Fraktionschef Schmid: CSU wählt Wulff

Georg Schmid im Gespräch mit Marietta Schwarz · 08.06.2010
Georg Schmid, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, ist zuversichtlich, dass der niedersächsische Ministerpräsident zum neuen Bundespräsidenten gewählt wird. Christian Wulff werde die Stimmen der Wählmänner und -frauen bekommen, sagte Schmid.
Schwarz: Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit Georg Schmid, dem Vorsitzenden der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag. Guten Morgen, Herr Schmid!

Georg Schmid: Guten Morgen!

Schwarz: Letztes Mal haben Sie Frau Knobloch ins Rennen geschickt. Vertrauen Sie der jetzt nicht mehr?

Schmid: Nein, wir haben dieses Mal eine ganz andere Situation. Bei der letzten Wahl des Bundespräsidenten hatten wir ein Jahr Vorlauf, wir konnten in Ruhe diese Liste miteinander besprechen und diskutieren. Aber dieses Mal haben wir einen enormen Zeitdruck durch diese Sondersituation des Rücktritts unseres Bundespräsidenten, und deswegen haben wir uns für einen anderen Weg entschieden, im Übrigen schon unmittelbar nach dem Rücktritt von Horst Köhler.

Schwarz: Die SPD hat dieses Zeitproblem offensichtlich nicht, die hat schon die ersten prominenten Kandidaten benannt. Was macht die besser als Sie?

Schmid: Wir haben uns gleich nach dem Rücktritt von Horst Köhler im CSU-Präsidium entschieden, dieses Mal einen anderen Weg zu gehen – da ist von Gegenkandidat überhaupt noch gar keine Rede gewesen – und haben festgelegt, dass im Wesentlichen die gewählten Vertreter aus dem Bayerischen Landtag diese Liste besetzen werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen, nämlich die zwei mit Theo Waigel und Edmund Stoiber. Sonst werden Abgeordnete des Bayerischen Parlaments nach Berlin fahren.

Schwarz: Herr Schmid, der Verdacht liegt schon nahe, dass es sich nicht um ein Zeitproblem, sondern eher um das Problem der Unberechenbarkeit von prominenten Persönlichkeiten handelt. Wie groß ist denn die Angst bei CDU und CSU, dass Christian Wulff nicht gewählt wird?

Schmid: Also, zunächst kann ich Sie da beruhigen: Ich war selbst dabei bei all diesen Gesprächen, und diese Vermutungen sind nicht zutreffend. Sie brauchen auch sich nicht die Sorge zu machen, wir haben sie uns auch nicht gemacht. Wir haben gesagt, wir wollen diese Liste so aufstellen, und dann erst sind die Kandidaten genannt worden, dann erst haben wir über Namen diskutiert, sodass es völliger Unsinn ist, was hier die SPD vermutet.

Und ich mache mir da gar keine Sorgen, die Kolleginnen und Kollegen des Parlaments wissen, worum es geht. Und Christian Wulff wird unsere Stimme bekommen und auch gewählt werden.

Schwarz: Es scheint kein Phänomen der CSU in Bayern zu sein, dass es prominente Kandidaten nicht geben wird, sondern auch andere Landesverbände haben sich dahingehend schon geäußert. Was haben Sie für eine Erklärung dafür?

Schmid: Ich sage noch einmal: Die Situation ist eine völlig andere wie sonst bei der Bundespräsidentenwahl, und ich war jetzt schon mehrere Male mit dabei. Sonst hat man einen sehr, sehr langen Vorlauf, man weiß genau, am 23. Mai wird gewählt, so war das immer üblich, am Verfassungstag. Dieses Mal haben wir die 30-Tages-Frist, das heißt, innerhalb von 30 Tagen nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten muss der neue gewählt werden.

Wir treffen uns zum Beispiel heute jetzt nach den Pfingstferien zum ersten Mal im Fraktionsvorstand, da werden wir das heute vorberaten, morgen haben wir die Fraktion, Donnerstag soll bereits die Liste im Bayerischen Landtag beschlossen werden. Sie sehen: Innerhalb einer Woche sind die Entscheidungen zu treffen. Das ist eine andere Situation.

Schwarz: Horst Seehofer und Edmund Stoiber nennen Herrn Wulff eine respektable Persönlichkeit. Besonders begeistert klingt das nun nicht. Wen hätten Sie denn lieber, Herr Schmid - Herrn Wulff oder Herrn Gauck?

Schmid: Also, wir haben uns mit dieser Frage intensiv beschäftigt und haben uns für Christian Wulff entschieden. Er ist ein Mann mit hoher Integrationskraft, hat Erfahrung als Ministerpräsident und hat seine Arbeit exzellent gemacht als Ministerpräsident in Niedersachsen. Deswegen ist Christian Wulff unser Kandidat.

Ich will gar nicht in Abrede stellen: Auch Herr Gauck ist eine respektable Persönlichkeit. Jeder Kandidat hat hier seine eigenen Stärken, und es gibt, glaube ich, in Deutschland noch viele weitere geeignete Persönlichkeiten. Wir haben uns für Christian Wulff entschieden, und er wird seine Stimme von uns bekommen.

Schwarz: Was hätte denn eine Wahl Joachim Gaucks zum Bundespräsidenten für Auswirkungen auf die Bundesregierung?

Schmid: Ich glaube, dass man die Persönlichkeit des Bundespräsidenten anders bewerten muss. Das ist keine parteipolitische Entscheidung, sondern das ist eine Entscheidung, welcher Persönlichkeit man hier den Vorzug gibt und wir haben uns für Christian Wulff entschieden.

Da halte ich wenig davon, was die SPD im Übrigen jetzt macht, nämlich den Kandidaten der Union und der FDP schlechtzureden. Das erspare ich mir bei Herrn Gauck, das wäre auch völlig falsch. Er ist eine respektable Persönlichkeit, und wir haben uns eben anders entschieden. So ist das in der Demokratie, und unser Kandidat wird die Mehrheit behalten.

Schwarz: Herr Schmid, gab es für die Bestimmung der Wahlmänner und Wahlfrauen möglicherweise eine Ansage von oben?

Schmid: Nein, das haben wir miteinander besprochen im Präsidium in einer Schaltkonferenz, an der ich selbst teilgenommen habe, und das ist, ja, ich sage mal, in wenigen Minuten so miteinander festgelegt worden, weit bevor die Kandidaten ins Gespräch gekommen sind.

Schwarz: Georg Schmid, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag war das. Ihnen herzlichen Dank, Herr Schmid!

Schmid: Gern geschehen!