Franz Schubert

"Bin Freund, und komme nicht, zu strafen"

Franz Schubert
Franz Schubert (1797−1828), undatierte zeitgenössische Darstellung © dpa / picture alliance /
Gast: Peter Gülke, Moderation: Michael Dasche · 20.04.2014
Das Quartett mit dem Beinamen "Der Tod und das Mädchen" nimmt Bezug auf Schuberts gleichnamiges Lied, das die existenzielle Erfahrung der Allgegenwart von Krankheit und Tod in seinem Lebensumfeld aufgreift.
"Ich fühle mich als den unglücklichsten, elendsten Menschen auf der Welt, jede Nacht, wenn ich schlafen geh, hoff ich, nicht mehr zu erwachen."
Mit diesem Klageruf wandte sich Franz Schubert am 31. März 1824 an den Malerfreund Leopold Kuppelwieser. Da hatte er gerade sein Streichquartett in a-Moll beendet und sogar die recht erfolgreiche Wiener Uraufführung des Werks durch das angesehene Schuppanzig-Quartett erleben können. Dass Schubert in seinem Brief dennoch das in der Romantik so verbreitete Motiv des Todesschlafs bemühte, dürfte denn auch im Zusammenhang mit dem sich unmittelbar anschließenden Werk, mit dem Streichquartett in d-moll, stehen. Es trägt zu Recht den Beinamen "Der Tod und das Mädchen" – nimmt es doch in mehrfacher Hinsicht, nicht nur in einem Variationen-Satz, Bezug auf das gleichnamige Lied, auf Schuberts Vertonung eines Textes von Matthias Claudius aus dem Jahr 1817.
Das d-Moll-Quartett ist nicht der einzige Fall, dass Schubert in seinen reifen Werken auf früher komponierte Lieder zurückgreift. Solcherart "Einkreisung der eigenen Identität" (Peter Gülke) gehörte zu seiner kompositorischen Reifung. Das Beispiel des Quartetts steht für die generelle Tendenz, auch das instrumentale Werk mit lyrisch-poetischen, mit liedhaften Elementen zu durchdringen. Und zwar nicht um ihrer selbst willen, sondern vor allem, um einen Schubert adäquaten Zugang zu den im instrumentalen Bereich beheimateten großen Formen zu gewinnen.
Wenn Schubert die eigene Liedkomposition "Der Tod und das Mädchen" zum ideelichen Kern des Quartetts machte, so gab es dafür zunächst schwerwiegende inhaltliche Gründe: etwa die existenzielle Erfahrung der Allgegenwart von Krankheit und Tod in seinem Lebensumfeld. Zum anderen bot sich gerade dieses Lied aufgrund seiner dialogischen Struktur dazu an, im Maßstab zyklischer Dramaturgie instrumental entfaltet zu werden.
Das geschieht in dem von ausgesprochenen Kontrastthemen beherrschten Kopfsatz ebenso wie in dem namensgebenden Variationen-Satz, in dem von einem drastischen "Passus duriusculus" geprägten Scherzo wie in der finalen Totentanz-Tarantella.
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