Fondation Beyeler: Alexander Calder & Fischli/Weiss

Herrliche Kindsköpfe

Mehrere schwarze Mobiles und Stablies von Alexander Calder sind verteilt in einem leeren Raum mit weißen Wänden.
Die Ausstellung "Alexander Calder und Fischli/Weiss" in der Fondation Beyeler in Basel dauert noch bis zum 4. September 2016. © dpa/ picture-alliance/ Georgios Kefalas
Von Rudolf Schmitz  · 29.05.2016
Diese Ausstellung in der Fondation Beyeler macht Spaß: Die verspielten Drahtfiguren von Alexander Calder sind kombiniert mit Videos und Fotos von Fischli/Weiss. Unglaubliche Balanceakte von Möhren und Messern neben filigranen Mobiles.
Zwei Filme, ein Gedanke: Was für herrliche Kindsköpfe! Das Fischli/Weiss-Video "Der Lauf der Dinge" von 1987 zeigt die fröhliche Kettenreaktion alltäglicher Dinge, die explodieren, platzen, zerstochen werden, sich gegenseitig auf Trab halten. Und Alexander Calder spielt mit seinen Drahtfiguren: Jongleuren, Seiltänzern, Akrobaten, Dompteuren, aus denen sein 1926 geschaffener "Zirkus" besteht. Eine unvorsichtige Bewegung, schon schnellt die Seiltänzerin vom Netz und der Dompteur wird vom Löwen gefressen. Calder und Fischli/Weiss haben etwas gemeinsam, was in der Kunst sehr selten ist: Humor. Kuratorin Theodora Vischer:
"Dass Sie jetzt Humor sagen, ist ja eigentlich wunderschön, weil es zeigt, dass es sehr viele Berührungspunkte im Arbeitsprozess, im Denken dieser drei Künstler gibt. Ich habe beim Einrichten jetzt der Ausstellung in den letzten zwei Wochen immer wieder gedacht: Ach schade, ist der Calder nicht hier, dem würde das jetzt auch so Spaß machen."

Direkter Zugang zu Calders Mobiles und Stabiles

"Am schönsten ist das Gleichgewicht kurz bevor's zusammenbricht". Einer der Sinnsprüche von Fischli/Weiss, mit dem sie ihre Fotoserie "Equilibres" von 1984 garnierten. Dort führten die Schweizer Künstler unglaubliche Balanceakte von Möhren, Messern, Wurstscheiben, Luftballons, Stühlen und Autoreifen vor. Diese Fotos bilden das Entrée zu einer Landschaft aus Mobiles und beweglichen Bodenobjekten Calders im größten Schauraum des Museums. Alexander Calders Werke sind teuer und zerbrechlich. Doch die Fondation Beyeler hat auf Podeste und Sicherheitssperren verzichtet. Man begegnet Calders hängenden Mobiles und den Bodenobjekten, den Stabiles, ganz unmittelbar. Sie sind nur von feinen und niedrig installierten Drahtschnüren umgeben:
"Weil man so verführt wird, sie zu berühren. Und wenn dann fünfzig-, hunderttausend Leute ganz zart, aber trotzdem, die immer wieder anstoßen, tut das denen einfach nicht gut. Aber so haben wir jetzt einen Weg ausgezeichnet, der aber mitten durch die Skulpturen führt. So dass man eben doch mitten drin ist und das miterleben kann."
Direkten Dialog von Calder und Fischli/Weiss gibt es nur dreimal. Und da funktioniert er erstaunlich gut, weil man rätselt, wer denn nun was gemacht hat. Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler:
"Beide Künstler verbindet natürlich, dass sie diese große Lust am Experimentieren haben. Am Ausprobieren. Und dass das immer auch mit einem Risiko verbunden ist, etwas daneben gehen kann. Und natürlich machen sie dieses Basteln auf allerhöchstem Niveau und dann gelingt es auch. Aber an diesem Spielerische entwickelt man doch eine große Freude. Beide Künstler schaffen es ja immer wieder auch in Frage zu stellen, was wir von der Kunst erwarten."

Sind Fischli/Weiss doch Sprachkünstler?

Von Alexander Calder sind viele Stücke dabei, die man noch nie gesehen hat. Sie stammen aus der Calder Foundation New York und lassen uns den Künstler neu entdecken. Aber auch angesichts der Fragenprojektionen von Fischli/Weiss kann man sich gar nicht los reißen. Diaprojektoren werfen handgeschriebene Fragen auf die Wände eines abgedunkelten Raumes. Die schlängelnden Sätze werden langsam ein- und ausgeblendet: "Findet mich das Glück?", "Warum bin ich immer mit allem einverstanden?", "Kann man heute noch mit einer Frau in einer Höhle leben?" Das ist so naiv und so raffiniert, dass man unwillkürlich in seelische Schwankung gerät. Vielleicht, so denkt man, sind Fischli/Weiss in Wirklichkeit doch Sprachkünstler.
Auch draußen geht's weiter: In Bäumen sind Lautsprecher platziert, deren Töne eine große monumentale Skulptur von Alexander Calder umspielen. Außerdem ist der Garten noch einmal zu sehen, den Fischli/Weiss 1997 für die Skulptur Projekte Münster entwarfen. Kurzum: eine echte Sommerausstellung. Animierend und vergnüglich, elegant und leicht. Die Gleichgewichtskünstler Alexander Calder und Fischli/Weiss machen's möglich.

Die Ausstellung "Alexander Calder & Fischli/Weiß" in der Fondation Beyeler in Basel/Riehen läuft noch bis zum 4.9.2016.

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