Flugzeugabsturz

    Was wissen wir über Andreas L.?

    Blick in das Cockpit des verunglückten Airbus A320 mit der Kennung D-AIPX der Fluggesellschaft Germanwings. Das Bild entstand am 22.03.2015 auf dem Flughafen in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) nach einem der letzten Flüge vor dem Absturz der Maschine in Frankreich.
    Das Cockpit der später abgestürzten Airbus-Maschine © Marius Palmen/dpa
    27.03.2015
    Nach dem offenbar absichtlich eingeleiteten Absturz der Germanwings-Maschine durch den Copiloten durchsuchte die Polizei dessen Wohnung und das Haus seiner Eltern. Überall beschäftigt Menschen die Frage: Wie kann es dazu kommen, dass ein junger Mann möglicherweise mit voller Absicht eine solche Katastrophe auslöst? Unterdessen wird unter Piloten die neue Regel des Vier-Augen-Prinzips diskutiert.
    Andreas L. steht im Verdacht, den Piloten ausgesperrt und das Flugzeug bewusst durch Sinkflug zum Absturz gebracht zu haben. Der Pilot hatte das Cockpit zuvor verlassen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind unter den 150 Opfern 75 Deutsche, drei mehr als bisher angenommen. Die Ermittler sind auf der Suche nach einem Motiv für diese unfassbare Tat. Spezialisten durchsuchten sowohl das Elternhaus des Copiloten im rheinland-pfälzischen Montabaur als auch die Zweitwohnung des 27-Jährigen am Stadtrand von Düsseldorf.

    Programmtipp: Nach dem Flugzeugabsturz: Wie sollen Medien mit Katastrophen umgehen? - Sa., 28.3., 9:05 - 11:00 Uhr, Im Gespräch mit Hörern unter Tel. 0 08 00.22 54 22 54 oder per Mail gespraech@deutschlandradiokultur.de

    Ein besonderes Augenmerk liege auf persönlichen Unterlagen, teilte die Düsseldorfer Staatsanwalt mit, die für die deutschen Behörden die Federführung übernommen hat. Ob die Ermittler etwas fanden und wenn ja, was, wollte ein Polizeisprecher nicht verraten. (...) Im beschaulichen Wohnort Montabaur am Wohnort seiner Eltern beschäftigt die Menschen nur eine Frage: Wie kann es sein, dass ein junger Mann möglicherweise mit voller Absicht eine solche Katastrophe auslöst?
    Der gesamte Beitrag von Thomas Kalus:
    "Ein echter Glückspilz"?
    Anke Petermann, Korrespondentin in Rheinland-Pfalz, über die bisherigen Erkenntnisse über den Copiloten:
    "Wir wissen, dass er in der Kreisstadt in Montabaur im Westerwald Abitur gemacht hat. (...) Dass er nach Auskunft der Segelfliegerschule und seiner Vereinskollegen (...) jemand war, der sich den Traum vom Fliegen erfüllte, jemand, der sein Hobby zum Beruf machte – also nach Meinung der Leute dort ein echter Glückspilz. Es gibt allerdings diesen dunklen Fleck, dass er ja schon mit Anfang 20 diese Ausbildung bei der Lufthansa begonnen hatte, dass er die 2009 für sechs Monate unterbrach. Da soll eine Klassenkameradin gesagt haben, sie glaube, dass er diese Ausbildung wegen Depression und Burnout unterbrochen habe. Lufthansa-Chef Spohr hat ja gestern gesagt, er könne dazu nichts sagen und indirekt angedeutet, das falle unter die ärztliche Schweigepflicht."
    Wie sind die Reaktionen im Netz?
    Anke Petermann: "Dieser Segelflugverein hatte vorgestern eine Traueranzeige im Internet geschaltet (...). Da konnte der Verein noch nicht von diesen jüngsten Ermittlungserkenntnissen, die ja auch noch vorläufig sind, wissen. (...) Der Verein hat auf seiner Facebookseite und auf seiner Internetseite, die inzwischen auch abgeschaltet wurde, offensichtlich einen Shitstorm erlebt, und das zeigt auch, wie problematisch der Umgang ist. (...) Auch Andreas L. hatte eine Facebookseite, die gelöscht worden ist, inzwischen gibt es unter seinem Namen eine neue, da ist er auf einem nicht verpixelten Foto zu sehen und auch dort gibt es Ansätze zum Shitstorm, also Leute, die ihn als Monster und als Teufel bezeichnen, der zur Hölle geschickt werden müsse – so ein spanischsprachiger Eintrag – also das heißt, da ist so eine Art internationaler Hetze möglicherweise im Gange."
    Das gesamte Gespräch mit Anke Petermann:
    "Ein Misstrauensantrag an die Piloten"
    In Maschinen deutscher Fluggesellschaften soll sich künftig kein Pilot mehr allein im Cockpit aufhalten. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft kündigte an, bereits heute mit dem Luftfahrt-Bundesamt über die Einführung der Zwei-Personen-Regel zu sprechen. Die Fluggesellschaften ziehen damit Konsequenzen aus dem Absturz. Wir sprachen darüber mit Michael Watzke, unser Korrespondent in München. Er ist Luftfahrtexperte und hat selbst einen Pilotenschein.
    Wie diskutiert man in Pilotenkreisen die Zwei-Personen-Reglung im Cockpit, dass also ein Pilot, der den Platz am Steuer verlässt, durch einen anderen ersetzt wird?
    "Die Reaktionen unter Lufthansa-Piloten, mit denen ich gesprochen habe, sind gemischt. (...) Das Vertrauensverhältnis, das auf Flügen besteht zwischen diesen Crews – zwei Männer, zwei Frauen, Mann und Frau, die dort oben gemeinsam sitzen – die kennen sich oft gar nicht. Die sind nicht aufeinander eingespielt und müssen sich erst kennenlernen, (...) aber man muss sich aufeinander verlassen können. Und das ist jetzt gestört. Und deshalb ist dieses Zwei-Personen-Prinzip, bei dem dann eine dritte Person wie ein Flugbegleiter noch dazu kommt, wenn der eine auf Toilette geht, grundsätzlich eine gute Sache (...), aber trotzdem ist die Situation für die Piloten jetzt schwierig."
    Warum hat die Lufthansa oder Germanwings das nicht schon früher eingeführt?
    "Es stört ein wenig das Gefüge im Cockpit. Es ist ein Misstrauensantrag an die Piloten, den man bis jetzt nicht für nötig hielt. Abgesehen davon ist es, wenn man mal so ein Cockpit gesehen hat und weiß, wie das da oben läuft, nicht so ganz einfach. Natürlich muss dann auch immer ein Flugbegleiter oder eine Person aus der Crew bereit sein und das möglich machen, auch wenn der Pilot einfach mal schnell auf Toilette muss. Es ist kompliziert und immer wieder mit neuen Verfahren verbunden, die die Piloten nicht wollen, wenn es nicht unbedingt sein muss. In diesem Fall sieht man jetzt, glaub ich, die Notwendigkeit ein. Aber grundsätzlich kämpfen die Piloten gegen Dinge, die ihren Flugalltag noch komplizierter und weniger vertrauensvoll machen."
    Wie geht denn die Lufthansa mit Piloten um, die offensichtlich Probleme haben?
    "Das ist ein ganz heikles Verfahren, denn wie will man das überprüfen. (...) Wie geht man mit jemandem um, bei dem man den Verdacht hat, er könnte möglicherweise psychologisch belastet sein. (...) Wir müssen uns mal in die Lage eines Flottenchefs hineinversetzen, der solche Gerüchte vielleicht von anderen Kollegen gehört hat. Ist da vielleicht auch Denunziation im Spiel? Sind das vielleicht falsche Signale, die er bekommen hat? Wenn er etwas unternimmt, ist er möglicherweise sehr schnell in der Situation, dass ihn dieser Pilot verklagt."
    Das gesamte Gespräch mit Michael Watzke:
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