Fotoband über israelische Soldatinnen

"Eine ist schöner als die andere!"

Israelische Soldatinnen in Tel Aviv
Soldatinnen in Tel Aviv: Israel ist das einzige Land der Welt, das Frauen an die Waffen zwingt. © picture-alliance/ dpa
Von Alice Lanzke  · 19.12.2014
Der Fotograf Simon Akstinat zeigt fröhliche und hübsche israelische Soldatinnen. Zum Schmunzeln soll das anregen, er möchte zeigen, dass ihr Leben nicht nur aus Tristesse und Angst besteht - doch garniert er das Ganze mit allzu sexistischen Bildunterschriften.
Ein staubiger Panzer in der Wüste. Um das Kanonenrohr hat eine junge Frau Arme und Beine geschlungen, ihr Pferdeschwanz schwingt in der Luft, im Gesicht trägt sie ein breites Grinsen. Mit diesem ungewöhnlichen Foto beginnt der Bildband "Jewish Girls in Uniform. Die einzigen Wehrpflichtigen der Welt" von Simon Akstinat. Tatsächlich gibt es neben Israel kein zweites Land auf dem Globus, in dem Frauen Wehrdienst leisten müssen. Umso fremder wirken Akstinats Bilder.
Was schon beim ersten Durchblättern des Bandes auffällt: Die fotografierten Frauen sind zum Großteil überdurchschnittlich attraktiv und fröhlich, wie auch Akstinat selbst zugibt:
"Ja, das war eben der Hauptaspekt des Ganzen, um ganz ehrlich zu sein: schöne Frauen aus Israel mit Waffen in Uniform. Mag beim ersten Hinhören ziemlich oberflächlich klingen, war es aber nicht, weil ein paar Hintergründe werden ja doch erzählt, man kommt ja doch mit den Leuten ins Gespräch. Man kann die im Gespräch gar nicht nur auf ihr Aussehen reduzieren."
Drei Wochen lang reiste Akstinat durch Israel - ein guter Kontakt zum Pressebüro der Armee erlaubte ihm etwa, Kasernen mitten in der Wüste zu besuchen. Andere Motive fand der 36-Jährige, indem er sie einfach auf der Straße ansprach – so wie die junge Soldatin, die er im Busbahnhof von Tel Aviv beim Brötchenholen ablichtete: an der Bäckereitheke mit schwerem Maschinengewehr.
"Sehr emanzipierte, selbstbewusste Frauen"
Für Nora Pester vom Verlag Hentrich & Hentrich, in dem das Buch erschienen ist, wollen die Bilder vor allem eines zeigen:
"Dass das Leben dort nicht nur aus Tristesse und Angst besteht, dass wir es mit sehr emanzipierten, selbstbewussten Frauen zu tun haben, die dort ihr Land und das Existenzrecht ihres Landes verteidigen. Das ist unser Anspruch mit diesem Buch."
Ein lobenswerter Anspruch – den das Buch allerdings kaum erfüllt. Das liegt nicht an den Motiven. Vielmehr sind es die Bildunterschriften des Fotografen, die – bewusst oder unbewusst – eine reichlich sexistische Perspektive vermitteln. So ist etwa das Porträt einer attraktiven lächelnden Soldatin wie folgt betextet:
"Schlafzimmerblick gefällig? Den hat diese Kameradin ganz besonders gut drauf!"
Über eine andere uniformierte Frau, die Akstinat in einem Fast-Food-Restaurant fotografierte, schreibt er:
"Schneewittchen im Schnellrestaurant: Die Märchenfigur ist meine erste Assoziation, wenn ich mir diese Soldatin mit dem tiefschwarzen Haar ansehe. Unter dem Tisch hat Schneewittchen ihre dicke Knarre: die MTAR-21."
Und angesichts einer breit in die Kamera lächelnden Soldatin entfährt ihm ein gedrucktes:
"Manchmal wusste ich gar nicht, wohin ich gucken sollte... eine ist schöner als die andere!"
Nicht alle Bildunterschriften sind von dieser Konzentration auf die äußeren Merkmale der abgebildeten Frauen geprägt. In manchen der kurzen Texte erfährt man ein wenig über ihre Biografie. Aber es sind eben nicht diese Texte, die im Gedächtnis bleiben. Simon Akstinat entgegnet dem:
"Diese Texte, die mögen manchmal etwas salopp klingen, manchmal nach so ein bisschen Alt-Herren-Humor, aber das ist auch egal. Das ist ein Buch auch zum Schmunzeln, das ist ein fröhliches Buch, das muss man nicht so bierernst nehmen, wie man sonst jedes Wort immer nimmt, was irgend wie im entferntesten mit Nahost-Konflikt zu tun hat. Es soll ein Unterhaltungsbuch sein."
Seine Kamera war eine willkommene Abwechslung im drögen Militär-Alltag
Natürlich kann Unterhaltung das Ziel eines derartigen Projekts sein. Doch wie viel mehr hätte aus der ursprünglichen Idee gemacht werden können! Gegenbeispiele finden sich etwa in den Bildern der amerikanisch-israelischen Fotografin Rachel Papo, die schon vor zehn Jahren den Alltag israelischer Soldatinnen mit der Kamera einfing. Oder aber in den Fotos des Iraners Ashkan Sahihi, die eine subtile Erotik innehaben, dabei aber wesentlich mehr Tiefe und Authentizität ausstrahlen.
Es geht bei der Kritik an "Jewish Girls in Uniform" also nicht darum, dass die Frauen fast alle schön sind oder sich lachend zeigen. Zurecht weist Akstinat daraufhin, dass er mit seiner Kamera eine willkommene Abwechslung im oft drögen Militäralltag der Frauen war und entsprechend gut gelaunt empfangen wurde. Vielmehr sind es die objektifizierenden Beschreibungen der Fotos, die sauer aufstoßen. Hier wäre auch mehr Sensibilität beim Lektorat wünschenswert gewesen, die Hentrich & Hentrich doch etwa beim Veröffentlichungstermin bewies.
"Wir haben aus diesem aktuellen Anlass, also dem Gaza-Konflikt oder Gaza-Krieg muss man ja schon wieder sagen, auch die Buchpremiere etwas verschoben. Ursprünglich hätte das Buch seinen offiziellen Start im September gehabt und wir haben aus Respekt auch vor den Soldatinnen, wo wir wussten, dass die jetzt gerade in einer sehr schwierigen Situation sind, diese Buchpremiere dann auch verschoben."
Vielleicht hätte man den Bildband einfach unbetextet bringen sollen – es hätte ihm sehr gut getan.
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