Front National

Le Pen von der eigenen Tochter suspendiert

Jean-Marie Le Pen fährt zur Sitzung des Politbüros vor. Er blickt ernst.
Jean-Marie Le Pen fährt zur Sitzung des Politbüros vor. © Lejeune, dpa picture-alliance
04.05.2015
Die rechtsextreme Partei Front National (FN) hat die Mitgliedschaft ihres Gründers Jean Marie le Pen ausgesetzt. Das Exekutivkomitee zog damit die Konsequenzen aus erneuten Entgleisungen des 86-Jährigen. Auch die Ehrenpräsidentschaft soll ihm entzogen werden. Dieser verurteilte das Vorgehen als Treuebruch seiner Tochter Marine.
Zur Sitzung des Politbüros war Jean-Marie le Pen noch vorgefahren, in staatstragender Limousine französischer Bauart. Keine zwölf Stunden später musste der Gründer des Front National hinnehmen, dass seine Mitgliedschaft suspendiert wurde, bis ein außerordentlicher Kongress der Partei getagt hat, das soll binnen drei Monaten geschehen. Auf diesem Kongress will sich der Front National neue, modernere Statuten geben und auch die Position des Ehrenpräsidenten abschaffen – der bis jetzt Jean-Marie le Pen hieß.
Unter seiner Würde
An der entscheidenden Sitzung des Exekutivbüros hatte der Parteigründer nicht mehr teilgenommen. Vor einem Disziplinargremium zu erscheinen, sei unter der Würde eines Gründungspräsidenten des "Front National" , zumal er sich unschuldig fühle und nur das tue, wofür ein Parlamentarier bezahlt werde, nämlich zu reden, sagte der Mann, der 1972 die Partei gegründet hatte und der von jeher die Schoah und die Nazi-Kollaboration des Vichy Regimes verharmlost und mit antisemitischen Bemerkungen die Justiz beschäftigt hat.
Tochter versus Vater
Ein Interview in einer rechten Postille im April hatte den Geduldsfaden der Tochter reißen lassen. Marine le Pen setzt alles daran, auf dem Weg zu den Präsidentschaftswahlen 2017 den extremistischen Bodensatz der Partei zu überdecken. Die jüngsten Äußerungen des Vaters über Judenvernichtung und deutsche Besatzungszeit veranlassten Marine le Pen im April, ihrem Vater das Ende seiner politischen Karriere nahezulegen und das nun vollzogene Disziplinarverfahren einzuleiten.
Aber Jean-Marie le Pen wollte die Szene nicht räumen und schon gar nicht gebeugt. Als sein Wagen das Parteigelände in Nanterre bei Paris verließ, erklärte er noch:
"Wir sind keine sowjetische Partei. Man ist nicht bei allen Themen zu einheitlichem Denken verpflichtet."
Historische Entscheidung
Er habe viel Unterstützung erfahren im Politbüro, andere hätten ihn verleugnet, Manchen schockiere eben seine Art, offen zu reden. Aber er habe nie im Namen der Partei gesprochen und es reiche ihm auch künftig, als Jean-Marie le Pen zu sprechen. Mit der in Frankreich als "historisch" bewerteten Entscheidung wird dem Parteigründer nun auch nichts anderes übrig bleiben. Zuvor hatte das Politbüro des FN mitgeteilt, es gelte die politische Linie von Marine le Pen.
Von seiner Mitgliedschaft in der Partei suspendiert ist Jean-Marie le Pen gleichwohl gewählter Abgeordneter in der Region Provence-Alpes- Côtes d'Azur, eine neuerliche Kandidatur im Dezember hatte Parteichefin Marine le Pen bereits vereitelt. Sein Mandat im Europaparlament läuft bis 2019.
Premierminister Manuel Valls erklärte, der Front National sei zwar zerstritten, aber die Zitat "widerlichen" Thesen blieben Konsens in der Partei der le Pens.
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