Filmkritik zu "Selma"

Idealbesetzung für Martin Luther King

Der britische Schauspieler David Oyelowo, die US-Regisseurin Ava DuVernay und der US Schauspiler Colman Domingo auf der Berlinale bei der Aufführung von "Selma"; Foto vom 10. Februar 2015
Der britische Schauspieler David Oyelowo, die US-Regisseurin Ava DuVernay und der US Schauspiler Colman Domingo auf der Berlinale bei der Aufführung von "Selma"; Foto vom 10. Februar 2015 © AFP / Tobias Schwarz
Von Jörg Taszman · 19.02.2015
Die Kraft des Films "Selma" der afroamerikanischen Regisseurin Ava Du Vernay - des ersten Hollywood-Films über Martin Luther King - liegt in der gut rekonstruierten Stimmung, die in den 1960er-Jahren im amerikanischen Süden herrschte. Der Brite David Oyelowo porträtiert King nicht nur als Helden.
Man mag es kaum glauben, aber es hat fast 50 Jahre gedauert, bis aus Hollywood endlich der erste Kinofilm über Martin Luther King auf die Leinwände kommt. Regisseurin Ava Du Vernay, die bisher mit Werken aus dem Independent-Cinema auf sich aufmerksam machte, war dann auch nicht die erste Wahl für diese 20-Millionen-Dollar-Produktion - eine Summe, die in Hollywood als Low-Budget einzustufen ist.
Nachdem unter anderen die Herren Michael Mann und Spike Lee für so wenige Dollars nicht bereit waren, einen historischen Spielfilm zu drehen, bekam die afroamerikanische Regisseurin ihre Chance und schrieb das Drehbuch um. Anstelle eines "Duells" zwischen Präsident Johnson und dem Friedensnobelpreisträger Dr. King konzentriert sich Ava DuVernay auf Selma, die Kleinstadt im rassistischen Alabama, in der Martin Luther King 1965 versuchte, das freie Wahlrecht für Schwarze ohne Diskriminierungen durchzusetzen. Legendär wurde dabei der lange Marsch auf die Hauptstadt Montgomery in Alabama, der zunächst brutal von der Polizei niedergeknüppelt wurde, das ganze Land jedoch in den Nachrichtensendungen des Fernsehens schockierte. So kam es zur ersten Verbrüderung von Weißen und Schwarzen und Präsident Johnson sah sich gezwungen, den "Voting Rights Act" zu unterzeichnen.
Aufwühlend und bedrückend
Mit dem Briten David Oyelowo in der Hauptrolle fand die Regisseurin eine Idealbesetzung. Er portraitiert King nicht nur als einen Helden und Pazifisten und "Selma" ist kein übliches "Biopic". Man sieht Martin Luther King auch als Vater und Ehemann, der viel zu wenig zu Hause ist und man erlebt einen Politiker mit Zweifeln und Ängsten.
Die Kraft in "Selma" liegt in der gut rekonstruierten Stimmung, die im amerikanischen Süden herrschte. Es ist immer wieder aufwühlend und bedrückend, wie tief verwurzelt der Rassenhass bei Politikern, Polizisten und auch bei ganz einfachen, weißen Bürgern war - und das zu einer Zeit, als unter anderen Hippies, Intellektuelle, Künstler und politisch aktive Studenten eine ganz andere Gesellschaft anstrebten und begannen, gegen den Vietnam Krieg zu protestieren.
Und so ist "Selma" ein packender, ein mitreißender Film, der im Licht der jüngsten Polizeimorde an Afroamerikanern wenig an Aktualität eingebüßt hat.
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