Föderalismus

Fusion, nein Danke!

Die Linkspartei in Brandenburg wirbt auf einem Plakat mit der Eigenständigkeit des Bundeslandes.
Die Linkspartei in Brandenburg wirbt mit der Eigenständigkeit des Bundeslandes. © picture-alliance/dpa
Von Andreas Baum · 10.11.2014
25 Jahre nach dem Mauerfall scheinen die ostdeutschen Bundesländer in ihrer Identität gefestigt zu sein. Dennoch denkt der eine oder andere Politiker über eine Länderfusion nach, etwa von Berlin und Brandenburg. Wirksames Mittel oder droht ein finanzieller Placebo-Effekt?
Besonders verführerisch ist die Idee der Länderfusionen immer dann, wenn es ums Geld geht: Würden sie doch die Finanzbeziehung der Länder untereinander sehr erleichtern. Dies gilt vor allem für Stadtstaaten. Sie bekommen besondere Zuwendungen, wegen der vielen Pendler, die zwar im Staatstaat arbeiten, dort nicht aber wohnen. Deshalb mögen föderale Finanzpolitiker Stadtstaaten nicht – und würden sie am liebsten abzuschaffen.
Durch eine Fusion Berlins mit Brandenburgs etwa, sagt der Darmstädter Politikwissenschaftler Arthur Benz, würde sich die Metropole lediglich das ihr zustehende Umland einverleiben, und zwar mit Recht.
"Das macht meines Erachtens auch durchaus Sinn, weil die Stadtstaaten sehr mit ihrem Umland verflochten sind und außerdem gibt es da ein spezielles Problem im Finanzausgleich durch die besondere Gewichtung der Einwohner bei der Berechnung der Finanzbedarfe."
Fusionskandidaten sind hoch verschuldet
Denn Steuern zahlen die Deutschen seit 1969 dort, wo sie wohnen – nicht aber, wo sie arbeiten, also ihr Geld erwirtschaften. Fusionen, die der Stadtstaaterei ein Ende setzen, wären gerechter – sie sind aber unwahrscheinlich, denn die Bewohner der Länder, die es betrifft, müssten zustimmen.
"Die Menschen, die befürchten müssen, dass sie Altlasten von einem anderen Land übernehmen müssen, die werden möglicherweise nicht dazu bereit sein."
Die meisten Fusionskandidaten sind hoch verschuldet. Weshalb Fusionen vor allem für die Länder sinnvoll sind, die ihre Schulden damit auf die Bewohner des Nachbarlandes abwälzen könnten.
"Das betrifft zum Beispiel auch das Saarland."
Sabine Kropp, Föderalismusexpertin an der Freien Universität Berlin.
"Deswegen glaube ich, ist eine Fusion erst dann überhaupt denkbar, wenn es zu einer Altschuldenregelung kommt, mit der der hohe Schuldenstand einzelner Bundesländer reguliert wird."
Landesgröße als Argument?
Von der aber sind die Länder weit entfernt. Ein weiteres Hindernis sind die Bewohner der kleinen Staaten selbst. Henning Scherf, langjähriger Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine Vereinigung mit Niedersachsen.
"Wenn wir alleine wären, wir Bremer, wenn wir Monaco wären, wir würden viel besser klar kommen. Unser Problem ist nicht, dass wir finanzschwach sind, sondern wir sind ganz starke Plätze."
Überhaupt scheint Größe für die kleinen Länder kein Argument zu sein. So sieht es auch Bernhard Vogel, der in zwei kleineren Ländern Ministerpräsident war, erst in Rheinland-Pfalz, dann in Thüringen.
"Sie können auch Schweden und Dänemark und Finnland zusammenlegen, um ein Land mittlerer Größenordnung zu bekommen. Darauf kommt niemand. Und es kommt auch niemand darauf, Vermont in den Vereinigten Staaten aufzulösen, nur weil Kalifornien Vierzig Mal so groß ist."
Viele Politikwissenschaftler vergleichen die Versuche, Länder zu fusionieren, daher mit weißer Salbe, die keine Wirkung hat, solange sie die Ungleichgewichte im föderalen Staat nicht beseitigt.
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