Freihandelsabkommen

Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer von TTIP?

Ein Zuhörer einer Europawahlkampfveranstaltung der SPD protestiert in Nürnberg (Bayern) mit einem Plakat mit der Aufschrift "Stoppen Sie TTIP" gegen das geplante EU-US-Freihandelsabkommen TTIP.
Der Widerstand gegen TTIP, das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA, wächst. © Picture Alliance / dpa / Daniel Karmann
Gäste: Prof. Dr. Christian Tietje / Leiter der Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht an der Universität Halle – und Sven Giegold, Mitglied der Grünen im EU-Parlament · 14.06.2014
Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union sorgt europaweit für heftige Kontroversen. Die Befürworter preisen die Vorteile, Kritiker warnen vor der Aushebelung von Umwelt- und Verbraucherstandards.
Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union – die "Transatlantic Trade and Investment Partnership", kurz TTIP –, sorgt europaweit für heftige Kontroversen. Die Befürworter preisen die Vorteile, die der freie Handel Unternehmen und Verbrauchern bringen soll, unter anderem durch fallende Handelshemmnisse. Kritiker warnen vor der Aushebelung von Umwelt- und Verbraucherstandards, vor Gen Food und Chlorhühnchen, der Aushöhlung des Rechtsstaates und vor dem Ausverkauf der Kultur.
Sind die Ängste der Kritiker berechtigt?
Wo liegen Pro & Contra?
"Ich warne vor Freihandelsbesoffenheit!", sagt Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament und Mitbegründer der globalisierungskritischen Bewegung Attac. "Es geht ja nicht darum, dass wir die verbleibenden Zölle senken, sondern es geht darum, die Standards, nach denen Produkte und Dienstleistungen auf die beiden Märkte kommen, in Amerika und in Europa zu harmonisieren. Da geht es um Agrarprodukte, Gentechnik, da geht es darum, ob Chemikalien in Zukunft in Europa zugelassen werden, wenn sie in den USA zugelassen sind, obwohl wir hier mit anderen Maßstäben handeln."
Es drohe ein "Unterbietungswettbewerb bei Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz." Der Grünen-Politiker befürchtet zudem eine "Entdemokratisierung": "Das Abkommen wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, wichtige Dokumente sind nicht öffentlich und das Parlament kann am Ende zu einem möglichen Verhandlungsergebnis nur noch Ja oder Nein sagen."
"Es wird – ganz egal wie das Abkommen aussehen wird – nie ein Chlorhühnchen auf europäischen Märkten geben, solange wir es nicht wollen", sagt Prof. Dr. Christian Tietje, Leiter der Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht an der Universität Halle. Themen wie Gen Food und eine Chlorbehandlung vom Fleisch kollidierten mit fundamentalen Positionen der EU, "so etwas wird es nicht geben."
Der Wirtschaftsjurist gehört zu den Befürwortern des Freihandelsabkommens: Wenn sich Staaten entschieden, ihre Zusammenarbeit auf eine rechtliche Basis zu stellen, sei dies "schon etwas Positives und auf multilateraler Ebene ein Fortschritt."
Die massive Kritik an TTIP verwundert ihn; letztlich reihe es sich ein in die Liste anderer bereits bestehender Abkommen, wie das "Ceta"-Abkommen mit Kanada: "Was mit Kanada geregelt wurde, steht zu 90 bis 95 Prozent auch in dem Abkommen mit den USA. Auch `Ceta´ beinhaltet einen Investitionsschutz, eine Schiedsgerichtsklausel, die gegenseitige Anerkennung von technischen Standards."
Die Frage sei eher, ob ein solches Abkommen angesichts des globalisierten Welthandels noch wirksam und für die Unternehmen in der Praxis anwendbar sein könne.
Seine Befürchtung: "Wir schaffen uns möglicherweise ein Recht, dass zu komplex und zu teuer ist."
Das Freihandelsabkommen TTIP – Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer?
Darüber spricht Dieter Kassel heute von 9:05 bis 11 Uhr mit Christian Tietje und Sven Giegold. Hörerinnen und Hörer können Fragen rund um das Freihandelsabkommen stellen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de.