Flüchtlinge in der Slowakei

"Das ist inakzeptabel und beschämend"

Michal Hvorecký im Porträt
Der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecký schämt sich für die Politiker seines Landes. © Michal Hvorecký/privat
Michal Hvorecky im Gespräch mit Frank Meyer und Katja Schlesinger · 22.09.2015
Der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecky schämt sich für die Politiker seines Landes. Quer durch alle Parteien vermittelten sie in der Flüchtlingskrise ein verheerendes Bild von Fremdenfeindlichkeit, die er zutiefst ablehne. In Wirklichkeit habe die Slowakei pro Jahr nur ein gutes Dutzend Asylbewerber aufgenommen.
Mit Blick auf den slowakischen EU-Parlamentarier Richard Sulik, der sich ebenfalls im Deutschlandradio zur Flüchtlingspolitik äußerte, sagte Hvorecky: Man muss ganz offen sagen, dass Richard Sulik in seinem eigenen Land ein politisches Wrack ist, der nächstes Jahr vermutlich nicht mehr ins Parlament kommen wird." Zudem habe Sulik offenbar vergessen, dass er selbst in den frühen 80er-Jahren aus der damaligen Tschechoslowakei geflüchtet sei und in Westdeutschland freundliche Aufnahme gefunden habe - "leider verspürt er heute keine Solidarität oder Mitgefühl".
EU bedeutet nicht nur Vorteile, sondern auch Pflichten
Hvorecky betonte jedoch, es gebe nicht nur die eine Slowakei, sondern auch viele Landsleute, die sich solidarisch mit Flüchtlingen zeigten und eine von ihm mitinitiierte Unterschriftenaktion unterstützt hätten. Insgesamt seien die Slowaken Europa-Enthusiasten. Hvorecky räumte jedoch ein, inzwischen seien all die Vorteile, die der EU-Beitritt mit sich gebracht habe, selbstverständlich geworden: Man hat vergessen, dass Europäische Union nicht nur Vorteile bedeutet, sondern auch Verpflichtungen und Aufgaben, die man hat und sich teilen soll."
Mit Blick auf die kommenden Parlamentswahlen in der Slowakei im Frühjahr befürchtet Hvorecky: Sollte die Slowakei zur Aufnahme von deutlich mehr Flüchtlingen verpflichtet werden, würden Politiker dies gnadenlos mit nationalistischen Tönen im Wahlkampf ausschlachten und Stimmung gegen die Flüchtlinge machen.
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