Foulspiel

Wie schützen wir den Fußball vor den Tretern?

Kevin Großkreutz von Borussia Dortmund verlässt bei einem Testspiel seines Vereins mit einem verbundenen Sprunggelenk den Platz.
In der Bundesliga wird über eine sogenannte Genesungssperre diskutiert. © picture alliance / dpa / Kevin Kurek
Von Günter Herkel · 30.11.2014
Brutale Tret-Attacken wie die von Marvin Bakalorz gegen Marco Reus provozieren immer wieder Forderungen nach härteren Strafen. Einige Vorschläge für neue Regeln liegen schon auf dem Tisch - doch nötig wäre etwas ganz anderes.
Wer überhart einsteigt und seinen Gegenspieler verletzt, sollte so lange aus dem Verkehr gezogen werden, bis dieser wieder gesund ist. Diesen Vorschlag machte Bayern-Legende Paul Breitner schon vor 30 Jahren. Eine provokante Idee, die auf den ersten Blick dem Gerechtigkeitsempfinden betroffener Klubs und wütender Fans entgegenkommen dürfte. Wer Gefahr läuft, selbst lange pausieren zu müssen, wenn er mittels Blutgrätsche die Blessur eines anderen billigend in Kauf nimmt, dürfte es sich möglicherweise zweimal überlegen, ob er mit offener Sohle und gestrecktem Bein in den Gegner hineinrauscht.
Unverständlich allerdings, wieso Schiedsrichter Wolfgang Stark es bei einer Gelben Karte beließ. Im Fußball gilt aber die Regel der Tatsachenentscheidung. Eine nachträgliche, härtere Bestrafung ist daher nicht mehr möglich.
Wäre die jetzt angeregte "Genesungssperre" eine Lösung? Wohl kaum. Eher würde sie neue Ungerechtigkeiten hervorbringen, der Willkürfaktor würde erhöht. Meist wird die Schwere einer Verletzung erst nach dem Spiel diagnostiziert. Das Strafmaß für ein Foul ließe sich dann erst im Nachhinein festlegen. Wie würde entschieden, wenn ein Spieler beim Sturz nach einem harmlosen Trikotzupfer einen Kreuzbandriss erlitte?
Der beste Gesundheitsschutz wäre eine konsequente Auslegung der Regeln
Auch die Vereine selbst, die verständlicherweise mit Argusaugen auf die Gesundheit ihrer Starkicker achten, dürften kein Interesse an einer solchen Debatte haben. Wäre es wirklich ausreichend Kompensation und Trost, wenn nach dem Motto Auge um Auge, Zahn um Zahn für einen verletzten Ribery, Kruse oder Hummels eher durchschnittlich begabte Sünder von Klubs aus der zweiten Reihe pausieren müssten?
Geradezu gefährlich erscheint die vom ehemaligen Top-Schiedsrichter Pierluigi Collina ventilierte Light-Version dieses Vorschlags. Demnach solle bei einer Verletzungsunterbrechung der foulende Spieler so lange an der Seitenlinie warten, bis der gefoulte aufs Spielfeld zurückkehrt. In Zeiten, wo Spieler von Trainern zu taktischen Fouls ermutigt werden, wo sie eine gelbrote Karte provozieren, um das unwichtige nächste Spiel anstelle des folgenden Topspiels zu verpassen – in solchen Zeiten braucht es nicht allzu viel Fantasie, um sich auch eine "kreative" Auslegung einer solchen Regel unter taktischen Gesichtspunkten vorzustellen.
Nein, der beste Gesundheitsschutz für die Spieler dürfte in einer konsequenten Auslegung des vorhandenen Regelwerks durch aufmerksame Schiedsrichter liegen. Schiedsrichter, die sich vom fanatisierten Heimpublikum nicht einschüchtern lassen. Schiedsrichter, die zudem ein spezielles Augenmerk auf die in der Regel branchenbekannten eher rustikal agierenden Fußballer haben. Ein Uli Borowka trug seinerzeit nicht von ungefähr den Beinamen "Die Axt".