Frank Zander

Gänsebraten, Geschenke und Gitarrenmusik

Sänger Frank Zander während seines traditionellen Weihnachtsessens 2013 in Berlin.
Sänger Frank Zander während seines traditionellen Weihnachtsessens 2013 in Berlin. © picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen
Von Elmar Krämer  · 22.12.2014
Viele kennen Frank Zander vor allem als den Sänger mit der rauen Stimme. In Berlin ist der gebürtige Neuköllner aber auch für sein soziales Engagement bekannt. Seit 20 Jahren organisieren Franz Zander und sein Team für Obdachlose ein großes Weihnachtsfest.
Einmal im Jahr, immer in der Weihnachtszeit, bietet sich ein ungewöhnlicher Anblick vor dem Hotel Estrel in Berlin: Wo sonst Geschäftsleute mit Aktenköfferchen und Touristen mit Rucksäcken flanieren, warten an diesem Tag Menschen auf Einlass, deren Gesichter ganz andere Geschichten erzählen, Obdachlose, eingeladen von Frank Zander.
Frank Zander steht in Winterjacke und mit einem Schal um den Hals im Eingangsbereich und begrüßt jeden seiner rund 3000 Gäste per Handschlag. Das ist anstrengend, gehört sich aber so, sagt der Berliner.
"Das lass ich mir auch nicht nehmen, weil ich in die Gesichter gucke. Und da sehe ich diese verratzten Hände, Gesichter und Stimmen – das sind wirklich arme Menschen. Am Anfang kommen mindestens hundert in Rollstühlen. Und wenn du das siehst, meine Fresse! Das geht richtig nah."
Rosinenbomber und Schokolade
Zander ist ein waschechter Berliner. 1942, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Neukölln geboren, wird er in der Nachkriegszeit groß. Er erinnert sich an die Rosinenbomber, die über das Haus flogen und an die Schokolade, die hin und wieder für die Kinder abgeworfen wurde, positive Erinnerungen an eine harte Zeit.
"Also, die Jugend im Kopf war eigentlich ganz sonnig. Meine Oma hatte ein Milchgeschäft am Karl-Marx-Platz 17 und ich war der kleine Stippie und hab ab und zu mal einen Bonbon gekriegt. Ansonsten hab ich alles mitgemacht, was Kinder in dem Alter machen. Dann kam die Musik. Die war stärker als die Schule und dann wurde es in der Schule immer schlechter, aber die Musik wurde besser. Man muss nur etwas machen, was einen bewegt und was Spaß macht, dann wird man auch jedes Hindernis überwinden."
Kurz vor dem Abitur bricht er die Schule ab, fängt eine Grafikerlehre an. Die bricht er auch ab, als es mit seiner Band, den "Gloomy Moon Singers" bergauf geht. Sie werden nach Spanien eingeladen, touren und spielen überall, wo man sie spielen lässt. Zander ist Mitte 20 und setzt voll auf die Musik, als die Band ein Engagement im Schwabinger Hof in Mannheim hat.

"Jeden Abend ab ein Uhr nachts bis fünf Uhr und dann war meine Stimme weg, ich musste aber weitermachen und dann hab ich gedrückt und hab mir Spritzen geben lassen und unnötige Tabletten und dann war sie ganz weg. Dann war Ende, musste ich aussteigen und da sagte auch der Hals-Nasen-Ohrenarzt zu mir: ´Herr Zander, sie müssen jetzt wirklich mal die Fresse halten, ich sag ihnen das.` Dann hab ich mir die Mandeln rausnehmen lassen und dann hat das so langsam wieder Stimme angenommen aber das ist so geblieben so heiser. Also im Grunde ging die Stimme weg, aber die Kariere dann wieder aufwärts."
Die Stimme wird sein Markenzeichen
Natürlich hört er nicht mit der Musik auf, im Gegenteil: Die Stimme wird sein Markenzeichen und Zander macht Solo weiter. Musikalisch wandelt er jahrzehntelang zwischen den Genres, macht alles wonach ihm der Sinn steht, von augenzwinkerndem Mitschunkel-Schlager, bis zu rammsteinartigem Gitarrenrock. Einer seiner größten Hits ist wohl: "Hier kommt Kurt".

Auch mit 72 hat Frank Zander sich einen fast schon kindlichen Spieltrieb bewahrt. Er ist offen für alles, er hat moderiert, Asterix synchronisiert und auch die Pinsel und Stifte hat er nie ganz aus der Hand gelegt:
"Ich gehe einfach mal rauf nachts, wenn ich Lust habe und dann fällt mir was ein, ich träume davon, ich sach, Mensch, ich hatte diese Farbe oder so, ich muss das mal machen und dann mal ich so zwei drei Stunden und dann gehe ich wieder ins Bett, kann dann natürlich nicht um acht Uhr aufstehen, klar."
Seit 1968 ist Zander verheiratet mit seiner Frau Evy. Sie wohnen auf Ibiza und in zwei großen und unglaublich verwinkelten Wohnungen nebeneinander in einem ganz normalen Berliner Mietshaus im Zentrum des alten West-Berlin.
Auf dem Dachboden hat er sein Atelier
Kann man schwer unterscheiden, wo gewohnt wird und wo gearbeitet wird. Auf dem Dachboden hat Zander sein Atelier und seine Gitarren, sein Refugium, in dem er neue Ideen entwickelt. Derzeit arbeite er an einer comicartigen Fisch-Bilderserie, die als Kalender und Buch erscheinen. Aber auch pointilistische Landschaftsgemälde und Stadtansichten in Max-Ernst-Manier stehen in seinem Atelier auf den Staffeleien.
"Ich kenne nur eins nicht, das ist Langeweile. Es ist immer irgendwo `ne Idee – manchmal muss ich mich nur zwingen, das fertig zu machen."
Aber dabei hilft auch gern die Familie, nicht zuletzt Evy und Sohn Mathias:
" Manches funktioniert, manches nicht und er fängt das auf und ordnet das in die richtigen Bahnen."
So wie die Obdachlosen-Weihnachtsfeiern. Ursprünglich war das mal die Idee einer Plattenfirma: Obdachlose zu einer CD-Präsentation einladen. So wie bei Bruce Springsteen, der das in Amerika auch macht. Aber das ist lange her und hat in Deutschland nicht funktioniert. Die Obdachlosen-Feiern haben es Zander und seiner Familie aber angetan. Längst sind sie ein alljährlicher Kraftakt und eine Herzensangelegenheit. Und zwischen Gänsebraten, Geschenken und Gitarrenmusik ist immer auch ganz viel Zeit für Gespräche mit Menschen, die es nicht so gut haben wie er, sagt Frank Zander.