Filmzensur im Iran

Von Vanja Budde · 17.02.2011
Der Iran ist bei der traditionell politisch geprägten Berlinale in diesem Jahr gut vertreten. Besonders beachtet wird aber ein Abwesender: Der iranische Filmemacher Jafar Panahi sollte Mitglied der Wettbewerbsjury sein. Das totalitäre Regime in Teheran hat ihn zu Haft und Berufsverbot verurteilt. Die Berlinale reagiert mit Solidarität, symbolischen Aufführungen seiner Filme und mit einer prominent besetzten Podiumsdiskussion über Zensur im Iran.
Vor einem Theater nahe des Potsdamer Platzes demonstriert eine Gruppe Exil-Iraner gegen die Repressionen des Regimes. Über Ägypten werde groß berichtet, beschwert sich ein Sprecher, über den Iran seit den Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen 2009 nicht mehr. Dabei gingen die Menschen dort nach wie vor auf die Straße, würden verhaftet, brutal geschlagen und ermordet. So erst wieder vor ein paar Tagen, als die Grüne Oppositionsbewegung mit Demonstrationen in Teheran die Revolution in Ägypten feiern wollte.

"Und nach diese Welle sind auch viele verhaftet worden, drei Personen sind auch gestorben."

Drinnen im Theater bittet der Talent Campus der Berlinale den Film-Nachwuchs zur Diskussion über Zensur im Iran. Der Saal ist voll: 200 meist junge Leute werden es sein. Auf dem Podium: die Filmemacher Sepideh Farsi, Rafi Pitts, Ali Samadi Ahadi, und die Publizistin und Menschenrechtsaktivistin Mehrangiz Kar.

Es gebe keine Meinungsfreiheit im iranischen Kino, sagt Mehrangiz Kar, weil islamistische Kräfte um Präsident Ahmadinedschad willkürlich die Regeln fest legten. Filmemacher könnten nur raten, welche Inhalte eines Drehbuches genehm sind und welche nicht, bestätigt die junge Regisseurin Sepideh Farsi, kurzhaarig und ganz in Schwarz.

Farsi spricht von einer Krise des iranischen Kinos, sie hat eine brisante Dokumentation über den Alltag in Teheran mit dem Handy gedreht, weil sie keine Lust hatte, Genehmigungen einzuholen. Ein Ausschnitt ihres schnellen, rauen Films wird eingespielt: Junge Iraner, die nur eins wollen, eine leere Wohnung, um Party zu machen.

Ali Samadi Ahadi hat für seinen bewegenden Dokumentarfilm "Die Grüne Welle" über die manipulierten Präsidentschaftswahlen 2009 auch Handy-Bilder genutzt und Material von Bloggern im Iran.

Die Zensur sei absurd, weil Millionen Satellitenantennen im Iran sowieso jedes Programm empfangen und extrem viele Filme unzensiert aus dem Internet raubkopiert werden, sagt Ahadi. Auch die Zensoren selbst führten ein Doppelleben.

Doch selbst wenn das Regime vom Internetzeitalter unterwandert ist: Es scheint das Land bislang fest im Griff zu haben. Die Film-Zensur wurde vor dem Sommer 2009 langsam aber sicher gelockert, erzählt Rafi Pitts. Seit den Unruhen sei sie aber strikter denn je. Pitts ist ein enger Freund Jafar Panahis. Ohne Beispiel sei das Urteil in Teheran, weil Panahi und Rasoulof verurteilt wurden, allein für das Vorhaben, einen Film zu machen, echauffiert sich Pitts.

Rafi Pitts war im vergangenen Jahr mit seinem sozialkritischen Film "Zeit des Zorns" im Wettbewerb der Berlinale vertreten. Monate hatte es ihn damals gekostet, die Zensurbehörden von seinem Drehbuch zu überzeugen, das sich als Parabel auf die Lage im Iran lesen ließ. Er hat den Iran verlassen, lebt abwechselnd in London und Paris. Warum er nicht dort Filme mache, unbehelligt von Zensoren, wird er aus dem Publikum gefragt.

Das würde bedeuten, dass er aufgeben habe, sagt Pitts. Hat er aber nicht, auch nicht die Hoffnung, dass sein Freund und Kollege Jafar Panahi wieder Filme machen wird.

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