Donnerstag, 18. April 2024

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Theorieblock: Tauchmedizin , Physik und mehr

Insgesamt 240 Unterrichtsstunden umfasst die Forschungstauchausbildung, und ein großer Teil davon, etwa 80 bis 100 Stunden, ist umfangreiche Theorie: Tauchmedizin, Tauchphysik, Mechanik und vor allem Recht und Gesetz oder Versicherungsfragen sind ein Teil davon. In der Sporttauchausbildung, vor allem in Crashkursen im Urlaub, entfällt auf die Theorie der geringste Teil - Urlaubstaucher wollen und sollen zum einen nur gucken und staunen und sich um möglichst wenig kümmern müssen. Anders beim Forschungstauchen: Die Forschungstaucher müssen sich - wie Berufstaucher - gut mit körperlichen Reaktionen beim Tauchen auskennen, um beispielsweise im Notfall schnell eingreifen zu können, müssen über die Technik Bescheid wissen, falls während eines Einsatzes etwas kaputt geht und vieles andere mehr. Die Theoriestunden finden im Winter statt, damit der Durchblick da ist, bevor es in die Praxis geht, sind also jetzt im Frühjahr schon längst Vergangenheit. Im folgenden Beitrag also nur ein kurzer Blick auf ein wenig Theoretisches...das manchmal ganz schön kompliziert sein kann, auch wenn es nur so ein einfaches Beispiel ist, wie ein Rettungswagen, der im Einsatz vorbei fährt.

09.06.2003
    Über Wasser kann man den Dopplereffekt simulieren das haben wir hier am Rechner gemacht, also eine Schallquelle, die an einem Beobachter vorbeifährt im Abstand von 10 Meter, mit einer Geschwindigkeit von knapp 40 km/h. Die Sendefrequenz, die die Schallquelle aussendet ist 1000 Hz, das hört sich dann so an: ATMO (piep) und wenn wir jetzt den selben Vorgang unter Wasser stattfinden lassen - dort ist ja die Schallgeschwindigkeit weitaus höher, also ungefähr 1500 Meter pro Sekunde, dann hört sich der Vorgang so an: ATMO (piep) - bleibt gleich. Der Unterschied ist der, dass ich kaum ne Frequenzänderung wahrnehme.

    Gerd Niedzwiedz, Ausbildungsleiter für Forschungstauchen am Institut für Marine Systeme der Universität Rostock, simuliert am Computer die Ausbreitung von Schall unter Wasser - ein winziger Teil der Tauchphysik, die für Forschungstaucher wichtig ist. Schall breitet sich diffus aus, das heißt: Unter Wasser ist nicht festzustellen, woher ein Geräusch kommt, beispielsweise das eines vorbeifahrenden Motorbootes. Um Unfälle zu vermeiden, hat eine Forschungstauchgruppe immer einen Signalmann - respektive eine Signalfrau dabei. So wie die Biologiestudentin Insa Pohlenga, die die gelernte Theorie am Dolgener See bei Rostock jetzt in die Praxis umsetzt. Sie hat einen angehenden Forschungstaucher an der Signalleine, der eine sogenannte Sektorensuche macht :

    Man fängt in einem kleinen Radius an und ich gebe mit der Leine immer mehr Radius, so dass man ohne was zu sehen, möglichst sicher gehen kann, alles abgesucht zu haben. Bis jetzt noch nichts gefunden und es zeigt sich, dass es nicht so einfach ist mit den Signalen, dass es oft falsch verstanden wird, oder dass der Taucher einfach die Orientierung verliert und irgendwas anderes macht.

    Dass ein Forschungstaucher die Orientierung verliert, darf im Einsatz natürlich nicht passieren! Im Regelfall sind Forschungstaucher - allein unter Wasser, um ihre Aufgaben zu erledigen - sind also darauf angewiesen, dass sie über die Signalleine von oben die richtigen Richtungshinweise bekommen. Nur so finden sie ihren Einsatzort und kollidieren nicht mit einem Boot oder ähnlichem und sind außerdem ständig gesichert. Ein weiteres, sehr wichtiges Theorie-Kapitel ist die Tauchmedizin, beispielsweise die Wirkung von Wasserdruck auf den Körper. Was dass heißen kann, konnten die angehenden Forschungstaucher schon mal am eigenen Leib erfahren - in einer Drucktauchkammer, erinnert sich Kai Schaake der in Berlin Grabungstechnik studiert:

    Das erste was einem nach wenigen Sekunden auffällt ist, das ein Höllenlärm einsetzt, weil sehr viel Luftgemisch in die Kammer geblasen wird, des weiteren fällt einem dann sehr schnell auf, das es n Druck auf den Ohren gibt, Dann wird es warm nebenbei, man fängt an zu schwitzen, weil es sehr komprimiert wird die Luft, dadurch erhitzt sie sich und dann ab einer bestimmten Tiefe, wenn man irgendwas sagt, hört es sich an als wenn Micky-Maus spricht.


    Dieser Stimmeffekt, die Micky-Maus-Stimmen, entsteht entweder durch die größere Dichte der Luft in großen Tauchtiefen oder durch ein anderes Atemgas als Pressluft, beispielsweise Helium. - Tauchen in größeren Tiefen bringt jedoch noch ein anderes Problem mit sich: Den sogenannten Tiefenrausch - eine Art Narkose durch zuviel Stickstoff im Körper. Schon in Tiefen um 30 Metern und manchmal sogar weniger, kann es zum Tiefenrausch kommen. Ein Erlebnis, das die Biologiestudentin Insa Pohlenga in der Drucktauchkammer hatte :

    Für mich war das wichtig, ich wollte das gern machen um eventuell auch mal die Folgen von so einem Tiefenrausch zu erleben, man erkennt glaub ich auch gar nicht ob man einen hatte oder auch nicht. Ich weiß, dass ich sehr viel gelacht hab und alle anderen meinten, ich hätte einen gehabt, aber man merkt das selber nicht und man kann es auch nicht demnach einschätzen und das fand ich interessant und deswegen wollte ich das machen.

    Der gefürchtete Tiefenrausch macht Taucher euphorisch oder albern, sie überschätzen sich, nehmen vielleicht unter Wasser ihren Lungenautomaten aus dem Mund und ertrinken. Die Symptome lassen jedoch nach, sobald man aufsteigt.

    Unfälle vermeiden und im Notfall richtig handeln zu können - dafür werden Forschungstaucher ausgebildet. Erste-Hilfe-Kenntnisse oder der richtige Umgang mit Sauerstoffgeräten sind daher genauso wichtig, wie Kenntnisse der Richtlinien für Forschungstaucher, die zwar langweilig erscheinen, aber für die Prüfung am Kursende und auch für die Taucheinsatzplanung regelrecht überlebenswichtig sind .