Finanzkrise

Euro wird knapp in Griechenland

Ein griechischer Kunde am Geldautomat
Die Griechen heben zurzeit so viel Geld wie noch nie ab. © dpa / picture alliance / Michael Kappeler
Von Michael Braun · 16.02.2015
Ende des Monats könnte das Hilfsprogramm für Griechenland auslaufen. Dann wäre das Land auf sich gestellt. Drohende Szenarien: Keine Euros mehr an den Geldautomaten, Tage mit geschlossenen Banken, Einführung einer neuen Währung.
Der Kapitalmarkt scheint gelassen. Lang laufende griechische Staatsanleihen standen Ende Januar schon mal bei gut elf Prozent Rendite. Heute sind es nur 9,3 Prozent. Das Risiko scheint abzunehmen. Offenbar rechnet man damit, dass die Finanzminister heute einen Kompromiss finden.
Das sind die Ausgangspositionen: Die Geldgeber wollen keinen neuen Schuldenschnitt, die Reformauflagen für Griechenland erhalten und deren Kontrolle durch die Troika auch. Die Athener Regierung will dagegen die Schulden kappen und vor allem vom laufenden Staatshaushalt mehr in die Sozialpolitik als in den Schuldendienst leiten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht kaum eine Chance für einen Kompromiss. Er sagte heute im Deutschlandfunk:
"Es geht ja nicht darum, einen Kompromiss um des Kompromisses willen zu finden, sondern es geht darum, auf einem Weg zu bleiben, der Griechenland ermöglicht, irgendwann so zu wirtschaften, dass es ohne die Hilfe anderer auskommt."
Die Märkte rechnen gleichwohl mit einer Einigung. Christian Lenk, Kapitalmarktexperte der genossenschaftlichen DZ Bank:
"Letzte Spekulationen oder Stimmen, die wir aus dem Kreis der Verhandlungsteilnehmer gehört haben, war ja, dass möglicherweise eine Anschlussfinanzierung für Griechenland im Rahmen eines – in Anführungszeichen – neuen Programms gefunden werden könnte, eine Art Überbrückungskredit, in dessen Rahmen dann ein längerfristiges neues Programm für Griechenland gefunden werden kann."
Schon seit einer Woche kein Geld mehr auf bisherigem Weg
Und wenn nicht? Dann läuft am 28. Februar das aktuelle Hilfsprogramm aus.
"Dann wäre Griechenland auf sich gestellt."
Das ist es zum Teil jetzt schon. Denn die Europäische Zentralbank gibt den griechischen Banken seit voriger Woche kein Geld mehr auf dem bisherigen Weg. Der hieß: Geld gegen Anleihen. Die EZB gab den Banken dabei frische Euro. Die Banken hinterlegten als Sicherheit griechische Staatsanleihen. Doch als die neue Regierung die Kooperation mit der Troika aufkündigte, beschloss die EZB, griechische Staatsanleihen als Sicherheit für die Geldversorgung der Banken nicht mehr zu akzeptieren. Jetzt sind Griechenlands Banken auf teure Notfallkredite angewiesen.
Die gibt nicht die EZB her, sondern die griechische Notenbank. Nur deshalb spucken die Geldautomaten in Griechenland noch Euro aus. Nur deshalb können griechische Banken auslaufende Kredite an Unternehmen und Immobilienbesitzer verlängern. Aber die EZB prüft alle zwei Wochen, ob die griechische Notenbank weitere Euro auf eigene Rechnung ausgeben darf. Sie könnte das mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat untersagen und müsste das wohl auch, wenn die Regierung in Athen keine Spielregel im Eurosystem einhalten will. Christian Lenk zu den Folgen:
"Würde die EZB sozusagen diesen Kredithahn für die griechischen Banken zudrehen, wäre doch relativ schnell mit einem Versiegen der Geldmittel in Griechenland in den kommenden Monaten zu rechnen, sodass Griechenland dann eventuell sogar schon einen Zahlungsausfall anmelden müsste."
An Geldautomaten könnten keine Euro mehr gezogen werden. Es gäbe wohl sogenannte Bankfeiertage, Tage also mit geschlossenen Banken, um die Menschen daran zu hindern, ihre Konten leerzuräumen und Bargeld zu horten. Zugleich müsste eine neue Währung eingeführt werden, eine neue Drachme. Das könnte zumindest anfangs nur eine ungeliebte, schwache Währung sein. Aus Angst davor, ziehen jetzt schon viele Griechen ihr Geld bei den Banken ab. Allein seit November sollen es 20 Milliarden Euro gewesen sein. Und die griechische Wirtschaft wird aus dem Ausland schon seit Jahren nur gegen Vorkasse beliefert. Zu groß ist die Furcht, gute Ware mit schlechtem Geld bezahlt zu bekommen.
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