Flüchtlingspolitik

Der Ton in Österreich wird schärfer

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz
Sebastian Kurz, der österreichische Außenminister, will Flüchtlinge stoppen. Der Einladungspolitik erteilt er eine Abfuhr. © picture alliance / dpa / Daniel Naupold
Von Ralf Borchard · 19.01.2016
Österreichs Außenminister erklärt die Willkommenspolitik für gescheitert, die rechtspopulistische FPÖ bezeichnet die Regierung als "staatliche Schlepperorganisation". Einblicke in die gereizte Flüchtlingsdebatte in dem Alpenstaat.
Österreich versucht, auf EU-Ebene Druck zu machen. Außenminister Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP kündigte schärfere Grenzkontrollen an. An diesem Mittwoch erwarte er dazu bei einem nationalen Flüchtlingsgipfel in Wien konkrete Beschlüsse – am besten abgestimmt mit Deutschland und Slowenien, notfalls aber auch im Alleingang:
"Nachdem es keine europäische Lösung derzeit für diese Krise gibt, und gleichzeitig aber mittlerweile Gottseidank das Bewusstsein da ist, dass weder die Einladungspolitik noch die Willkommenspolitik die richtige Antwort auf die Flüchtlingskrise sind, braucht es jetzt eine andere Antwort. Und die andere Antwort kann nur sein, die Flüchtlinge zu stoppen."
FPÖ bezeichnet Bundeskanzler als "Staatsfeind"
Den Ton verschärft hat zudem die rechtspopulistische FPÖ, die größte Oppositionspartei in Österreich. Parteichef Heinz-Christian Strache griff den sozialdemokratischen Bundeskanzler Werner Faymann frontal an:
"Diese Regierung hat sich sogar als staatliche Schlepperorganisation in Wahrheit herausgestellt. Faymann ist in Wahrheit ein Staatsfeind, wie er sich verhält, ein Bürgerfeind und ein Österreichfeind."
Diese Wortwahl rief den Bundespräsidenten auf den Plan. Heinz Fischer ließ in einer schriftlichen Mitteilung wissen, den Kanzler als Staatsfeind zu bezeichnen, gehe zu weit, Strache solle umgehend die Stopptaste drücken. Doch in den jüngsten Umfragen liegt Straches FPÖ mit über 30 Prozent deutlich vor Sozialdemokraten und Volkspartei, die in einer großen Koalition regieren.
Das setzt SPÖ und ÖVP unter Druck. Bundeskanzler Faymann selbst versucht, im Tonfall moderat zu bleiben und sich nicht zu weit von Angela Merkels Position zu entfernen. Doch auch Faymann fordert, Flüchtlingszahlen deutlich zu reduzieren und lässt striktere Kontrollen an der Grenze zu Slowenien prüfen:
"Hier wird nochmals von den zuständigen Ministerien, aber auch das Bundeskanzleramt mit dem Verfassungsdienst sehr genau auflisten und festlegen, welche rechtlichen Spielräume wir zu einer besseren Kontrolle an der Grenze haben, an unserer Grenze."
Faymann steht auch in der eigenen Partei unter Druck. Bürgermeister grummeln, Ministerpräsidenten, die in Österreich Landeshauptleute heißen, werden immer deutlicher, etwa der Sozialdemokrat Peter Kaiser aus Kärnten:
"Kriegsflüchtlinge, denen sollen wir helfen, diese haben eine klare Priorität zu haben gegenüber Wirtschaftsflüchtlingen."
Keine einheitliche Linie der Regierung
Das heißt, Flüchtlinge etwa aus Marokko und Algerien müssten strikt abgewiesen werden. Und Kaiser deutete an, dass er unter Kriegsflüchtlingen nur Flüchtlinge aus Syrien, nicht unbedingt aus dem Irak oder Afghanistan versteht:
"Menschen, die um ihr Leben bangen, vor dem Krieg flüchten, das sind vornehmlich Leute aus dem Bereich Syriens."
Noch ist das nur die Stimme eines Landeshauptmanns, noch hat auch die österreichische Bundesregierung keine einheitliche Linie, doch klar ist: striktere Grenzkontrollen zu Slowenien rücken näher. - Mit einem Dominoeffekt entlang der Balkanroute bis nach Griechenland, wo sich dann immer mehr Flüchtlinge stauen, wie Außenminister Kurz vermutet:
"Und dann wahrscheinlich auch mittelfristig in Griechenland die Bereitschaft wesentlich größer wäre, sich hier helfen zu lassen."
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