Funke: Märchen enthalten viele schreckliche Wahrheiten

Cornelia Funke im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 27.09.2010
Cornelia Funke fasziniert, wie viel Wahrheit über die menschliche Natur in Märchen steckt. Die Sehnsüchte nach Reichtum, Macht und Rache würden in den Geschichten immer erfüllt. Da werde getötet, in heißen Schuhen getanzt, es würden Augen ausgehackt und vieles mehr.
Joachim Scholl: Das "Time Magazine" zählte Cornelia Funke 2005 zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten – mit zehn Millionen verkauften Büchern weltweit nimmt sie wohl tatsächlich Einfluss gerade auf viele jüngere Leser. Ihr neuestes, gerade erschienenes Buch heißt "Steinernes Fleisch". Es ist der erste Teil der "Reckless"-Romantrilogie und dieser Teil spielt in einer märchenhaften, aber auch gefährlichen Welt, in der Jacob um das Leben seines Bruders Will kämpft. Dieser droht zu versteinern und Jacob kämpft gegen den sogenannten Goyl – das sind Wesen mit Steinhaut - aber auch gegen Feen, Zwerge und viele andere gefährliche und sonderbare Wesen. Meine Kollegin Susanne Burkhardt hat Cornelia Funke am Wochenende in Berlin getroffen und mit ihr über das Buch und die Faszination von Märchenwelten gesprochen.

Susanne Burkhardt: Frau Funke, Sie haben im ersten Teil der "Reckless"-Trilogie viele Motive aus den Grimmschen Märchen eingebaut. Die Helden heißen wie die Brüder Grimm Jacob und Will, kurz für Wilhelm. Wir treffen auf Dornröschen, wir treffen auf Schneewittchen, die Kinder fressende Hexe und viele andere bekannte Märchenmotive. Nun lesen ja heutzutage viele besorgte Eltern ihren Kindern die Grimmschen Märchen gar nicht mehr vor, weil sie sie zu grausam finden. Was hat Sie jetzt gereizt, die zum Teil wirklich brutalen Geschichten für Ihr Buch als Motive zu verwenden?

Cornelia Funke: Die ursprüngliche Idee für das Buch war, eine Märchenwelt zu schildern, in der im Grunde all unsere Märchen Realität sind, und eine Welt, die sich gleichzeitig aber modernisiert, also eine Märchenwelt, die nicht mehr mittelalterlich ist, wie wir das ja kennen, sondern schon im 19. Jahrhundert gelandet ist. Und damit diese Märchenwelt nicht so absolut ja frei und grenzenlos ist und damit so beliebig, hab ich gedacht, na ja, dann mach ich richtig eine Landkarte von Europa zur Basis. Und die Märchenwesen, die vorkommen, kommen immer aus dem jeweiligen Märchenschatz des Landes.

Das heißt, im ersten Teil sind wir so was in Österreich und Ungarn, das heißt, ich hab ungarische Märchen gelesen, slowenische Märchen, österreichische und eben natürlich die Grimmschen Märchen und werde jetzt, für den zweiten Teil lese ich gerade französische Märchen, englische Märchen.

Und mich als Schriftsteller reizte natürlich unheimlich dieses Spiel mit diesen alten Volksmärchen und all den wirklich gewaltigen Bildermotiven, die dadrin stecken, und die ich finde zwar erschreckend, aber absolut unvergesslich sind, und die so vielschichtig sind, dass darin einfach so viel Wahrheit über die menschliche Existenz steckt. Und so wie ich die Reaktion im Moment der Kinder sehe, verstehen die das auch sehr gut und leben das auch.

Burkhardt: Hatten Sie als Kind .Angst..

Funke: ... natürlich! ...

Burkhardt: ... , als Ihnen die Märchen vorgelesen wurden?

Funke: Oh mein Gott ja, dann hab ich immer die auf dieser verkratzten Langspielplatte gehört, und dann dieses furchtbare Märchen mit dem Pferd, dem der Kopf abgeschlagen wird und das ans Tor ...

Burkhardt: ... oh Fallada, da du hangest ...

Funke: ... Fallada, ganz genau! Aber das Verrückte ist eben, sie machen einem Angst, man findet sie teilweise erschreckend. Die Figuren sind überhaupt nicht psychologisiert, das heißt, die bleiben einem relativ fremd, und trotzdem bleiben all diese Bilder unvergesslich. Und das fand ich jetzt, als ich mich mit Märchen mehr beschäftigt hab, so faszinierend zu lesen, warum das denn vielleicht so ist und was da alles so an inneren Wahrheiten dahintersteckt.

Es war auch sehr interessant zu sehen, wie die Märchen sich über die Jahrhunderte geändert haben und auch ganz bewusst manipuliert wurden, um bestimmte Botschaften oder bestimmte Gesellschaftsbilder zu transportieren. Das heißt, das Motiv an sich hat schon so viele Schichten, dass das als Geschichtenerzähler ganz aufregend war.

Burkhardt: Es gibt eine Figur in Ihrem Buch, der Hentzau, das ist der Offizier der Goyl, der sagt an einer Stelle der Geschichte: Die Ammenmärchen gaben der Welt einen Sinn und ein gutes Ende. Ist das der Sinn von Märchen, der Welt ein gutes Ende zu verschaffen?

Funke: Ja, ich glaube, das ist auch ... Die Märchen sind ja oft auch so reaktionär oder Wunscherfüllung. Da wird gerächt also ohne Maß! Da wird totgeschlagen und in heißen Schuhen getanzt und die Augen ausgehackt und was immer. Das heißt, es wird auch wirklich allen niedrigen Gelüsten des Menschen nachgegeben, und die werden alle erfüllt. Also die Sehnsüchte nach Reichtum, die Sehnsüchte nach Macht, die Sehnsüchte nach Rache.

Es ist ja nicht so, dass Märchen in der Hinsicht sehr subtil sind oft. Und gleichzeitig sind da so viele Bilder übers Erwachsenwerden drin, über die Feindschaften in Familien – die Stiefmutter ist ja eigentlich immer die wirkliche Mutter, die da also nur in einem anderen Bild gezeigt wird ... Und das ist so faszinierend zu sehen, wie viel Wahrheit, aber wie viel schreckliche Wahrheiten da auch über die menschliche Natur drinstecken.

Burkhardt: Das heißt, Kinder müssen konfrontiert werden mit diesen Themen: mit Angst, mit ...

Funke: ... nicht Kinder müssen, Kinder wollen damit konfrontiert werden, Kinder wollen das alles erfahren. Die Sache ist natürlich die, dass ich bei diesem Buch zum Beispiel immer gesagt hab, na ja, also bevor ihr zwölf seid, überlegt euch, ob ihr das schon anfasst. Das Gute ist natürlich bei dem Buch: Wenn Kinder merken, das ist ihnen zu viel, dann machen sie es zu. Es ist nicht wie in einem Film, wo die drin sitzen und dann sitzen sie da auch zwei Stunden und danach haben sie Albträume.

Ich weiß jetzt schon, dass viele Jüngere das Buch trotzdem lesen werden. Aber ich denke mir, die meisten machen es zu, wenn sie merken, das ist ihnen zu viel. Ich habe sogar schon von Kindern gehört, denen macht schon der Umschlag Angst, und das fassen die noch gar nicht an. Wunderbar!

Burkhardt: Sind denn die Eltern heutzutage zu verweichlicht oder zu vorsichtig mit ihren Kindern, dass Märchen kaum noch vorgelesen werden?

Funke: Nein, ich glaube meine Kinder wollten auch keine Märchen hören, die fanden das furchtbar. Das hat die auch teilweise gelangweilt. Also deswegen ist es natürlich jetzt auch so, dass ich natürlich Märchen auch in einer anderen Form bearbeitet habe, und wir denken im Moment mit einigen Verlegern darüber nach, parallel Märchenausgaben zu machen. Aber die Sache ist die, ob den Kindern da der Zugang zu noch gelingt. Das ist eine andere Sache, das weiß ich nicht.

Generell ist es ja so, dass Kinder das Leben viel ernster nehmen als wir, dass sie auch die Fragen noch stellen, die großen Fragen: Was ist der Tod? Warum sterben wir? Was bedeutet das Leben? Hat das alles einen Sinn? All diese Fragen sind denen ja noch so wichtig, wie sie ja auch eigentlich sind, während wir ja oft so in unserem Alltagstrott und in unserer Verfestigung unserer eigenen Person stecken, dass wir das überhaupt nicht mehr fragen.

Das andere ist, dass Kinder noch Gestaltwandler sind, das heißt, die können sich ohne Probleme vorstellen, dass der Hund, der da gerade durch den Raum ist, sie selber sind. Erwachsene denken ja immer mehr, sie sind nur sie selber, was ja die idiotischste Illusion ist, aber sie glauben es ja immer noch. Und bei Kindern hat man noch dieses Wunderbare, dass sie wissen, dass wir eigentlich alle alle sind, wo dann in den Märchen ja auch diese ganzen Gestaltwandlermotive so wunderbar drin sind.

Burkhardt: Das greifen Sie ja auch auf mit der Figur des Fuchses in Ihrem Buch ...

Funke: ... wo ich auch schon überall höre, ja das Lieblingsmotiv, du musst mehr Fuchs, ja bitte, bitte, Fuchs muss viel größer noch werden im zweiten Teil und ... Was natürlich auch passieren wird, aber das war faszinierend zu sehen.

Burkhardt: Also Sie geben dem dann nach auch, wenn Sie hören ...

Funke: Nein, das wird sowieso, das war geplant so. Aber es war wunderbar zu hören, dass der Wunsch auch wirklich genau der ist. Das heißt, das war auch immer meine Lieblingsfigur, und dann zu hören, dass das auch beim Leser so ist, das ist natürlich wunderbar.

Burkhardt: Das ist der Fuchs, der sich verwandeln kann in ein Mädchen und ...

Funke: ... genau, das ist das Mädchen, das sich in einen Fuchs verwandeln kann ...

Burkhardt: ... ein Mädchen, das sich ein Schutzfell sozusagen zugelegt hat, weil es sich auch wohler fühlt in der Figur des Fuchses.

Funke: Ja, ja. Und was natürlich interessant war – ich hab von meiner japanischen Verlegerin gerade gehört, dass der Fuchs ja im Japanischen das Symbol für die Frau ist –, und es ist immer interessant, wenn man ganz unbewusst und ungewollt so etwas benutzt.

Burkhardt: Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit der Bestsellerautorin Cornelia Funke. Frau Funke, in Grimms Märchen sind die weiblichen Figuren oft schwach und schutzbedürftig und ihrem Schicksal ausgeliefert. Bei Ihnen verlässt Schneewittchen ihren Prinz, schnappt sich einen Zwerg, kein Prinz schafft es, Dornröschen zu wecken, das inzwischen verwest ist.

Man könnte fast den Eindruck haben, als wollten Sie uns Frauen und den Mädchen jetzt so eine späte Gerechtigkeit widerfahren lassen, indem Sie die Märchen verändern oder starke Frauen in Ihre Geschichten einbauen wie zum Beispiel die Gestaltwandlerin Fuchs oder das Mädchen Clara, die alles andere als ängstliche, schutzbedürftige Wesen sind. Ist Ihre Version der Märchen also so eine Art feministische Zurechtrückung der Original-Grimm-Version?

Funke: Das Verrückte ist ja, die Grimms sind ja nicht das Original, das Original war ja genau so.

Burkhardt: Oder der bearbeiteten Grimm-Version?

Funke: Ja, das ist nämlich, also wenn man das erste Rotkäppchen liest, dann hat man ein Mädchen, das keineswegs so dumm und eitel ist, mit einem kleinen roten Käppchen in den Wald zu marschieren und dem ersten Wolf zum Opfer zu fallen, sondern das trifft einen Werwolf im Wald mit einem wunderbaren Anzug an, der sagt: Willst du den Pfad der Nadeln oder den der Nähnadeln gehen? Was so ungefähr heißt: Willst du Mädchen oder Frau sein? Und da geht das dann so weit, dass sie nachher ihre gekochte Großmutter isst und dann schließlich von drei Frauen gerettet wird, aber keineswegs vom Jäger.

Das heißt, die ältesten Jäger sind noch mit sehr, sehr starken Frauenfiguren ausgestattet, und dann haben schon Charles Perrault in Frankreich und dann später die Grimms ordentlich rumgebastelt, um aus uns diese sehr wartenden, sehr seufzenden, sehr nichtstuenden Frauen zu machen. Und das war sehr interessant, das zu sehen und zu sagen, na gut also, dann versuchen wir jetzt doch mal ein bisschen zu drehen und zu spielen.

Burkhardt: Das heißt, Sie leisten so eine Art Wiedergutmachung für uns Frauen?

Funke: Ja, oder einfach auch, was wir ja Gott sei Dank jetzt doch schon so ein bisschen geschafft haben, uns von diesen allzu bürgerlichen Banden wieder etwas zu befreien.

Burkhardt: Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, Jugendliche mit diesen Gefühlen, die wir ja auch angesprochen haben, mit Ohnmacht, mit Eifersucht, mit Liebe und Tod in Berührung zu bringen, und weiter gefragt: Wieso werden diese Gefühle bei Ihnen in einer fiktiven Welt erlebt und nicht im Alltag?

Funke: Ich glaube – also das ist nicht so ganz einfach, die Antwort –, also einmal glaube ich, dass man die nicht in Berührung damit bringen muss, weil die kennen die Gefühle ja alle, ich meine selbst Kinder verlieben sich oder nehmen das oft auch sehr, sehr ernst. Und Teenager sowieso, das heißt, da ist es ja noch ein viel größeres Drama alles. Ich glaube, dass wir alle geprägt sind von unseren, von Liebe, von Verlust, von Eifersucht, und dass das alles Gefühle sind, die eigentlich sogar unser Leben viel mehr definieren als die Realität.

Das andere ist: Sie in einer fantastischen Welt darzustellen, finde ich, hat immer den Vorteil, dass man sie dadurch so aus dem Vertrauten, Alltäglichen rausnimmt und dadurch wieder deutlicher sichtbar macht. Denn in dem Moment, wo wir so unsere alltäglichen Rituale sehen, ist es immer so ganz schnell dieses: Ja, ja, das kennt man ja. Aber was heißt, man sieht es nicht wirklich neu an. Und fantastische Welten haben den Vorteil, dass man mit viel mehr Bildern spielen kann, und dass man sie quasi in ein Kostüm kleidet und dadurch wieder als was ganz Fremdes erscheinen lässt.

Meine Helden kommen ja aus unserer Welt, das heißt, sie sind ja modern auch in ihren Gefühlen, und stoßen dann auf diese antiquiertere Welt. Was interessant ist, aber ich denke einem dann auch wieder bewusster macht, was wir so alles mit unseren Gefühlen tun.

Burkhardt: Können Sie sich erklären, warum auch Erwachsene so fasziniert sind von diesen fiktionalen Welten?

Funke: Ich glaube, dass es eine unglaubliche Fähigkeit des Menschen ist, durch seine Vorstellungskraft die derzeitige sogenannte Realität infrage zu stellen und andere Welten zu erschaffen oder sich in andere Häute zu kleiden, dass wir aber fast schon inzwischen ein Verbot haben, das zu tun. Das heißt, je erwachsener man wird, desto weniger darf man das. Man darf sich nicht mehr vorstellen, dass einem Flügel wachsen, man sollte sich nicht mehr vorstellen, dass man als Hund durch den Raum laufen kann. Warum?

Das heißt, der einzige Grund kann der sein, dass man dann angepasster ist, wenn man das nicht tut. Und deswegen halte ich fantastische Literatur für extremstens befreiend und auch sehr politisch, weil sie einen infrage stellen lässt, was einen umgibt, und sagt, ja Moment mal, die sagen einem jetzt alle, das muss so sein, aber das ist ja vollkommen idiotisch, wir könnten das ja auch ganz anders machen.

Burkhardt: Es gibt eine ganze Generation von Kindern, die mit Cornelia Funke aufwächst. Wie kommen Sie mit den ganzen von Ihnen erschaffenen Figuren im Leben klar: Sprotte, Fred, Wilma, Mo, Resa, Meggie, Jacob und, und, und, und, und. Die meisten von ihnen tauchen auch noch in Filmen auf, in ganzen Serien von Filmen. Also eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen ist nachhaltig geprägt. Verfolgt Sie das manchmal, dieser ganze Kosmos an Figuren, oder können Sie das dann, wenn so ein Ding zu Ende ist, so ein Buch zu Ende geschrieben ist oder ein Film rausgebracht, können Sie das dann abschließen?

Funke: Absolut. Das ist ja das Wunderbare, man hat die erschaffen – oder zumindest man hat von ihnen erzählt, ob man sie erschaffen hat, ist noch so eine andere Sache, aber dann gehen die ja auch wieder ihrer Wege.

Burkhardt: Aber Sie werden ja immer wieder konfrontiert. Auf jeder Lesung, überall kommen die Kinder und sagen, hach das Buch ...

Funke: Das ist richtig, was natürlich dann wunderbar ist, das ist, als wenn man von alten Freunden erzählt bekommt. Das heißt, erinnerst du dich noch, und der macht jetzt gerade dies und der macht gerade das. Aber es ist nicht so, dass man dann in dem Moment das Gefühl hat, man muss sich mit denen wieder beschäftigen. Das gibt ein großes Gefühl von Befriedigung, dass die alle noch so lebendig sind.

Burkhardt: Aber Sie haben sie auch noch präsent, also ich meine, können Sie die Geschichten nacherzählen alle?

Funke: Nein, das könnte ich nicht, aber die Figuren habe ich präsent!

Burkhardt: Der erste Teil, Frau Funke, von "Reckless" erschien in zwölf Sprachen. Das Buch entstand gemeinsam mit dem "Harry Potter"-Filmeproduzenten Lionel Wigram und ist wie die "Tintenwelt" eine Trilogie. So ein bisschen liegt da der Verdacht nahe, Sie hätten schon gleich darauf spekuliert, da eine Fortsetzung schreiben zu können und vielleicht auch einen Film dazu zu machen. Spielt denn der kommerzielle Gedanke beim Schreiben irgendeine Rolle?

Funke: Nein, warum? Also das, der Spaß. Ich brauche mir ja über Kommerzielles Gott sei Dank keine Gedanken mehr zu machen, ich könnte mich ja heute zur Ruhe setzen. Das heißt, das ist einfach, für mich ist es nur der Spaß. Das heißt, seit der "Tintenwelt" kenne ich den Spaß, dass eine Geschichte sich auf mehr als ein Buch beschränkt. Das ist einfach, man kommt viel weiter mit den Charakteren, man kann die Geschichte viel tiefer entwickeln, es ist einfach ein viel größerer Spaß, als eine einzige Geschichte zu erzählen.

Was den Film betrifft, so war es ja ein Zufall, dass Lionel und ich anfingen, am Buch zusammenzuarbeiten, wir hatten ja eigentlich an einem Drehbuch gearbeitet. Und für ihn war das ja eine unglaubliche Befreiung. Das heißt, plötzlich stellte er fest, oh mein Gott, ich muss mir übers Budget keine Gedanken machen, ich muss nicht nachdenken, welcher von der A-Liste vielleicht den Hauptcharakter spielt, wir dürfen auch Sets entwickeln, die vielleicht niemand bezahlen kann, weil wir schreiben ja ein Buch.

Und was er sagte, was für ihn das Berührendste war, war zu sehen, wie die Kinder mir Fragen zu alten Büchern stellten und wie die jedem Charakter folgten. Und er sagt halt, du sagst dir als Filmmensch schon, kannst du jemals jemanden so berühren, wie du es mit einem Buch tust? Aber für uns ist der Moment das ... Ich habe immer gesagt, pass auf, du wirst es sehen, jeder wird sagen, wir haben das nur für den Film gemacht. Natürlich wird er versuchen, daraus einen Film zu machen, mein Gott, er ist ein leidenschaftlicher Filmmensch. Aber erstmal sind wir unglaublich aufregend, dass wir es wirklich geschafft haben, zusammen ein Buch zu schreiben.

Burkhardt: Sie haben es gerade gesagt, Frau Funke, finanziell haben Sie das alles gar nicht mehr nötig, Sie sind extrem erfolgreich als Autorin, Sie haben das Buch illustriert. Ich hab mich gefragt, gibt es eigentlich irgendetwas, was Sie gerne noch könnten? Ich meine, Sie können toll schreiben, Sie können toll malen, was wäre das?

Funke: Ja, ich möchte einen Flugschein machen, ich möchte endlich Pilot sein. Das ist mein nächster Plan, mal sehen, ob ich das schaffe!

Burkhardt: Dann wünsche ich viel Glück dabei!

Funke: Danke schön!
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