Flexible Flugkamera

Von Thomas Gith · 23.01.2013
Service-Drone ist der Name einer fliegenden Kamera: Sie kann direkt über dem Boden schweben und hoch in die Luft steigen, um von dort Filmaufnahmen aus der Vogelperspektive zu machen. Die Drohne lässt sich aber auch einsetzen, um technische Anlagen zu warten.
Die fliegende Kamera sieht aus wie ein riesiges aber freundliches Insekt: Sie ist rund einen halben Meter hoch, hat zwei leicht gespreizte Beine aus Metall, die auf Kufen stehen. Zwischen den Beinen hängt eine handgroße Filmkamera – und über Beinen und Kamera befindet sich eine halbrunde Kugel: Ähnlich einem durchgeschnittenen Ball, der wie der Kopf des Insekts aussieht.

Von der Kugel gehen acht langgestreckte Arme ab, an deren Enden sich elektronisch angetriebene Propeller befinden.

"Die Motoren sitzen hier an den Enden der Ausleger und in der Mitte, unter der Haube, ist die Steuerelektronik","

sagt der Entwickler dieser speziellen Kameradrohne, Oliver Knittel.

""Das heißt, da ist ein kleiner Computer montiert, der die Lage mit Neigungssensoren und Beschleunigungssensoren der Drohne zehnmal in der Sekunde erfasst und über eine Reglertechnik, die darunter sitzt, an die Motoren eben weiter gibt."

Und dann schaltet Oliver Knittel die Drohne an und die Elektronik initialisiert die Flugsensoren. Die Motoren bewegen sich beim Test reibungslos. Über eine vor den Bauch gehängte Fernbedienung, groß ist wie ein Tablett, lässt sich die Drohne jetzt fernsteuern.

Mit einem kleinen Steuerstab auf der Fernbedienung kontrolliert man die Höhe, mit einem zweiten Steuerstab kann man die Drohne in der Luft nach links, rechts oder nach vorne bewegen. Kaum in der Luft, sendet die angehängte Kamera Bilder:

"Wenn man das Fernsehen einschaltet, fällt einem auf, dass immer mehr 'areal shots', also Bilder aus der Luft, auch bei Spielfilm oder bei Reportagen zu sehen sind. Und die meisten Bilder dieser Art sind heute mit Drohnen gemacht, gar nicht mal mit Helikopter, da ist man eben weit weg, sondern eben mit Kameradrohnen. Und ich möchte behaupten, dass dieses Stilmittel der fliegenden Kamera als Stilmittel im kreativen Bereich auch nicht mehr wegzudenken sein wird."

Oliver Knittel schaltet einen Fernseher an und startet eine DVD: Zu sehen ist eine spektakuläre Aufnahme aus rund 20 Metern Höhe. In schneller Fahrt geht es über einen See und zum Ufer, an dem eine kleine Hütte steht. Als Zuschauer blickt man dabei hinab auf die Hütte, danach schweift der Blick über die Baumwipfel des angrenzenden Waldes. Mit der Kameradrohne lassen sich solche Luftbilder mittlerweile relativ einfach produzieren, sagt Oliver Knittel:

"Also man hat früher mit, oder arbeitet immer noch mit Kran, mit Kamerakränen. Da muss man halt sehen, dass das im Gelände überhaupt zu stellen ist. Und man braucht auch eine lange Zeit das aufzubauen. Hier jetzt, bei den Bildern im Wald zum Beispiel, kommt man technisch gar nicht anders hin. Oder auch hier über Wasser. Das heißt, man hat solche Bilder also kaum, oder nur mit hohem technischen Aufwand teuer produzieren können."

Die Drohne lässt sich dabei in einem Bereich bis etwa 150 Meter Höhe einsetzen. Allerdings: Einfach so los fliegen ist nicht möglich. Das Fluggerät muss versichert sein – und die Landesluftfahrtbehörden müssen eine Aufstiegserlaubnis erteilen:

"Natürlich dürfen Sie nicht alles machen, das ist klar gesetzlich geregelt, was sie dürfen. Sie dürfen jetzt nicht dem Nachbarn einfach auf den Kaffeetisch oder durchs Fenster spionieren, was sie aber dürfen, und auch bis 100, 150 Meter Höhe, ist kreativ arbeiten. Also Filme produzieren oder aber eben technische Dienstleistungen erbringen. Wartung von technischen Anlagen, von Industrieanlagen und dergleichen."

Die gesetzlichen Vorschriften berücksichtigen dabei also auch explizit den Datenschutz. Einem möglichen Missbrauch soll so vorgebeugt werden.

Auf geht's zum Praxistest. Pilot Carsten Ehmann stellt eine Kameradrohne im Innenhof ab, schließt mehrere Akkus an:

"Das sind Lithium-Polymer-Akkus. Die haben halt eine sehr hohe Dichte in so fern haben sie auch sehr viel Leistung. Genau das, was wir eigentlich fürs Fliegen, um entsprechend lange in der Luft zu bleiben, brauchen."

Die Kombination aus leistungsfähigen Akkus, handlichen Digitalkameras mit hoher Bildauflösung und den Drohnen hat dazu geführt, dass solche fliegenden Kameras zunehmend zum Einsatz kommen. Kosten bei Service-Drone: Ab 5000 Euro. Angeboten werden solche Systeme mittlerweile auch von anderen Firmen. Kaufen kann sie jeder – fliegen darf man sie nur nach einer Schulung und mit behördlicher Lizenz.

Carsten Ehmann schaltet jetzt die GPS-Verbindung an seiner Fernsteuerung ein, sodass er die Drohne in der Luft orten kann:

"Maschine läuft. Los geht's!"

Und dann hebt die Kameradrohne vom Boden ab, fliegt nach oben, vorbei an mehrgeschossigen, alten Gewerbegebäuden, steigt weiter Richtung Himmel.

""Ja, momentan sind wir auf 91 Meter. Moment, ich park sie mal kurz in der Luft."

Die Drohne schwebt jetzt auf der Stelle. Über eine zweite Fernsteuerung kann man gleichzeitig die Kameraperspektive verändern, dabei weitläufig über die Dächer Berlins schwenken. Kameramann David Nonnenmacher übernimmt heute diesen Part:

"Ich habe zum ersten Mal so ein Gerät in der Hand. Und teste das, also drehe normalerweise am Boden und bin aber sehr fasziniert von diesen Systemen und den Möglichkeiten, die die einfach von der Bildgestaltung bieten."

Auf der Kamerafernsteuerung ist dabei ein kleines Display, auf dem die Luftbilder zu sehen sind. Der Kameramann kann so jederzeit die Bildperspektive neu einstellen, das Ergebnis kontrollieren. Bei den fliegenden Kameras ist Teamarbeit gefragt: Indem sich der Pilot ganz darauf konzentriert, die Drohne vom Boden aus zu steuern und der Kameramann darauf achten, möglichst gelungene Luftbilder aufzuzeichnen.

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