Flegeljahre eines Weltenretters

Gast: Jonathan Nott, Moderation: Gerald Felber · 17.11.2013
Eine Schmiede im nächtlichen Tann, der zwitschernde Gesang eines Waldvogels, zwischendrin auch mal ein grimmiger Drache: kein Teil der Wagnerschen "Ring"-Tetralogie bedient die romantische Märchen-Bilderwelt so wie "Siegfried", der dritte Abend der Folge. Doch die Oberfläche täuscht, und hinter der Idylle lauern schon Unheil und Weltuntergang, die sich dann in der abschließenden "Götterdämmerung" vollziehen.
Der Weg zu dieser zwiespältigen Welt führte selbst über eine zwiegespaltene Biographie: denn jener Richard Wagner, der 1869 den "Siegfried" beendete, war weltanschaulich und kompositorisch ein völlig anderer als jener, der 1852 das Libretto dazu geschrieben hatte. Zwölf Jahre hatte die Komposition in der Schublade gelegen – ein Ringen, das Spuren hinterließ und dazu beitragen mag, dass gerade dieser Teil sich trotz seiner Märchen-Bilderwelt spontan schwerer erschließt als etwa "Walküre" oder "Götterdämmerung".

Eben das war es jedoch, was den Dirigenten Jonathan Nott reizte, genau ihn zum Gegenstand dieser "Interpretationen" zu machen. Im Gespräch mit Gerald Felber eröffnet er, weitab vom üblichen Opernführer-Latein, interessante Zugänge zu dem Riesenwerk, teilweise kommentiert durch seine eigene konzertante Aufführung mit den Bamberger Symphonikern vor zweieinhalb Monaten im Rahmen des Luzern-Festivals; und wer es lieber historisch mag, kommt – von Furtwängler bis Karajan und Janowski – ebenfalls auf seine Kosten.