Freispruch für serbischen Nationalisten

"Keine gute Meinung über das Haager Tribunal"

Vojislav Seselj
Vojislav Seselj, Chef der Serbischen Radikalen Partei (SRS). © dpa / Toskich Osana
31.03.2016
Der serbische Ultranationalist Vojislav Seselj stand als Kriegsverbrecher in Den Haag vor Gericht - und ist jetzt freigesprochen worden. In Serbien schlage das Urteil keine hohen Wellen, sagt die Journalistin Vera Konjovic. Ihre Landsleute hätten andere Sorgen.
Freispruch für Vojislav Seselj. 2003 wurde der serbische Ultranationalist vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstößen gegen Kriegsgesetze und -bräuche angeklagt. Er soll für den Tod Tausender mitverantwortlich sein.
Seselj, selbst Jurist, hatte keine Gelegenheit ausgelassen, das Tribunal in Den Haag zu verunglimpfen und Chefanklägerin Carla Del Ponte zu beleidigen. Das Urteil der Richter stößt vielfach auf Unverständnis. Wie wird es in Serbien aufgenommen?

Die Serben haben andere Sorgen

"In Serbien hat man keine gute Meinung über das Tribunal", sagt die serbische Journalistin und Übersetzerin Vera Konjovic. Und der Freispruch bestätige die schlechte Meinung ihrer Landsleute. "Bis heute haben wir sehr selten etwas von dort gehört, das in Ordnung war." Abgesehen davon hätten die Serben das Gerichtsverfahren nicht sehr aufmerksam verfolgt.
"Die Menschen haben derzeit anderen Sorgen. Bei uns ist die Stimmung eher gedrückt, aber aus anderen Gründen. Ökonomisches beschäftigt die Menschen und die Migrantenkrise." Seselj mache viel Krach mit seiner kleinen Serbische Radikalen Partei (SRS), die wenig Einfluss habe. Und der Krieg sei lange her, es gebe kaum noch Menschen, die sich intensiv damit beschäftigen.

Die jungen Intellektuellen gehen

Natürlich gebe es Leute, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzten. Doch die junge Generation sei größtenteils nicht sehr an Politik interessiert. Vera Konjovic bedauert:
"Wir haben ein großes Problem mit der intellektuellen Jugend, die alle ins Ausland gehen. Diese Leute, die wir brauchen und die etwas bewegen könnten - die sind nicht mehr in Serbien... Das ist, meiner Meinung nach, das größte Problem Serbiens."
Eine Sache dagegen beunruhige und beschäftige viele Serben: Die bislang nur marginale Rolle der SRS könnte sich verändern: den Wahlen am 24. April könnte es Seseljs Partei ins Parlament schaffen.
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