoph, niemand weiß genau, was Grillo und seine Bewegung mit Italien im Sinn haben.

Grillo will mit keiner anderen Partei koalieren. Weder mit den Linken noch mit Berlusconi. Das bedeutet, dass die politische Situation Italiens blockiert ist. Eine Regierungsmehrheit ist nicht in Aussicht. Die Verfasser des Appells hoffen deshalb auf das Parteivolk der Grillo-Bewegung.

Ein guter Teil der Parteibasis und der Abgeordneten hat sich in Blogs und in Twitter für eine Regierungsnotlösung zusammen mit den Linken ausgesprochen, um wenigstens eine Regierung zusammenzustellen, die einige wichtige Programmpunkte realisiert, wie zum Beispiel ein neues Wahlrecht, das klare Mehrheiten schafft. Von mehr als 100.000 Mitgliedern der Bewegung ist die Rede, die zu so einer Koalition bereit sind.

Doch Beppe Grillo ist entschieden gegen so eine Idee:

"Die Rechten sollen sich doch mit den Linken zusammentun. Die werden ein Land der Ruinen regieren, das sie in den vergangenen Jahren zugrunde gerichtet haben. So eine Regierung würde vielleicht ein Jahr dauern, dann gibt es Neuwahlen und dann endlich kann unsere Bewegung alles von Grund auf verändern."

Eine wie auch immer geartete Koalition mit den Linken ist ein Unding für Grillo. Deshalb hat er bereits damit gedroht, seine eigene Bewegung zu verlassen, sollten sich seine "Grillini", wie er seine Anhänger nennt, gegen sein Verdikt aussprechen. Gleichzeitig macht er Druck gegen jene "Verräter", wie er sie nennt, die eine Annäherung an die Linken suchen.

Dario Fo verteidigt Grillos Position. Der Literaturnobelpreisträger ist der wohl international bekannteste Italiener, der Beppe Grillo offen unterstützt. Für Fo ist Grillo der Ausdruck der Volkswut gegen eine, so der Komiker und Schriftsteller, durch und durch korrupte politische Klasse:

"Grillo hat Recht, wenn er sagt, dass die politische Situation dieses korrupten Landes so paradox ist, dass man ganz neue Medikamente benötigt, um den Patienten zu heilen. Ich stehe voll hinter ihm. Alle anderen Politiker sind unglaubwürdig. Alle."

Die nächsten Tage werden zeigen, wie sich die "Grillini" verhalten werden. Werden sie gegen ihren Guru aufbegehren und eine realpolitische Entscheidung treffen oder aber, ganz orthodox, eine Lösung der schweren italienischen Regierungskrise verhindern?

Aus der italienischen Politik-Komödie der letzten Jahre mit ihren "Bunga Bunga"-Exzessen und einem dumme Witze reißenden Regierungschef und Multimilliardär droht eine griechische Tragödie mit katastrophalem Ausgang zu werden. Es sei denn, so wünschen es sich Berlusconi und Grillo, es werden im Sommer Neuwahlen ausgerufen. Italiens Ober-Populisten versprechen sich viel davon. Jeder hofft auf eine absolute Mehrheit.
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