Forscher warnen vor angeblicher Hungersnot nach einem Bienensterben

24.07.2011
Werden die Pflanzen, die wertvolle Vitamine und Mineralien liefern, nicht mehr bestäubt, können Menschen krank werden, haben Wissenschaftler der Universität Lüneburg herausgefunden. Doch stimmt das wirklich?
Das Bienensterben gefährde unsere Gesundheit, meldet die Universität Lüneburg. In Zusammenarbeit mit anderen Universitäten entdeckten drei Professorinnen Bahnbrechendes: Wenn die Bienen verschwinden, dann werden die Pflanzen nicht mehr bestäubt – und das wirke sich – ich zitiere - "unmittelbar auf die Qualität der menschlichen Ernährung aus".

Nach den Ausführungen der Expertinnen drohe der Welt im Falle eines globalen Bienensterbens nicht etwa eine Hungersnot. Viel schlimmer: Wenn die Zitrusfrüchte mangels Bestäubung nicht mehr fruchten, dann droht der Menschheit ein kollektiver Vitamin C-Mangel. In der Pressemeldung der Universität wird sogar ein Mangel an Spinat in Aussicht gestellt, und gerade der enthält ja besonders wertvolle Mineralien. Ohne Bienen würde es eng bei Fluorid, Eisen und Calcium. Das wiederum hätte vermehrt Krankheiten zu Folge, namentlich die Osteoporose. Eine gar grausliche Perspektive. Und alles nur, weil wir die Biene nicht ehren!

Prüfen wir doch mal die Daten. Wie ist das mit dem globalen Bienensterben? Derzeit verursacht die sogenannte "Colony Collapse Disorder" in vielen Teilen der Welt massive Verluste. Ursache ist diesmal ein Virus. Ob es sich bei Völkerverlusten um Gift, beispielsweise Pflanzenschutzmittel, handelt oder um Krankheiten, lässt sich daran erkennen, ob das Sterben lokal oder global auftritt. Gift verschwindet irgendwann und seine Konzentration sinkt, je weiter wir uns vom Ort der Ausbringung entfernen.

Ganz anders bei Viren, Pilzen oder Parasiten – die vermehren sich und erreichen die entferntesten Winkel der Erde. Je globaler die Imkerei betrieben wird, je mehr Königinnen und Bienenvölker gehandelt werden, desto größer die Gefahr einer Verschleppung. Bienensterben werden also auch in Zukunft nicht ausbleiben. Aber das bedeutet weder das Ende der Imkerei noch des Spinatanbaus. So wie der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche bei Milchvieh nicht das Schicksal des Quarkkuchens besiegelt.

Wie wichtig sind die fraglichen Mineralien wirklich? Fluorid wurde vor einigen Jahren Patientinnen verordnet, die Angst vor Osteoporose hatten. Leider sorgte die vermehrte Einlagerung von Fluorid in das Skelett für Knochen, die bei einem Sturz wie Porzellan zerschellten. Inzwischen hat man den Unfug in aller Stille wieder beendet. Warum die Bienen auch noch für die Eisenversorgung zuständig sein sollen, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Gönnen Sie sich lieber eine Gulaschsuppe oder ein Schnitzel. Weder Schweine noch Rinder werden durch Bienen bestäubt. Ganz unter uns, liebe Universität: Auch der Spinat wird nicht von Bienchen befruchtet - sondern vom Wind.

Und wie steht‘s mit dem Calcium? Angeblich soll es ja vor Osteoporose schützen. Aber auch Calcium findet sich gleichermaßen in tierischen Produkten. Abgesehen davon wird Calcium als Zusatzstoff zahlreichen Lebensmitteln zugesetzt. Zuviel Calcium ist zudem alles andere als "gesund". Seit Jahren sind Calciumpräparate schwer unter Beschuss. Denn sie fördern die arterielle Verkalkung, und damit den Herzinfarkt. Nun zeigte sich, dass reichlich Calcium auch noch Nierensteine begünstigt – vor allem in Verbindung mit viel Vitamin C oder mit Oxalsäure, wie sie in Rhabarber oder Spinat enthalten ist.

Glücklicherweise gibt es in Sachen Nierensteine, - namentlich aus Calciumoxalat - eine erfreuliche Nachricht. In Ländern, in denen die Menschen zu wenig Geld haben, um eine aufwendige medizinische Behandlung bezahlen zu können, wird den Patienten eine simple Diät verordnet: Man trinke einfach ein paar Flaschen Orangen- oder Zitronenlimo. Die lösen das viele gesunde Mineralzeugs einfach auf. So erfrischend kann eine rationale Ernährungstherapie sein. Mahlzeit!

Literatur:
Eilers EJ et al: Contribution of pollinator-mediated crops to nutrients in the human food supply. PLoS One 2011; 6: e21363
Zuehlsdorff H: Ohne Bienen droht ein Mangel an pflanzlichen Vitaminen und Mineralien. Pressemitteilung der Leuphana Universität Lüneburg 23. Juni 2011
Reid I et al: Calcium supplementation: Balancing the cardiovascular risks. Maturitas. 2011; 69: 289-95.
BMJ. 2011 Apr 19;342:d2040. doi: 10.1136/bmj.d2040.
Bolland MJ et al: Calcium supplements with or without vitamin D and risk of cardiovascular events: reanalysis of the Women's Health Initiative limited access dataset and meta-analysis. BMJ 2011; 342: d2040
Wallace RB et al: Urinary tract stone occurrence in the Women’s Health Initiative (WHI) randomized clinical trial of calcium and vitamin D supplements. American Journal of Clinical Nutrition 2011; 94: 270-277
Penniston KL et al: Lemonade therapy increases urinary citrate and urine volumes in patients with recurrent calcium oxalate stone fomration. Urology 2007; 70: 856-860
Tracy CR, Pearle MS: Update on the medical management of stone disease. Current Opinion in Urology 2009; 19: 200-204
Kang DE et al: Long-term lemonade based dietary manipulation in patients with hypocitraturic nephrolithiasis. Journal of Urology 2007; 177: 1358-1362
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