Forschung im Netz

Was gegen kippelnde Biertische hilft

Eine Bedienung trägt am 29.10.2013 in Erfurt (Thüringen) in einem Lokal ein Tablett mit Bier.
Macht wenig Spaß, wenn's überschwappt. Forscher haben nun die Lösung - und helfen per Video. © picture alliance / dpa - Marc Tirl
Von Susanne Nessler · 04.09.2014
Wie überleben Frösche den frostigen Winter in Alaska? Wie hilft die Mathematik gegen wackelnde Biertische? Die Antworten geben Forscher in Youtube-Videos, mit denen sie ihre Arbeit dokumentieren.
Langsam gleitet Don Larson mit seinem Kanu über den Tanana Fluss im Norden Alaskas. Der Student der Biologie hat dunkelblonde Haare, eine Brille, er trägt eine blauen Schwimmweste und senkt geschickt sein Paddel ins Wasser. Kleine Wellen kräuseln sich über die sonst glatte Wasseroberfläche des breiten Flusses. Idyllisch, mitten in der Natur beginnt das Video, in dem Don Larson über seine Forschung erzählt.
"Da wo ich aufgewachsen bin, im Mittleren Westen, gab es viele Frösche und so habe ich schon mit fünf oder sechs Jahren ständig Frösche gefangen."
Genau das tut Don Larson heute auch. Mit dem Kescher aber auch der bloßen Hand fängt er kleine Frösche, und zwar die in Alaska lebenden Wood Frogs, Holzfrösche. Denn diese Art hat eine besondere Fähigkeit, die der junge Wissenschaftler genauer untersuchen möchte. Wood Frogs halten bei minus 20 Grad, ein halbes Jahr Winterschlaf, frieren also im wahrsten Sinne des Wortes ein, um dann im Frühjahr wieder aufzutauen und erneut über die Wiesen und Flussufer zu hüpfen.
Um herauszufinden, wie die Tiere die lange Gefrierstarre überleben, hat Don ein paar Frösche mit an die Universität Fairbanks in sein Labor genommen.
Hier darf man direkt ins Labor des Forschers blicken. Frösche sitzen in einer Tiefkühltruhe mit zahlreichen Kabeln. Im Zeitraffer ist detailliert zu sehen, wie so ein kleiner Frosch mal eben einfriert und dann wieder auftaut, ohne dass ihm das irgendwie zusetzt.
"Sie haben nur sehr wenig Zeit, um einzufrieren und Glukose zu bilden, um das Einfrieren zu überleben."
Glukose hält gefrorene Frösche am Leben
Der Trick dabei: Um den Organismus trotz der eisigen Kälte am Leben zu erhalten, produzieren die Frösche hohe Mengen Glukose, also Zucker in ihren Zellen. Zucker bindet Wasser und das verhindert, dass die Zellen durch die Kälte austrocknen und absterben. Ein Ergebnis, das besonders die Transplantationsmedizin interessieren könnte.
Der Film ist Teil einer einer Wissenschaftsausstellung der Universität Alaska, unter dem Stichwort "Wood Frog" ist er auch bei Youtube zu finden.
"Wir haben versucht, künstliche Muskeln herzustellen, die durch Licht ausgelöst ihre Form verändern."
Sagt Rudolf Zentel, Professor für organische Chemie an der Universität in Mainz in dem preisgekrönten Wissenschafts-Video "Faule Muskeln". Seine Forschungsgruppe belegte den ersten Platz im diesjährigen "Fast Forward Science" WebVideo-Wettbewerb von Wissenschaft im Dialog – und zwar mit einem Video über ein Experiment, das komplett daneben ging. Denn egal, wie lang und intensiv die Forscher ihre künstlichen Muskeln im Labor auch bestrahlten:
"Es war einfach, keine Formänderungen aus diesem künstlichen Muskel durch Bestrahlung mit Licht herauszubekommen. Und dann haben wir uns erst mal sehr gewundert."
Ergebnisse, die nicht so verlaufen, wie Forscher es sich wünschen, werden in den Naturwissenschaften nur sehr selten publiziert. Nicht so an der Uni in Mainz. Neben den sehr unterhaltsamen zwei Minuten über die faulen Muskeln auf Youtube haben die Wissenschaftler auch noch en Detail ihr gescheitertes Experiment im "Journal of unsolved Questions" beschrieben, betont Rudolf Zentel:
"Um diese Ergebnisse doch einer breiteren Öffentlichkeit mitzuteilen, weil ich denke, dass man daraus auch eine Menge lernen kann."
Erforschung von wackelnden Biertischen
Dass sich geläufige und gelittene Alltagsprobleme am besten mathematisch lösen lassen, beweist Matthias Kreck, Professor für Mathematik von der Universität Bonn. In seinem Video über wackelnde Biertische, demonstriert er die Formel für Stabilität von vierbeinigen Tischen mittels langsamer Rotation. Man drehe langsam den Tisch und schon innerhalb der ersten Viertel Drehung hat das Wackeln ein Ende.
"Matematicians never have unstable tables, they know what to do."
Bierdeckel oder gefaltete Papierstücke unter dem Tischbein machen hier keinen Sinn, betont Matthias Kreck. Die mathematische Formel, mit der sich ein wackelnder Biertisch auf einem unebenen Boden stabilisieren lässt, zeichnet der Wissenschaftler großzügig mit Edding auf großes braunes Packpapier.
"Now we draw this curve. Here is time zero, here is the hight."
Zu sehen sind Funktionen, Zahlen und Kurven - besonders schön sind allerdings die lustigen Animationen, die den Professor als Comicfigur im Biergarten an einem wackelnden Tisch zeigen. Zu finden auf youtube unter dem Titel: Fix a wobbly table.