Finanzpolitik der EZB

Geld verschenken, um Wirtschaft anzukurbeln

Symbolbild für Korruption
Symbolbild: Geldgeschenk © picture alliance / dpa / Foto: Jens Kalaene
Von Michael Braun, Studio Frankfurt · 10.03.2016
Um die Inflationsrate nach oben zu treiben, setzt die EZB auf bekannte Maßnahmen wie Zinsabsenkung. Ökonomen bringen jetzt das Helikoptergeld ins Spiel: Alle Bürger sollen Geld geschenkt bekommen, um fleißig zu konsumieren und so die Wirtschaft anzukurbeln.
"Hauptkommissariat Berlin. Falschgeldabteilung. Es ist mir eine Ehre, den besten Fälscher der Welt verhaften zu dürfen."
Es war vorbei mit dem Schäferstündchen, als die Kriminalpolizei bei Salomon Sorowitsch einbrach, ihn festnahm und ihn später ins KZ überstellte. Im KZ Sachsenhausen konnte das Regime seine Fähigkeiten als Geldfälscher gut gebrauchen. Gut 140 weitere, meist jüdische Drucker, Grafiker und Papierspezialisten wurden dort zusammengezogen, das "Unternehmen Bernhard" umzusetzen.
Das Ziel: gefälschte britische Banknoten drucken, die über den Straßen Großbritanniens verstreut werden sollten, um dann in aller Ruhe abzuwarten, bis die britische Wirtschaft kollabierte. Im Oscar-gekrönten Film "Die Fälscher" wurde die Geschichte 2007 verfilmt.
Geld als Waffe so einzusetzen, das ist nicht Mario Draghis Plan. Er will Volkswirtschaften nicht zerstören, sondern die Eurozone geldpolitisch auf dem Weg nach oben begleiten. Der Zentralbankrat der EZB habe dazu die Macht, den Willen und die Pflicht zu handeln.
"The Governing Council reiterates that it has the power, the willingness and the determination to act."
Heute sitzen sie zusammen im Zentralbankrat, um Konkretes zu beschließen. Wahrscheinlich bleibt es dabei, die Einlagenzinsen für Banken noch weiter in den negativen Bereich zu senken oder das Kaufprogramm für Staatsanleihen über die schon beschlossenen knapp 1,5 Billionen Euro hinaus zu erhöhen.
Die Idee dahinter: Geld billig machen, die Banken zwingen, es an Unternehmen und Verbraucher als Kredit zu vergeben, damit die kaufen, investieren. Und so die Preise wegbringen von der Gefahr, in eine Abwärtsspirale namens Deflation zu gleiten.

Geld als Waffe gegen die Deflation

Bislang ist das der EZB nicht recht gelungen. Die fallenden Ölpreise machten ihre Bemühungen immer wieder zunichte. Deshalb haben Ökonomen zumindest theoretisch ein Konzept von 1969 ausgegraben: das "Helikoptergeld" , also die von Milton Friedman entwickelte Idee, Geld quasi vom Hubschrauber aus über Land und Leute zu verteilen, damit die Menschen endlich Geld in die Hand bekommen, um zu kaufen und so die Preise zu treiben. Es geht also um Geld als Waffe gegen die Deflation.
"Die Methode ist sehr umstritten", sagt Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege der Vermögensverwaltung Blackrock. Denn erstens fehlten die Erfahrungen. Und zweitens wäre es wohl verboten, wenn die EZB Geld druckte, um es den Euro-Staaten zur Verfügung zu stellen, damit die Schecks an ihre Bürger austeilen oder jedem eine Steuersenkung bieten.
"Tatsache ist, dass wir, wenn wir uns über Helikoptergeld unterhalten, im Prinzip über so was sprechen wie monetäre Staatsfinanzierung. Und Fakt ist, dass nach den EU-Verträgen monetäre Staatsfinanzierung verboten ist."
Diese Passagen in den EU-Verträgen gehen stark auf deutsche Einwirkungen zurück, auch auf die der Bundesbank. Der ging eine lockere Geldpolitik schon immer gegen den Strich.

Deutsche Angst vor Inflation

Die Angst vor zu viel Geld hatte sie schon gleich zu Beginn ihrer Geschichte veranlasst, nicht nur die D-Mark bereitzustellen, sondern in nahezu gleichem Umfang auch Ersatzgeld, eine ganze Serie von Geldscheinen mit gut unterscheidbarem Design. Warum diese Vorsicht?
"Für alle Fälle."
Das war die sybillinische Begründung des ersten Bundesbankdirektoriums, weiß Reinhold Walburg, der Leiter des Geldmuseums der Bundesbank:
"Darunter kann man sich jetzt politisch motivierte Angriffe auf die Währung vorstellen oder kriminell motivierte. Auf jeden Fall sollte die neue deutsche Währung, die neue deutsche Westwährung, geschützt werden vor Destabilisierung, vor Angriffen – von wo auch immer."
Das sitzt tief in den Genen der Bundesbank und reicht vom "Unternehmen Bernhard" der Nazis über das Trauma zweier Inflationen im 20. Jahrhundert bis zum Vorbehalt gegen expansive Geldpolitik von heute.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann wird seine Gegenargumente heute anmelden. Er darf aber nur reden im Rat. Von der Abstimmung ist er turnusgemäß ausgeschlossen.
Mehr zum Thema