Flüchtlinge in Deutschland

Doch nicht überrollt - Wieviele Asylberechtigte seit 2015?

Polizisten begleiten abgelehnte Asylbewerber auf dem Flughafen Leipzig-Halle im sächsischen Schkeuditz.
Wie viele Flüchtlinge kommen - und wie viele bleiben auch in Deutschland? © dpa-Bildfunk / Sebastian Willnow
Von Jenny Genzmer und Andre Zantow · 30.05.2016
CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch warnte vor 6,5 Milliarden Menschen, SPD-Chef Sigmar Gabriel spricht von einer Million Flüchtlingen, die Deutschland nicht jedes Jahr integrieren könne. Müssen wir auch nicht. Es sind weit weniger.
"Wir können nicht die ganze Welt retten", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer im Sommer 2015 mit dem Hinweis, dass "60 Millionen Menschen an den Grenzen stehen". Auch andere Politiker aus Union und SPD sprachen von Millionen Flüchtlingen jedes Jahr, die Deutschland nicht integrieren könne. Aussagen, die wenig mit den tatsächlichen Zahlen zu tun haben: Von Januar 2015 bis April 2016 haben etwa 720.000 Menschen einen Asylantrag (Erst- und Folgeantrag) in Deutschland gestellt. Die häufigsten Herkunftsländer waren in diesem Jahr Syrien (116.000 Erstanträge), Irak (36.000 Erstanträge) und Afghanistan (30.000 Erstanträge).
Davon haben 260.000 Menschen einen positiven Asylbescheid erhalten und dürfen befristet in Deutschland bleiben.
Bei 141.000 Menschen wurde der Asylantrag abgelehnt. Sie müssen Deutschland wieder verlassen. Die restlichen gestellten Asylanträgen konnte das BAMF noch nicht abschließend bearbeiten oder ist aufgrund der Dublin-Regelungen nicht zuständig.
Was passiert mit den Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde? Das Förderprogramm REAG / GARP ist eines der Mittel, mit dem die Bundesregierung Asylbewerber dazu bewegen will, eigenständig in ihr Herkunftsland oder einen aufnahmebereiten Staat zu reisen. Dazu übernehmen der Bund und die Länder die Beförderungskosten und gewähren eine kleine Starthilfe für einen Neuanfang. Wer diese Hilfen nicht in Anspruch nimmt, wird gegen seinen Willen abgeschoben. Das betraf in den Jahren 2015 bis April 2016 bisher 31.000 Menschen. "Freiwillig" ausgereist sind mit 65.000 Menschen weit mehr - insgesamt mussten also rund 100.000 Menschen nach dem negativen Asylbescheid zwischen Januar 2015 und April 2016 das Land verlassen. Dabei ist die Praxis des Abschiebens in den Bundesländern sehr unterschiedlich.
Der Aufenthaltsraum für rückzuführende Frauen und Männer (l) und das angrenzende Arbeitszimmer der Bundespolizei (r) , aufgenommen am 07.12.2015 bei der Bundespolizei auf dem Flughafen in Frankfurt am Main
Abschiebung am Flughafen Frankfurt am Main© picture alliance / dpa / Andreas Arnold
Welche Schicksale dahinter stecken, schildert Anke Petermann vom größten Abschiebeflughafen Deutschlands Frankfurt am Main:
Die Aufteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer erfolgt auf der Basis des Königsteiner Schlüssels – also je nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl. Das BAMF entscheidet darüber, ob die Menschen bleiben dürfen oder gehen müssen. Die Bundesländer setzen die Entscheidungen dann um und organisieren die Abschiebungen bzw. weisen auf die "freiwillige" Ausreise hin. Dabei gibt es eine Spezialisierung der Bundesländer auf bestimmte Herkunftsregionen. Das erklärt unter anderem, weshalb in manchen Regionen mehr abgeschoben wird, als in anderen.
Wie viele Menschen aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten letztlich die Berechtigung erhalten haben, befristet in Deutschland zu bleiben, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Ende des Jahres sagen können, wenn alle Asylanträge weitestgehend gestellt und abgearbeitet worden sind. Noch gibt es trotz der Verdreifachung des Personals im BAMF einen Berg von rund 400.000 unbearbeiteten Anträgen. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer konnte allerdings auf drei Monate gesenkt werden.
Frank-Jürgen Weise, Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Vorsitzender des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit, spricht am 16.03.2016 beim Zukunftskongress Migration und Integration 2016 des Bundespresseamts in Berlin.
Frank-Jürgen Weise, Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) © picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka
BAMF-Chef Weise drückt bei der Bearbeitung aufs Tempo. Michael Watzke berichtet:
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