Fusioniertes SWR Symphonieorchester

Geburt eines Klangkörpers

Die Geigerin Patricia Koptchinskaja und der Dirigent Peter Eötvös mit dem SWR Symphonieorchester am 22.0916 in der Stuttgarter Liederhalle
Die Geigerin Patricia Koptchinskaja und der Dirigent Peter Eötvös mit dem SWR Symphonieorchester am 22.0916 in der Stuttgarter Liederhalle © SWR Symphonieorchester
30.09.2016
Das erste Konzert des neuen SWR Symphonieorchesters nach der Fusion ist ein Bekenntnis zur Moderne. Keine einfache Aufgabe für den ungarischen Komponisten und Dirigenten Peter Eötvös, der in beiden Funktionen zu erleben ist.
Die Vorgeschichte war dramatisch, jetzt aber gilt’s der Kunst selbst: Das SWR Symphonieorchester, hervorgegangen aus einer heiß umkämpften Fusion, gab sein erstes Konzert. Mit einem Programm, das ausschließlich aus Werken des 20. und 21. Jahrhunderts bestand. Am Pult stand Peter Eötvös, ein alter Bekannter.
Die Spannung war groß, alle Augen und vor allem Ohren nach Stuttgart gerichtet. Nach Jahren der kulturpolitischen Debatte um die Orchesterfusion beim Südwestrundfunk war das SWR Symphonieorchester nun zum ersten Mal auf dem Konzertpodium zu erleben. Wie würde es sich anhören, dieses Orchester, das neu ist und zugleich Erbe einer doppelten Tradition? Das Programm jedenfalls machte deutlich, dass der Anspruch auf Zeitgenossenschaft und der Fokus auf die Moderne auch für dieses neue Orchester gelten. Und dafür steht auch der Dirigent dieses Premierenabends: Peter Eötvös ist einer der erfahrendsten Dirigenten für die Musik der Moderne – und er kennt die Musiker des SWR Symphonieorchesters aus früheren Konzerten sehr gut. Die besten Voraussetzungen also für diesen Auftakt zu einer Phase des Zusammenwachsens zweier Klangkörper zu einer neuen Einheit.
Mit dem Adagio aus Gustav Mahlers unvollendeter Sinfonie Nr. 10 und der Suite aus Béla Bartóks "Der wunderbare Mandarin" standen zwei Schlüsselwerke der klassischen Moderne auf dem Programm, von inneren Kämpfen gezeichnet das eine, skandalumtost das andere. Mit seinem Violinkonzert "DoReMi" war der Dirigent des Abends, der Ungar Peter Eötvös, auch als Komponist vertreten, Solistin war die Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Und am Beginn: Fünf "Reflektionen" aus "L’amour de loin", einer Oper der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, die das Sinfonieorchester des SWR vor einigen Jahren auch uraufgeführt hatte. Wer wollte, konnte in dieser sensualistisch gemalten "Fernbeziehung" auch eine Anspielung auf die allmähliche Annäherung der beiden bisherigen Orchester sehen.
Liederhalle Stuttgart
Aufzeichnung vom 22. September 2016
Kaija Saariaho
"Cinq Reflets" aus der Oper "L'amour de loin"
Gustav Mahler
Adagio aus Sinfonie Nr. 10
Peter Eötvös
"DoReMi", Violinkonzert Nr. 2
Béla Bartók
"Der wunderbare Mandarin", Suite op. 19

Pia Freund, Sopran
Russell Braun, Bariton
Patricia Kopatchinskaja, Violine
SWR Symphonieorchester
Leitung: Peter Eötvös