Freihandelsabkommen

    Kultur als Ware?

    Demonstranten halten am 17.05.2014 in Hamburg bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU auf dem Hamburger Fischmarkt ein Plakat mit der Aufschrift "Stoppen Sie TTIP" in die Höhe.
    Demonstranten halten in Hamburg bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU auf dem Hamburger Fischmarkt ein Plakat mit der Aufschrift "Stoppen Sie TTIP" in die Höhe. © dpa/ picture alliance / Axel Heimken
    19.05.2014
    In Washington hat die fünfte Runde der Gespräche über das Freihandelsabkommen TTIP begonnen. Nicht nur Verbraucherschützer, auch Kulturschaffende befürchten erhebliche Nachteile durch den geplanten Handelsvertrag.
    Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, sieht gar die kulturelle Vielfalt in Deutschland und Europa durch TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) bedroht. Dabei sei gerade diese Vielfalt ein Innovationsmotor. Man könne sie nur bewahren, wenn man Großunternehmen wie Google oder Amazon nicht freie Hand auf dem europäischen Markt lasse.
    Als Beispiel für den drohenden Verlust der kulturellen Vielfalt nannte Zimmermann im Deutschlandfunk die Buchpreisbindung. Diese sorge dafür, dass auch kleine Verlage auf dem Markt eine Chance hätten, aber eben auch nicht-marktgängige Titel ihr Glück versuchen können. Mit TTIP wäre diese "Buchsonderstellung" mit einem Mal illegal, da sie ja den Marktzugang amerikanischer Unternehmen behindern würde.
    Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, befürchtet im Gespräch mit dem Deutschlandradio Kultur gar, dass mit dem Wegfall der Buchpreisbindung auch die traditionellen Buchläden verschwinden würden.
    Das Foto zeigt Bücher auf einem Ramschtisch.
    Kleine Buchläden könnten in Gefahr geraten.© dpa/Robert B. Fishman
    Stadttheater vor dem Aus?
    Auch staatliche Subventionen für Kultureinrichtungen wie Theater oder die Filmförderung sind nach dem Freihandelsabkommen in Gefahr, glaubt Zimmermann, denn die Förderung bedeute ja eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber rein kommerziellen Theatern. Doch gerade die staatliche Kulturförderung sei notwendig für eine kulturell vielfältige Landschaft, so Zimmermann im Deutschlandfunk:
    "Die europäische Art, wie man mit Kulturfinanzierung umgeht, hat uns auch da wieder eine solche Vielfalt an Strukturen geschaffen, von der die Amerikaner nur träumen können".
    Der Deutsche Kulturrat, aber auch Organisationen wie attac oder die Akademie der Künste fordern, eine "kulturelle Ausnahme" im Freihandelsabkommen festzuschreiben. Auch Frankreich fordert eine solche Ausnahme. Dabei ist der Druck von Seiten der USA auf die Verhandlungen enorm, denn Kultur ist nach der Luftfahrtbranche der größte Exportschlager des Landes, berichtet unser Kulturkorrespondent Jürgen König.
    EU-Handelskommissar Karel de Gucht und der US-Handelsbeauftragte Michael Froman hätten zwar abgewiegelt, dass die Kultur bei den Verhandlungen keine große Rolle spielen würde, berichtet Maria Ossowski. Doch das beruhigt die Kritiker nicht, denn insgesamt seien die Verhandlungen von Intransparenz geprägt. Und die Angst vor dem Verlust kultureller Identität bleibt trotz aller Beteuerungen seitens der Verhandelnden bestehen.

    Programmtipp: Hintergründe zu dem geplanten Freihandelsabkommen hören Sie heute Abend um 19.30 Uhr in der Sendung Zeitfragen: "Mehr Einfluss für die Konzerne?" - dieser Frage geht Caspar Dohmen nach.

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